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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Dänemarks im deutschen Bunde zu. Alles dies konnte indeß auch dem Scharf¬
blick Napoleons nicht entgehen, er hat bekanntlich zuerst in der Laguerroniere-
schen Flugschrift die Idee der Conföderation aufgestellt, aber wir können uns
nicht davon überzeugen, daß ein so eminent praktischer und kalt berechnender
Kopf nicht von vorn herein das Chimärische eines solchen Projektes erkannt habe.
Die unversöhnlichsten Gegensätze sollten in eine politische Corporation zusam¬
mengeschweißt werden und der Papst, der sich grundsätzlich von jedem Con¬
flict fern halten muß. an die Spitze treten. Wir haben von jeher das Ope-
riren mit dieser Verbrüderung nur für ein Kriegsmittel gehalten und glauben,
daß sie bei Seite geworfen wird, wenn sie ihren Dienst gegen Oestreich ge¬
than hat. Der Moniteur läßt das in seinem Artikel vom 9. September schon
durchblicken, obwol er die Spitze gegen die Italiener richtet. Wenn ihr die
Fürsten nicht wieder zurückkehren laßt, sagt er ihnen, so bekommt ihr keinen
Bund, durch welchen Oestreich euch als Nationalität anerkennt. Desto besser,
denken die Italiener, die wohl wissen was sie durch solche Anerkennung ge¬
winnen würden, so werden wir den östreichischen Einfluß und die Fürsten los.
Unter einer einzigen Bedingung hätte die französische scheinbare Concession
einen Werth für das wiener Cabinet gehabt, nämlich wenn die Wiederein¬
setzung der Erzherzöge nöthigenfalls mit bewaffneter Hand erzwungen werden
sollte. Aber dies, setzte Napoleon seinem jugendlichen Gegner von Villafranca
auseinander, sei unmöglich. Toscana sei sein Bundesgenosse geworden, ein
kaiserlicher Prinz führe den Oberbefehl. Frankreich hatte die Verträge, welche
Oestreich den Vorwand immer neuer militärischer Intervention gaben, vor
aller Welt angeklagt, es konnte jetzt nicht selbst zu seinen Gunsten einrücken
und seine eignen Verbündeten wieder unterwerfen oder sie durch östreichische
Truppen unterjochen lassen. Mehr oder weniger unterstellte daher Napoleon
die Ausführung der Bedingung, daß sich die betreffenden Länder der Restau¬
ration freiwillig fügen würden, er ging also die conüitiv 8ins Mg. mein wie
eine eventuelle Verpflichtung ein, er versprach nur seinen moralischen Einfluß
für die Wiedereinsetzung, mit der. wie wir glauben, es ihm keinen Augenblick
Ernst gewesen.

Die Ausführung dieses tief angelegten Planes entspricht ganz der MacckM-
vellistischen Feinheit, mit welcher der Kaiser seine Unternehmungen zum Z'^
zu führen weiß. Er nahm in seinen Reden und Proclamationen den Ton
patriotischer Selbstbeschränkung an- "Glauben Sie, meine Herren, nicht, daß
es mir viel gekostet, meine siegesmuthige Armee auszuhalten, offen vor Europa
von meinem Programm das Gebiet zwischen Mincio und Adria auszuschließen,
so viele edle Illusionen und patriotische Hoffnungen rechtschaffener Herzen zer"
stört zu sehen? Aber, wenn ich um Italiens Unabhängigkeit zu dienen gegen
den Willen Europas den Krieg geführt, mußte ich Friede machen, als die Ge-


Dänemarks im deutschen Bunde zu. Alles dies konnte indeß auch dem Scharf¬
blick Napoleons nicht entgehen, er hat bekanntlich zuerst in der Laguerroniere-
schen Flugschrift die Idee der Conföderation aufgestellt, aber wir können uns
nicht davon überzeugen, daß ein so eminent praktischer und kalt berechnender
Kopf nicht von vorn herein das Chimärische eines solchen Projektes erkannt habe.
Die unversöhnlichsten Gegensätze sollten in eine politische Corporation zusam¬
mengeschweißt werden und der Papst, der sich grundsätzlich von jedem Con¬
flict fern halten muß. an die Spitze treten. Wir haben von jeher das Ope-
riren mit dieser Verbrüderung nur für ein Kriegsmittel gehalten und glauben,
daß sie bei Seite geworfen wird, wenn sie ihren Dienst gegen Oestreich ge¬
than hat. Der Moniteur läßt das in seinem Artikel vom 9. September schon
durchblicken, obwol er die Spitze gegen die Italiener richtet. Wenn ihr die
Fürsten nicht wieder zurückkehren laßt, sagt er ihnen, so bekommt ihr keinen
Bund, durch welchen Oestreich euch als Nationalität anerkennt. Desto besser,
denken die Italiener, die wohl wissen was sie durch solche Anerkennung ge¬
winnen würden, so werden wir den östreichischen Einfluß und die Fürsten los.
Unter einer einzigen Bedingung hätte die französische scheinbare Concession
einen Werth für das wiener Cabinet gehabt, nämlich wenn die Wiederein¬
setzung der Erzherzöge nöthigenfalls mit bewaffneter Hand erzwungen werden
sollte. Aber dies, setzte Napoleon seinem jugendlichen Gegner von Villafranca
auseinander, sei unmöglich. Toscana sei sein Bundesgenosse geworden, ein
kaiserlicher Prinz führe den Oberbefehl. Frankreich hatte die Verträge, welche
Oestreich den Vorwand immer neuer militärischer Intervention gaben, vor
aller Welt angeklagt, es konnte jetzt nicht selbst zu seinen Gunsten einrücken
und seine eignen Verbündeten wieder unterwerfen oder sie durch östreichische
Truppen unterjochen lassen. Mehr oder weniger unterstellte daher Napoleon
die Ausführung der Bedingung, daß sich die betreffenden Länder der Restau¬
ration freiwillig fügen würden, er ging also die conüitiv 8ins Mg. mein wie
eine eventuelle Verpflichtung ein, er versprach nur seinen moralischen Einfluß
für die Wiedereinsetzung, mit der. wie wir glauben, es ihm keinen Augenblick
Ernst gewesen.

Die Ausführung dieses tief angelegten Planes entspricht ganz der MacckM-
vellistischen Feinheit, mit welcher der Kaiser seine Unternehmungen zum Z'^
zu führen weiß. Er nahm in seinen Reden und Proclamationen den Ton
patriotischer Selbstbeschränkung an- „Glauben Sie, meine Herren, nicht, daß
es mir viel gekostet, meine siegesmuthige Armee auszuhalten, offen vor Europa
von meinem Programm das Gebiet zwischen Mincio und Adria auszuschließen,
so viele edle Illusionen und patriotische Hoffnungen rechtschaffener Herzen zer"
stört zu sehen? Aber, wenn ich um Italiens Unabhängigkeit zu dienen gegen
den Willen Europas den Krieg geführt, mußte ich Friede machen, als die Ge-


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[0154] Dänemarks im deutschen Bunde zu. Alles dies konnte indeß auch dem Scharf¬ blick Napoleons nicht entgehen, er hat bekanntlich zuerst in der Laguerroniere- schen Flugschrift die Idee der Conföderation aufgestellt, aber wir können uns nicht davon überzeugen, daß ein so eminent praktischer und kalt berechnender Kopf nicht von vorn herein das Chimärische eines solchen Projektes erkannt habe. Die unversöhnlichsten Gegensätze sollten in eine politische Corporation zusam¬ mengeschweißt werden und der Papst, der sich grundsätzlich von jedem Con¬ flict fern halten muß. an die Spitze treten. Wir haben von jeher das Ope- riren mit dieser Verbrüderung nur für ein Kriegsmittel gehalten und glauben, daß sie bei Seite geworfen wird, wenn sie ihren Dienst gegen Oestreich ge¬ than hat. Der Moniteur läßt das in seinem Artikel vom 9. September schon durchblicken, obwol er die Spitze gegen die Italiener richtet. Wenn ihr die Fürsten nicht wieder zurückkehren laßt, sagt er ihnen, so bekommt ihr keinen Bund, durch welchen Oestreich euch als Nationalität anerkennt. Desto besser, denken die Italiener, die wohl wissen was sie durch solche Anerkennung ge¬ winnen würden, so werden wir den östreichischen Einfluß und die Fürsten los. Unter einer einzigen Bedingung hätte die französische scheinbare Concession einen Werth für das wiener Cabinet gehabt, nämlich wenn die Wiederein¬ setzung der Erzherzöge nöthigenfalls mit bewaffneter Hand erzwungen werden sollte. Aber dies, setzte Napoleon seinem jugendlichen Gegner von Villafranca auseinander, sei unmöglich. Toscana sei sein Bundesgenosse geworden, ein kaiserlicher Prinz führe den Oberbefehl. Frankreich hatte die Verträge, welche Oestreich den Vorwand immer neuer militärischer Intervention gaben, vor aller Welt angeklagt, es konnte jetzt nicht selbst zu seinen Gunsten einrücken und seine eignen Verbündeten wieder unterwerfen oder sie durch östreichische Truppen unterjochen lassen. Mehr oder weniger unterstellte daher Napoleon die Ausführung der Bedingung, daß sich die betreffenden Länder der Restau¬ ration freiwillig fügen würden, er ging also die conüitiv 8ins Mg. mein wie eine eventuelle Verpflichtung ein, er versprach nur seinen moralischen Einfluß für die Wiedereinsetzung, mit der. wie wir glauben, es ihm keinen Augenblick Ernst gewesen. Die Ausführung dieses tief angelegten Planes entspricht ganz der MacckM- vellistischen Feinheit, mit welcher der Kaiser seine Unternehmungen zum Z'^ zu führen weiß. Er nahm in seinen Reden und Proclamationen den Ton patriotischer Selbstbeschränkung an- „Glauben Sie, meine Herren, nicht, daß es mir viel gekostet, meine siegesmuthige Armee auszuhalten, offen vor Europa von meinem Programm das Gebiet zwischen Mincio und Adria auszuschließen, so viele edle Illusionen und patriotische Hoffnungen rechtschaffener Herzen zer" stört zu sehen? Aber, wenn ich um Italiens Unabhängigkeit zu dienen gegen den Willen Europas den Krieg geführt, mußte ich Friede machen, als die Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/154>, abgerufen am 14.06.2024.