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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Staaten eingetreten, wo man die beiden Metalle wie 1: 13,99 gewerthet
hatte. Der Rückschlag von Californien war hier noch unmittelbarer, das Silber
verschwand ganz, so daß man, um nur Scheidemünze zu haben, das Gewicht
der Stücke von '/-, V4 und Via Dollar erheblich vermindern mußte; und die
Congrcßacte vom 21. Februar 1863 verordnete, daß Silbermünzen nur bis
zum Belauf von fünf Dollars gesetzliches Zahlungsmittel seien. Aehnlich sind
Portugal, Spanien und Brasilien auch thatsächlich zur Goldwährung über¬
gegangen, in England besteht dieselbe seit langer Zeit gesetzlich, dagegen hat
britisch Ostindien Ende die reine Silbcrwährung angenommen, die
Deutschland bis jetzt festgehalten. Die Frage wird nun ausgeworfen: ob es
nicht zweckmäßig, ja nöthig sei, daß unser Baterland den vorangeschrittensten
Culturvölkern, den Engländern, Nordamerikanern und Franzosen folge und
zur Goldwährung übergehe. Wir wollen die Fürsprecher dieser Ansicht hören.
Der erste Grund, den sie anführen, ist der Bortheil, daß Gold mit weit
geringern Kosten als Silber zu Münzen verarbeitet werden kann. Dies muß
bereitwillig zugegeben werden, der Schlagsatz ist natürlich bei dem höhern
Werthe des Goldes ungleich geringer als bei dem Silber, auch zeigt die Er-
sahrung, daß letzteres sich rascher abschleift. Aber keineswegs geben wir den
Nachsatz zu, den man aus jenem Vordersatze zieht, daß dieser Vortheil für
den Gebrauch des Goldes als Maß aller Werthe und als Werkzeug um Macht
zu kaufen im ^ Großhandel entscheide. Die handelspolitische Macht eines
Landes ruht aus seinem gesammten Nationalwohlstande, nicht, oder doch
nur aus kurze Zeit und einzeln wie in Californien, auf den edlen Metallen.
Die großen Geschäfte werden durch Wechsel vermittelt und ein Blick auf
die Ein- und Ausfuhrlisten der großen Handelsstaaten zeigt, ^ daß nur ein
verhältnißmäßig geringer Theil deö Verkehres mit Contanten halbirt wird.
Aber es ist noch ein anderer Umstand in Betracht zu ziehen. Wenn es aus
dem eben angeführten Grunde nicht darauf ankommt, ein möglichst hohes
Werthmaß zu haben, so ist es sehr wichtig, ein möglichst genaues zu haben.
Sehr richtig sagt in dieser Beziehung der Verfasser der Schrift "Zur Bankfrage."
"Eine Währung ist nicht nur da sür den Großhandel, sondern für alle
Schichten des Verkehres; sie muß eindringen können auch in die kleinsten
Verhältnisse desselben, wie das Blut auch durch die feinsten und engsten Ar¬
terien fließt." Mit Recht hat man gesagt, daß, wo es Kupferpfennige gibt,
es auch Werthe geben wird, die dafür zu kaufen sind, daß also die Silber¬
währung ohne Kupfergeld in einzelnen Fällen schon eine Vertheuerung mit
sich bringt; eS wird von allen Seiten zugegeben, daß bei Einführung der
Goldvaluta Silbergeld als Scheidemünze nicht zu entbehren sei, warum will
man denn eine Art von Doppelwährung einführen? Wir wissen sehr wohl,
daß man dabei dem Beispiel Großbritanniens folgen und den Feingehalt der


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Staaten eingetreten, wo man die beiden Metalle wie 1: 13,99 gewerthet
hatte. Der Rückschlag von Californien war hier noch unmittelbarer, das Silber
verschwand ganz, so daß man, um nur Scheidemünze zu haben, das Gewicht
der Stücke von '/-, V4 und Via Dollar erheblich vermindern mußte; und die
Congrcßacte vom 21. Februar 1863 verordnete, daß Silbermünzen nur bis
zum Belauf von fünf Dollars gesetzliches Zahlungsmittel seien. Aehnlich sind
Portugal, Spanien und Brasilien auch thatsächlich zur Goldwährung über¬
gegangen, in England besteht dieselbe seit langer Zeit gesetzlich, dagegen hat
britisch Ostindien Ende die reine Silbcrwährung angenommen, die
Deutschland bis jetzt festgehalten. Die Frage wird nun ausgeworfen: ob es
nicht zweckmäßig, ja nöthig sei, daß unser Baterland den vorangeschrittensten
Culturvölkern, den Engländern, Nordamerikanern und Franzosen folge und
zur Goldwährung übergehe. Wir wollen die Fürsprecher dieser Ansicht hören.
Der erste Grund, den sie anführen, ist der Bortheil, daß Gold mit weit
geringern Kosten als Silber zu Münzen verarbeitet werden kann. Dies muß
bereitwillig zugegeben werden, der Schlagsatz ist natürlich bei dem höhern
Werthe des Goldes ungleich geringer als bei dem Silber, auch zeigt die Er-
sahrung, daß letzteres sich rascher abschleift. Aber keineswegs geben wir den
Nachsatz zu, den man aus jenem Vordersatze zieht, daß dieser Vortheil für
den Gebrauch des Goldes als Maß aller Werthe und als Werkzeug um Macht
zu kaufen im ^ Großhandel entscheide. Die handelspolitische Macht eines
Landes ruht aus seinem gesammten Nationalwohlstande, nicht, oder doch
nur aus kurze Zeit und einzeln wie in Californien, auf den edlen Metallen.
Die großen Geschäfte werden durch Wechsel vermittelt und ein Blick auf
die Ein- und Ausfuhrlisten der großen Handelsstaaten zeigt, ^ daß nur ein
verhältnißmäßig geringer Theil deö Verkehres mit Contanten halbirt wird.
Aber es ist noch ein anderer Umstand in Betracht zu ziehen. Wenn es aus
dem eben angeführten Grunde nicht darauf ankommt, ein möglichst hohes
Werthmaß zu haben, so ist es sehr wichtig, ein möglichst genaues zu haben.
Sehr richtig sagt in dieser Beziehung der Verfasser der Schrift „Zur Bankfrage."
„Eine Währung ist nicht nur da sür den Großhandel, sondern für alle
Schichten des Verkehres; sie muß eindringen können auch in die kleinsten
Verhältnisse desselben, wie das Blut auch durch die feinsten und engsten Ar¬
terien fließt." Mit Recht hat man gesagt, daß, wo es Kupferpfennige gibt,
es auch Werthe geben wird, die dafür zu kaufen sind, daß also die Silber¬
währung ohne Kupfergeld in einzelnen Fällen schon eine Vertheuerung mit
sich bringt; eS wird von allen Seiten zugegeben, daß bei Einführung der
Goldvaluta Silbergeld als Scheidemünze nicht zu entbehren sei, warum will
man denn eine Art von Doppelwährung einführen? Wir wissen sehr wohl,
daß man dabei dem Beispiel Großbritanniens folgen und den Feingehalt der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/11>, abgerufen am 08.05.2024.