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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Wcltschmerztheoretikern benutzt werden, ihre Doctrin weiter auszubilden, daß
Zügellosigkeit und Genialität immer zusammenfallen. -- Seine Gedichte machen
einen seltsamen, im Ganzen häßlichen, unheimlichen Eindruck; aber sie sind
nicht ohne plastisches Talent und zeigen einen sehr entwickelten Sinn für
Melodie, wenn sich auch dieser zuweilen, wie in dem langen Gedicht: die
Glocken, in leere Lautspielereien verliert. Den meisten Ruf unter seinen Ge¬
dichten hat die Ballade: der Rabe. Sie wird in sämmtlichen Anthologien ab¬
gedruckt, und die neuromantische Schule Amerikas feiert in ihr die höchste
Blüte der Dichtkunst und eine neue Phase der Entwicklung. Wir finden in
ihr wol eine Virtuosität'des Reims, der wir aus der englischen Poesie nichts
Aehnliches an die Seite stellen können, daneben aber eine ganz unerhörte
Sinn- und Geschmacklosigkeit. Der Dichter sitzt im Zimmer in allerlei Ge¬
danken, ein Rabe kommt herein und krächzt den fortwährenden Refrain:
Nimmermehr! Der Dichter zerbricht sich den Kopf, was das zu bedeuten habe,
aber ohne es zu errathen, und so erfahren wir es ebensowenig. Diese Faselei
hat sechzehn Strophen, von denen wir als Probe die erste mittheilen.


proc upnn " mutui^in, clroar^, wliile I ponlleroll, oval "n6 "?e"r^,
Ovki' man^ a qiuiinl, auel ein'ion" ovinus c"f lorgolLon lors --
VVIiiliz l noctclocl, mehrt^ ngppinA, suctttonl;' llioro came i> t"sininF,
^Vs os some one Ahnt,!^ roppinA, rüppinge al^ cbambor door ---
-.'ub homo visilor/^ I mnttoreci, "tiinniiig "t eknmder cioor --
Ort^ U^is arti no^binx; mors."

Als Gegensatz gegen dies sinnlose Reimgeklapper heben wir ein zweites
Gedicht hervor: Ins concjueror vorm, welches trotz seines wüsten Inhalts
und seiner abscheulichen fratzenhaften Tendenz doch eine gewisse poetische Kraft
nicht verleugnet, denn seine gräßlichen Phantasiebilder entspringen aus der
Angst des Herzens.


I^c"! 'I,i8 .1 Aulii rigide
Willi!" tuo lonosamo I"t>or ^v-n'"!
unA<!l lui-onx, lxzwinßvll, boiliglil.
I" veils, "ni> "Irownucl in leurs,
8it^ in !> UisiUriz, w hev
^ ulu^ ot nopo-z unä to"rs,
WKitv et,o ^ orvkvslrs - Kreal-Ke" snsullx
't'Ko mu!?lo ot' tuo "nliorvs.
Nimks, in tuo im-in ol" Va"et on Ili^Il,
UuUsr arti mumblN low,
^>la bitlior "mal Ul!U^>!r it^f --
Ali'ö mummei," >.In^, ^vllo Lome an^l

18 *

Wcltschmerztheoretikern benutzt werden, ihre Doctrin weiter auszubilden, daß
Zügellosigkeit und Genialität immer zusammenfallen. — Seine Gedichte machen
einen seltsamen, im Ganzen häßlichen, unheimlichen Eindruck; aber sie sind
nicht ohne plastisches Talent und zeigen einen sehr entwickelten Sinn für
Melodie, wenn sich auch dieser zuweilen, wie in dem langen Gedicht: die
Glocken, in leere Lautspielereien verliert. Den meisten Ruf unter seinen Ge¬
dichten hat die Ballade: der Rabe. Sie wird in sämmtlichen Anthologien ab¬
gedruckt, und die neuromantische Schule Amerikas feiert in ihr die höchste
Blüte der Dichtkunst und eine neue Phase der Entwicklung. Wir finden in
ihr wol eine Virtuosität'des Reims, der wir aus der englischen Poesie nichts
Aehnliches an die Seite stellen können, daneben aber eine ganz unerhörte
Sinn- und Geschmacklosigkeit. Der Dichter sitzt im Zimmer in allerlei Ge¬
danken, ein Rabe kommt herein und krächzt den fortwährenden Refrain:
Nimmermehr! Der Dichter zerbricht sich den Kopf, was das zu bedeuten habe,
aber ohne es zu errathen, und so erfahren wir es ebensowenig. Diese Faselei
hat sechzehn Strophen, von denen wir als Probe die erste mittheilen.


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Als Gegensatz gegen dies sinnlose Reimgeklapper heben wir ein zweites
Gedicht hervor: Ins concjueror vorm, welches trotz seines wüsten Inhalts
und seiner abscheulichen fratzenhaften Tendenz doch eine gewisse poetische Kraft
nicht verleugnet, denn seine gräßlichen Phantasiebilder entspringen aus der
Angst des Herzens.


I^c»! 'I,i8 .1 Aulii rigide
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[0147] Wcltschmerztheoretikern benutzt werden, ihre Doctrin weiter auszubilden, daß Zügellosigkeit und Genialität immer zusammenfallen. — Seine Gedichte machen einen seltsamen, im Ganzen häßlichen, unheimlichen Eindruck; aber sie sind nicht ohne plastisches Talent und zeigen einen sehr entwickelten Sinn für Melodie, wenn sich auch dieser zuweilen, wie in dem langen Gedicht: die Glocken, in leere Lautspielereien verliert. Den meisten Ruf unter seinen Ge¬ dichten hat die Ballade: der Rabe. Sie wird in sämmtlichen Anthologien ab¬ gedruckt, und die neuromantische Schule Amerikas feiert in ihr die höchste Blüte der Dichtkunst und eine neue Phase der Entwicklung. Wir finden in ihr wol eine Virtuosität'des Reims, der wir aus der englischen Poesie nichts Aehnliches an die Seite stellen können, daneben aber eine ganz unerhörte Sinn- und Geschmacklosigkeit. Der Dichter sitzt im Zimmer in allerlei Ge¬ danken, ein Rabe kommt herein und krächzt den fortwährenden Refrain: Nimmermehr! Der Dichter zerbricht sich den Kopf, was das zu bedeuten habe, aber ohne es zu errathen, und so erfahren wir es ebensowenig. Diese Faselei hat sechzehn Strophen, von denen wir als Probe die erste mittheilen. proc upnn » mutui^in, clroar^, wliile I ponlleroll, oval »n6 «?e«r^, Ovki' man^ a qiuiinl, auel ein'ion» ovinus c»f lorgolLon lors — VVIiiliz l noctclocl, mehrt^ ngppinA, suctttonl;' llioro came i> t»sininF, ^Vs os some one Ahnt,!^ roppinA, rüppinge al^ cbambor door -— -.'ub homo visilor/^ I mnttoreci, „tiinniiig »t eknmder cioor — Ort^ U^is arti no^binx; mors." Als Gegensatz gegen dies sinnlose Reimgeklapper heben wir ein zweites Gedicht hervor: Ins concjueror vorm, welches trotz seines wüsten Inhalts und seiner abscheulichen fratzenhaften Tendenz doch eine gewisse poetische Kraft nicht verleugnet, denn seine gräßlichen Phantasiebilder entspringen aus der Angst des Herzens. I^c»! 'I,i8 .1 Aulii rigide Willi!» tuo lonosamo I»t>or ^v-n'»! unA<!l lui-onx, lxzwinßvll, boiliglil. I» veils, »ni> «Irownucl in leurs, 8it^ in !> UisiUriz, w hev ^ ulu^ ot nopo-z unä to»rs, WKitv et,o ^ orvkvslrs - Kreal-Ke» snsullx 't'Ko mu!?lo ot' tuo «nliorvs. Nimks, in tuo im-in ol" Va»et on Ili^Il, UuUsr arti mumblN low, ^>la bitlior »mal Ul!U^>!r it^f — Ali'ö mummei,« >.In^, ^vllo Lome an^l 18 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/147>, abgerufen am 15.06.2024.