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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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langte durch ihren Vertreter Zulassung zum Congreß. Dieser jedoch konnte zu
keinem Entschluß kommen. Alles was er thun konnte war die Niedcrsetzung
einer Untersuchungscommission, welche im April dieses Jahres ihre Sitzungen
'in der Stadt Lawrence in Kansas begann. Die vor dieser Commission vor¬
gebrachten Beweise lassen keinen .Zweifel mehr zu, daß bei der Wahl vom
März die Eindringlinge von Missouri und nicht das wirkliche Volk von
Kansas gewählt haben. Sie zeigen unwidersprechlich, daß ein großer Theil
der Scheinlegislatur, welche jener bewaffnete Pöbel gewählt, und welche der
Präsident als "regelmäßig constituirte Behörde" anerkannt, nie im Territorium,
sondern stets in Missouri gewohnt hat.

Da die Sklavenhalter Missouris, welche ein scharfes Augenmerk auf die
Fortschritte der Untersuchung hatten, vor den überraschenden Aufschlüssen, die
von den Zeugen gegeben worden waren, erschracken, so beschlossen sie, ihre
Macht zu benutzen, um den Fortgang der Verhöre zu hindern. Nachdem sie
sich gewiß geworden, daß die schwachmütige Centralregierung in ihren: Be¬
streben, die Partei der Sklavenhalter in der Union um jeden Preis bei guter
Laune zu erhalten, bereit sei, ihnen in jeder Hinsicht den Rücken zu decken, be¬
gann sie ein vollständiges Schreckensregiment in Kansas einzuführen. Mehre
Monate hindurch sandten sie ihre bewaffneten Banden aus Missouri nach
dem Territorium, und diese begingen unter dem Vorwande, die von der Schein¬
legislatur beschlossenen Gesetze zum Vollzug zu bringen, allerlei Unthaten an
den friedlichen Ansiedlern Vor einigen Wochen ersuchten sie den Gouverneur
Hevder, ein Mitglied der Commission zu verhaften, indem sie angaben, er habe
sich gegen die gesetzliche Autorität aufgelehnt, in Wahrheit aber, weil sie da¬
durch die weitere Untersuchung zu hemmen glaubten. Dann aber neckten und
schreckten sie die freien Ansiedler auf jede mögliche Weise, indem sie die Hoff¬
nung hegten, daß sie sich auf diese Weise aus dem Territorium vertreiben
lassen würden.

Da die Antislaverie-Party in Kansas indeß bei ihren Grundsätzen be-
harrte, so wurden von Seiten der Gegner gewaltsamere Maßregeln ergriffen,
und es ist ein förmlicher Bürgerkrieg ausgebrochen. Am 21. Mai rückten
zwölfhundert Bewaffnete mit mehren Geschützen über die Grenzen von Missouri
und lagerten sich in der N'abe von Lawrence, dem Hauptquartier der Abolitio-
nisten. Sie gaben als Zweck ihres Erscheinens die Absicht an, mehre Perso¬
nen zu verhaften, welche gegen die von der Legislatur gegebenen Gesetze ge¬
handelt hätten. Am folgenden Tage zog ein Theil derselben in die Stadt,
und obwol nicht der Mindeste Widerstand geleistet worden, wurden zunächst das
Frenstatehotel, das Haus des Gouverneurs und zwei Druckereien niederge¬
brannt. Dann wurden zwei von den Häuptern der Abolitionisten erschossen,
und als hierauf die gesammte Bevölkerung den Ort verließ, steckte jener be-


langte durch ihren Vertreter Zulassung zum Congreß. Dieser jedoch konnte zu
keinem Entschluß kommen. Alles was er thun konnte war die Niedcrsetzung
einer Untersuchungscommission, welche im April dieses Jahres ihre Sitzungen
'in der Stadt Lawrence in Kansas begann. Die vor dieser Commission vor¬
gebrachten Beweise lassen keinen .Zweifel mehr zu, daß bei der Wahl vom
März die Eindringlinge von Missouri und nicht das wirkliche Volk von
Kansas gewählt haben. Sie zeigen unwidersprechlich, daß ein großer Theil
der Scheinlegislatur, welche jener bewaffnete Pöbel gewählt, und welche der
Präsident als „regelmäßig constituirte Behörde" anerkannt, nie im Territorium,
sondern stets in Missouri gewohnt hat.

Da die Sklavenhalter Missouris, welche ein scharfes Augenmerk auf die
Fortschritte der Untersuchung hatten, vor den überraschenden Aufschlüssen, die
von den Zeugen gegeben worden waren, erschracken, so beschlossen sie, ihre
Macht zu benutzen, um den Fortgang der Verhöre zu hindern. Nachdem sie
sich gewiß geworden, daß die schwachmütige Centralregierung in ihren: Be¬
streben, die Partei der Sklavenhalter in der Union um jeden Preis bei guter
Laune zu erhalten, bereit sei, ihnen in jeder Hinsicht den Rücken zu decken, be¬
gann sie ein vollständiges Schreckensregiment in Kansas einzuführen. Mehre
Monate hindurch sandten sie ihre bewaffneten Banden aus Missouri nach
dem Territorium, und diese begingen unter dem Vorwande, die von der Schein¬
legislatur beschlossenen Gesetze zum Vollzug zu bringen, allerlei Unthaten an
den friedlichen Ansiedlern Vor einigen Wochen ersuchten sie den Gouverneur
Hevder, ein Mitglied der Commission zu verhaften, indem sie angaben, er habe
sich gegen die gesetzliche Autorität aufgelehnt, in Wahrheit aber, weil sie da¬
durch die weitere Untersuchung zu hemmen glaubten. Dann aber neckten und
schreckten sie die freien Ansiedler auf jede mögliche Weise, indem sie die Hoff¬
nung hegten, daß sie sich auf diese Weise aus dem Territorium vertreiben
lassen würden.

Da die Antislaverie-Party in Kansas indeß bei ihren Grundsätzen be-
harrte, so wurden von Seiten der Gegner gewaltsamere Maßregeln ergriffen,
und es ist ein förmlicher Bürgerkrieg ausgebrochen. Am 21. Mai rückten
zwölfhundert Bewaffnete mit mehren Geschützen über die Grenzen von Missouri
und lagerten sich in der N'abe von Lawrence, dem Hauptquartier der Abolitio-
nisten. Sie gaben als Zweck ihres Erscheinens die Absicht an, mehre Perso¬
nen zu verhaften, welche gegen die von der Legislatur gegebenen Gesetze ge¬
handelt hätten. Am folgenden Tage zog ein Theil derselben in die Stadt,
und obwol nicht der Mindeste Widerstand geleistet worden, wurden zunächst das
Frenstatehotel, das Haus des Gouverneurs und zwei Druckereien niederge¬
brannt. Dann wurden zwei von den Häuptern der Abolitionisten erschossen,
und als hierauf die gesammte Bevölkerung den Ort verließ, steckte jener be-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/517>, abgerufen am 15.06.2024.