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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Hainen von Neudelhi sich erheben, im Norden zu einigen ansehnlichen Dör¬
fern und britischen Cantonnements.

Dies sind nur die am besten erhaltenen Baudenkmäler Delhis, außerdem
gibt es hier eine Menge anderer, die trotz all ihrer Verfallenheit noch immer
imposant genug erscheinen, um den Ruhm ihrer Erbauer und den Glanz von
Altdelhi zu verkünden; so namentlich der sechs Jahrhunderte alte Palast der
Afghanenkaiser, früher als Staatsgefängniß dienend, mit seinen festen Wällen
und massiven Thürmen, und in einem seiner Höfe eine antike, zweiundvier-
zig Fuß hohe, mit Inschriften bedeckte, schwarze Metallsäule, den Feroz Kote-
lah (Feroz-Stab) einschließend; das über einem Gewölbe von achtundsechzig
Zellen stehende Grabmal Humayuns, inmitten eines köstlichen Gartens, eine
Meile im Süden der Stadt aus rothem Sandstein erbaut und mit Marmor
ausgelegt; die riesenhafte Sternwarte Gentur Mcmtar, eine halbe Meile süd¬
lich von der Stadt, mit Marmortreppen, kolossalen Quadranten und so weiter,
-1724 erbaut von Djeising, Radjas von Djeipur, aber unvollendet geblieben;
die Schahlimar oder die kaiserlichen Gärten, ein Werk von Schah Jehan, an¬
geblich mit einem Aufwande von einer Million Pf. Se. erbaut, jetzt aber
größtentheils öde und verwildert und nur noch einen großartigen Park bil¬
dend, in dessen Schloß der britische Resident seinen Landsitz genommen hat.
In der Glanzperiode Delhis müssen diese Gärten außerordentlich prachtvoll
gewesen sein; noch jetzt in ihrem Verfall tragen sie zahlreiche Spuren ihrer
frühern Schönheit. Noch sind sie voll von sehr alten Pomeranzen- und andern
Fruchtbäumen, und überall finden sich Terrassen und Blumenbeete, haupt¬
sächlich aus Rosensträuchen bestehend. Ein Bewässerungskanal von weißem
Marmor mit kleinen Fontaine", in demselben Material in Rosetten ausge¬
hauen, ist über die Beete hingeleitet. Am Ende des Gartens steht ein schöner
achteckiger Pavillon, ebenfalls von Marmor und mit Mosaikblumen reich ver¬
ziert. In der Mitte desselben befindet sich ein Springbrunnen und in einem
Seitengänge ein Bad. Die Fenster dieses Pavillons gewähren eine schöne
Aussicht auf die Stadt mit ihren ausgedehnten, aber meist verlassenen und in
Trümmer liegenden Gärten, Pavillons, Moscheen und Gräbern. Auch in
jenem Pavillon ist jetzt alles öde und einsam; Bad und Springbrunnen liegen
trocken, das Mosaikpflaster ist mit allerlei Geräth und mit Gartenkehricht
bedeckt und die Mauern sind durch Vögel und Fledermäuse verunreinigt.

Der große oben erwähnte Palast Schah Djehans, dessen nordöstlichen
Theil diese Anlagen einnehmen, liegt nahe dem Djamna, unmittelbar an der
Ausmündung des Kanals, der unter Djehans Negierung fünfundzwanzig
Meilen weit vom obern Djamna hierher geführt und im Jahre 1826 völlig
wieder hergestellt, durch ganz Delhi geht; der Palast bildet ein unregelmäßiges
Viereck von etwa eintausend funfzig Schritt Länge und zweihundert fünf-


Hainen von Neudelhi sich erheben, im Norden zu einigen ansehnlichen Dör¬
fern und britischen Cantonnements.

Dies sind nur die am besten erhaltenen Baudenkmäler Delhis, außerdem
gibt es hier eine Menge anderer, die trotz all ihrer Verfallenheit noch immer
imposant genug erscheinen, um den Ruhm ihrer Erbauer und den Glanz von
Altdelhi zu verkünden; so namentlich der sechs Jahrhunderte alte Palast der
Afghanenkaiser, früher als Staatsgefängniß dienend, mit seinen festen Wällen
und massiven Thürmen, und in einem seiner Höfe eine antike, zweiundvier-
zig Fuß hohe, mit Inschriften bedeckte, schwarze Metallsäule, den Feroz Kote-
lah (Feroz-Stab) einschließend; das über einem Gewölbe von achtundsechzig
Zellen stehende Grabmal Humayuns, inmitten eines köstlichen Gartens, eine
Meile im Süden der Stadt aus rothem Sandstein erbaut und mit Marmor
ausgelegt; die riesenhafte Sternwarte Gentur Mcmtar, eine halbe Meile süd¬
lich von der Stadt, mit Marmortreppen, kolossalen Quadranten und so weiter,
-1724 erbaut von Djeising, Radjas von Djeipur, aber unvollendet geblieben;
die Schahlimar oder die kaiserlichen Gärten, ein Werk von Schah Jehan, an¬
geblich mit einem Aufwande von einer Million Pf. Se. erbaut, jetzt aber
größtentheils öde und verwildert und nur noch einen großartigen Park bil¬
dend, in dessen Schloß der britische Resident seinen Landsitz genommen hat.
In der Glanzperiode Delhis müssen diese Gärten außerordentlich prachtvoll
gewesen sein; noch jetzt in ihrem Verfall tragen sie zahlreiche Spuren ihrer
frühern Schönheit. Noch sind sie voll von sehr alten Pomeranzen- und andern
Fruchtbäumen, und überall finden sich Terrassen und Blumenbeete, haupt¬
sächlich aus Rosensträuchen bestehend. Ein Bewässerungskanal von weißem
Marmor mit kleinen Fontaine», in demselben Material in Rosetten ausge¬
hauen, ist über die Beete hingeleitet. Am Ende des Gartens steht ein schöner
achteckiger Pavillon, ebenfalls von Marmor und mit Mosaikblumen reich ver¬
ziert. In der Mitte desselben befindet sich ein Springbrunnen und in einem
Seitengänge ein Bad. Die Fenster dieses Pavillons gewähren eine schöne
Aussicht auf die Stadt mit ihren ausgedehnten, aber meist verlassenen und in
Trümmer liegenden Gärten, Pavillons, Moscheen und Gräbern. Auch in
jenem Pavillon ist jetzt alles öde und einsam; Bad und Springbrunnen liegen
trocken, das Mosaikpflaster ist mit allerlei Geräth und mit Gartenkehricht
bedeckt und die Mauern sind durch Vögel und Fledermäuse verunreinigt.

Der große oben erwähnte Palast Schah Djehans, dessen nordöstlichen
Theil diese Anlagen einnehmen, liegt nahe dem Djamna, unmittelbar an der
Ausmündung des Kanals, der unter Djehans Negierung fünfundzwanzig
Meilen weit vom obern Djamna hierher geführt und im Jahre 1826 völlig
wieder hergestellt, durch ganz Delhi geht; der Palast bildet ein unregelmäßiges
Viereck von etwa eintausend funfzig Schritt Länge und zweihundert fünf-


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[0039] Hainen von Neudelhi sich erheben, im Norden zu einigen ansehnlichen Dör¬ fern und britischen Cantonnements. Dies sind nur die am besten erhaltenen Baudenkmäler Delhis, außerdem gibt es hier eine Menge anderer, die trotz all ihrer Verfallenheit noch immer imposant genug erscheinen, um den Ruhm ihrer Erbauer und den Glanz von Altdelhi zu verkünden; so namentlich der sechs Jahrhunderte alte Palast der Afghanenkaiser, früher als Staatsgefängniß dienend, mit seinen festen Wällen und massiven Thürmen, und in einem seiner Höfe eine antike, zweiundvier- zig Fuß hohe, mit Inschriften bedeckte, schwarze Metallsäule, den Feroz Kote- lah (Feroz-Stab) einschließend; das über einem Gewölbe von achtundsechzig Zellen stehende Grabmal Humayuns, inmitten eines köstlichen Gartens, eine Meile im Süden der Stadt aus rothem Sandstein erbaut und mit Marmor ausgelegt; die riesenhafte Sternwarte Gentur Mcmtar, eine halbe Meile süd¬ lich von der Stadt, mit Marmortreppen, kolossalen Quadranten und so weiter, -1724 erbaut von Djeising, Radjas von Djeipur, aber unvollendet geblieben; die Schahlimar oder die kaiserlichen Gärten, ein Werk von Schah Jehan, an¬ geblich mit einem Aufwande von einer Million Pf. Se. erbaut, jetzt aber größtentheils öde und verwildert und nur noch einen großartigen Park bil¬ dend, in dessen Schloß der britische Resident seinen Landsitz genommen hat. In der Glanzperiode Delhis müssen diese Gärten außerordentlich prachtvoll gewesen sein; noch jetzt in ihrem Verfall tragen sie zahlreiche Spuren ihrer frühern Schönheit. Noch sind sie voll von sehr alten Pomeranzen- und andern Fruchtbäumen, und überall finden sich Terrassen und Blumenbeete, haupt¬ sächlich aus Rosensträuchen bestehend. Ein Bewässerungskanal von weißem Marmor mit kleinen Fontaine», in demselben Material in Rosetten ausge¬ hauen, ist über die Beete hingeleitet. Am Ende des Gartens steht ein schöner achteckiger Pavillon, ebenfalls von Marmor und mit Mosaikblumen reich ver¬ ziert. In der Mitte desselben befindet sich ein Springbrunnen und in einem Seitengänge ein Bad. Die Fenster dieses Pavillons gewähren eine schöne Aussicht auf die Stadt mit ihren ausgedehnten, aber meist verlassenen und in Trümmer liegenden Gärten, Pavillons, Moscheen und Gräbern. Auch in jenem Pavillon ist jetzt alles öde und einsam; Bad und Springbrunnen liegen trocken, das Mosaikpflaster ist mit allerlei Geräth und mit Gartenkehricht bedeckt und die Mauern sind durch Vögel und Fledermäuse verunreinigt. Der große oben erwähnte Palast Schah Djehans, dessen nordöstlichen Theil diese Anlagen einnehmen, liegt nahe dem Djamna, unmittelbar an der Ausmündung des Kanals, der unter Djehans Negierung fünfundzwanzig Meilen weit vom obern Djamna hierher geführt und im Jahre 1826 völlig wieder hergestellt, durch ganz Delhi geht; der Palast bildet ein unregelmäßiges Viereck von etwa eintausend funfzig Schritt Länge und zweihundert fünf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/39>, abgerufen am 21.05.2024.