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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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nisonircnde Jnsantrie-Regiment v. Lengefeld, früher von Saldern, als
Stabscapitain ^in, Im Mai 1791 avancirte er zum Major, den schwarzen
Adlerorden hatte er schon früher von dem ihm persönlich wohlwollenden Kö¬
nig erhalten.

Prinz Wilhelm wohnte im Jahr 1792 dem ersten Feldzug unter den
Augen des Vaters bei und zeigte hier schon rühmliche Proben seines ihm an¬
geborenen Muthes. Er wurde am 27. November beim Dorfe Etsch im Nas¬
sauischen verwundet und blieb in Folge dessen längere Zeit dienstunfähig.
Als er den zweiten Feldzug mitmachte, stand er als Major wahrscheinlich beim
ersten Bataillon des Regiments v. Kalkstein. Auch jetzt, wo er bereits sein
einundzwanzigstcs Lebensjahr zurückgelegt hatte und eine mehr selbstständige
Stellung einnehmen sollte, durste er sich doch noch nicht frei bewegen und
wurde von dem strengen Herzog und seinen ihm ergebenen Creaturen. die sich
eine Frende daraus machten, dem Vatercmch das Kleinste zu hinterbringen, nach
wie vor beaufsichtigt. Der Prinz kannte seine Leute und rächte sich an ihnen
gewöhnlich mit Verachtung. Witz und Spott. Hier im freieren Feldleben
und vom Vater häusig entfernt, fand er unter munterer Gesellschaft Ge¬
legenheit, zuweilen den'lästigen Zwang abzuschütteln, wobei nicht selten das
rechte Maaß überschritten wurde. Das mühsam zurückgehaltene Jugendfeuer
brach plötzlich ungestüm hervor und loderte nun in hellen Flammen auf,
die der erschreckte und argwöhnische Herzog gerade jetzt um so energischer
dämpfen zu müssen glaubte und hierbei nicht selten mit Härte und
Heftigkeit verfuhr. Aneststrafen waren das Gewöhnliche. Er forderte von
der Jugend dieselbe Nüchternheit, wie solche ihm, dem ältern Manne, eigen
war. Daher war der Prinz auch in seinen Geldmitteln sehr beschränkt, und
befand sich oft in derselben Geldnoth, wie der ärmste verschuldete Lieutenant.
Der Prinz war allerdings in seiner Gesellschaft nicht immer sehr wählerisch,
er nahm sie wie er sie fand und wie sie zu seinem Alter und seinen Neigungen
Paßte. Es gab zuweilen Spiel- und Trinkgelage, wie solches ja im Feldleben
häusig vorkommt; von beiden aber war der Herzog ein abgesagter Feind.
Dabei war der Prinz von Spähern umgeben, seine Briefe wurden sogar er¬
öffnet. Dieses empörte ihn aufs Höchste, und so konnte es nicht ausbleiben,
daß sich die Kluft zwischen Vater und Sohn mehr und mehr erweiterte. Der
Herzog zeigte sich kälter und abstoßender, der Prinz zurückhaltender und ver¬
schlossener. Die einzige Mittelsperson bleibt auch hier der General von Rie-
desel. der mit Klugheit und Takt sich zwischen Vater und Sohn zu halten
wußte. Seiner Zusprache gelang es mehr denn einmal, den jugendlichen auf¬
brausenden Prinzen vor Schritten zu bewahren, die er später tief hätte bereuen
müssen, und bei dem aufgebrachten Herzog legte er manches Fürwort mit Er¬
folg ein. Da des eigenwilligen Herzogs Umgebung diesem meist nach dem


nisonircnde Jnsantrie-Regiment v. Lengefeld, früher von Saldern, als
Stabscapitain ^in, Im Mai 1791 avancirte er zum Major, den schwarzen
Adlerorden hatte er schon früher von dem ihm persönlich wohlwollenden Kö¬
nig erhalten.

Prinz Wilhelm wohnte im Jahr 1792 dem ersten Feldzug unter den
Augen des Vaters bei und zeigte hier schon rühmliche Proben seines ihm an¬
geborenen Muthes. Er wurde am 27. November beim Dorfe Etsch im Nas¬
sauischen verwundet und blieb in Folge dessen längere Zeit dienstunfähig.
Als er den zweiten Feldzug mitmachte, stand er als Major wahrscheinlich beim
ersten Bataillon des Regiments v. Kalkstein. Auch jetzt, wo er bereits sein
einundzwanzigstcs Lebensjahr zurückgelegt hatte und eine mehr selbstständige
Stellung einnehmen sollte, durste er sich doch noch nicht frei bewegen und
wurde von dem strengen Herzog und seinen ihm ergebenen Creaturen. die sich
eine Frende daraus machten, dem Vatercmch das Kleinste zu hinterbringen, nach
wie vor beaufsichtigt. Der Prinz kannte seine Leute und rächte sich an ihnen
gewöhnlich mit Verachtung. Witz und Spott. Hier im freieren Feldleben
und vom Vater häusig entfernt, fand er unter munterer Gesellschaft Ge¬
legenheit, zuweilen den'lästigen Zwang abzuschütteln, wobei nicht selten das
rechte Maaß überschritten wurde. Das mühsam zurückgehaltene Jugendfeuer
brach plötzlich ungestüm hervor und loderte nun in hellen Flammen auf,
die der erschreckte und argwöhnische Herzog gerade jetzt um so energischer
dämpfen zu müssen glaubte und hierbei nicht selten mit Härte und
Heftigkeit verfuhr. Aneststrafen waren das Gewöhnliche. Er forderte von
der Jugend dieselbe Nüchternheit, wie solche ihm, dem ältern Manne, eigen
war. Daher war der Prinz auch in seinen Geldmitteln sehr beschränkt, und
befand sich oft in derselben Geldnoth, wie der ärmste verschuldete Lieutenant.
Der Prinz war allerdings in seiner Gesellschaft nicht immer sehr wählerisch,
er nahm sie wie er sie fand und wie sie zu seinem Alter und seinen Neigungen
Paßte. Es gab zuweilen Spiel- und Trinkgelage, wie solches ja im Feldleben
häusig vorkommt; von beiden aber war der Herzog ein abgesagter Feind.
Dabei war der Prinz von Spähern umgeben, seine Briefe wurden sogar er¬
öffnet. Dieses empörte ihn aufs Höchste, und so konnte es nicht ausbleiben,
daß sich die Kluft zwischen Vater und Sohn mehr und mehr erweiterte. Der
Herzog zeigte sich kälter und abstoßender, der Prinz zurückhaltender und ver¬
schlossener. Die einzige Mittelsperson bleibt auch hier der General von Rie-
desel. der mit Klugheit und Takt sich zwischen Vater und Sohn zu halten
wußte. Seiner Zusprache gelang es mehr denn einmal, den jugendlichen auf¬
brausenden Prinzen vor Schritten zu bewahren, die er später tief hätte bereuen
müssen, und bei dem aufgebrachten Herzog legte er manches Fürwort mit Er¬
folg ein. Da des eigenwilligen Herzogs Umgebung diesem meist nach dem


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[0041] nisonircnde Jnsantrie-Regiment v. Lengefeld, früher von Saldern, als Stabscapitain ^in, Im Mai 1791 avancirte er zum Major, den schwarzen Adlerorden hatte er schon früher von dem ihm persönlich wohlwollenden Kö¬ nig erhalten. Prinz Wilhelm wohnte im Jahr 1792 dem ersten Feldzug unter den Augen des Vaters bei und zeigte hier schon rühmliche Proben seines ihm an¬ geborenen Muthes. Er wurde am 27. November beim Dorfe Etsch im Nas¬ sauischen verwundet und blieb in Folge dessen längere Zeit dienstunfähig. Als er den zweiten Feldzug mitmachte, stand er als Major wahrscheinlich beim ersten Bataillon des Regiments v. Kalkstein. Auch jetzt, wo er bereits sein einundzwanzigstcs Lebensjahr zurückgelegt hatte und eine mehr selbstständige Stellung einnehmen sollte, durste er sich doch noch nicht frei bewegen und wurde von dem strengen Herzog und seinen ihm ergebenen Creaturen. die sich eine Frende daraus machten, dem Vatercmch das Kleinste zu hinterbringen, nach wie vor beaufsichtigt. Der Prinz kannte seine Leute und rächte sich an ihnen gewöhnlich mit Verachtung. Witz und Spott. Hier im freieren Feldleben und vom Vater häusig entfernt, fand er unter munterer Gesellschaft Ge¬ legenheit, zuweilen den'lästigen Zwang abzuschütteln, wobei nicht selten das rechte Maaß überschritten wurde. Das mühsam zurückgehaltene Jugendfeuer brach plötzlich ungestüm hervor und loderte nun in hellen Flammen auf, die der erschreckte und argwöhnische Herzog gerade jetzt um so energischer dämpfen zu müssen glaubte und hierbei nicht selten mit Härte und Heftigkeit verfuhr. Aneststrafen waren das Gewöhnliche. Er forderte von der Jugend dieselbe Nüchternheit, wie solche ihm, dem ältern Manne, eigen war. Daher war der Prinz auch in seinen Geldmitteln sehr beschränkt, und befand sich oft in derselben Geldnoth, wie der ärmste verschuldete Lieutenant. Der Prinz war allerdings in seiner Gesellschaft nicht immer sehr wählerisch, er nahm sie wie er sie fand und wie sie zu seinem Alter und seinen Neigungen Paßte. Es gab zuweilen Spiel- und Trinkgelage, wie solches ja im Feldleben häusig vorkommt; von beiden aber war der Herzog ein abgesagter Feind. Dabei war der Prinz von Spähern umgeben, seine Briefe wurden sogar er¬ öffnet. Dieses empörte ihn aufs Höchste, und so konnte es nicht ausbleiben, daß sich die Kluft zwischen Vater und Sohn mehr und mehr erweiterte. Der Herzog zeigte sich kälter und abstoßender, der Prinz zurückhaltender und ver¬ schlossener. Die einzige Mittelsperson bleibt auch hier der General von Rie- desel. der mit Klugheit und Takt sich zwischen Vater und Sohn zu halten wußte. Seiner Zusprache gelang es mehr denn einmal, den jugendlichen auf¬ brausenden Prinzen vor Schritten zu bewahren, die er später tief hätte bereuen müssen, und bei dem aufgebrachten Herzog legte er manches Fürwort mit Er¬ folg ein. Da des eigenwilligen Herzogs Umgebung diesem meist nach dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/41>, abgerufen am 16.05.2024.