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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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schrieben wird. Der Dauphin soll zum König in Paris ausgerufen seyn,
viele Jacobiner geflüchtet und die Parthei der Aristokraten stündlich wachsen.
Dennoch sollen die wenigsten Waffen haben und da sie sich nicht vertheidigen
können, viele eingezogen seyn. Endlich haben die Holländer Tourcoin weg¬
genommen, jedoch sind es Bundesgenossen, die von keiner geschwinden Hilfe
sind; Sie werden auf der Karte sehen, daß dies ein Hauptpunkt ist, unsern
rechten Flügel zu decken und es unverzeihlich war, daß sie so lange gezaudert.
Von dieser Seite bis Ostünde ist nichts zu befürchten, Upern soll sehr gut
fortificirt sein und die Engländer in der Gegend der erstgenannten Stadt eine
sehr gute Position haben.

Ihnen gestehe ich es frei, daß unsere Vorposten nicht nur sehr schlecht
ausgesetzt, und daher wenn sie aus irgend einem Fleck mit Ernst angegriffen,
keinen Widerstand leisten können; sondern, wir sogar unsere Communication
mit dem dritten Flügel der über Orschin*) geht, hätten gänzlich verlieren
können; hierzu sagt niemand nichts, und es ist ein wunderbares Glück, daß
wir bis jetzt noch keine Übeln Folgen von unserer Nachlässigkeit gehabt. Jetzt
stehen 2 Bataillone zu Orschin von den unsrigen, und 300 Pferde, die alle
zwei Tage abgelöst werden; diese müssen die Chaine bis hier ziehen; ich bin
der Meinung, daß ähnliche Commandos nie müssen abgelöst werden, es sey
denn, es ermüde die Leute zu sehr; denn es bleibt ausgemacht, daß jeder neue
dortige Commandeur, das so sehr coupirte Terrain nicht kennt, und wenn er
attaquirt wird, sich nicht so vertheidigen kann, als wenn er die Gegend kennt.

Das was Sie von Gustins,"*) Unternehmen sagen, schien mir äußerst
wahrscheinlich, jedoch soll er einen lebhaften Streit mit den Commandanten
zu Lille über die Kanons gehabt haben, die er dort hat abholen lassen um
sie zu seinen Unternehmungen zu gebrauchen.

Es thut mir wehe, daß mein Alter unmöglich Vertrauen von älteren ver¬
dient, und ich daher wieder zusehen muß, ohne wagen zu dürfen, meine Mei¬
nung frei zu gestehen; recht herzlich wünsche ich, daß Sie mich besuchen, ich
werde in jeder Rücksicht Ihnen zu dienen mich bemühen. In 14 Tagen soll
Valencienne unser seyn, doch glaube ich, daß Gustine gewiß die Oestreichs
W. P. v. B. angreift.

xrg.es: d. 7. Juli 93. Im Lager bei Cisoint den 29. Juni
1793.

4., Es würde mir leid seyn, wenn Sie von irgend jemand anders als
von mir sichere Nachrichten erhielten, und dennoch muß ich es befürchten, da
ich erfahren, daß unsere Feldpost alle Briefe über Brüssel und Wesel schickt:




*) Orchins.
Cüstme (?)

schrieben wird. Der Dauphin soll zum König in Paris ausgerufen seyn,
viele Jacobiner geflüchtet und die Parthei der Aristokraten stündlich wachsen.
Dennoch sollen die wenigsten Waffen haben und da sie sich nicht vertheidigen
können, viele eingezogen seyn. Endlich haben die Holländer Tourcoin weg¬
genommen, jedoch sind es Bundesgenossen, die von keiner geschwinden Hilfe
sind; Sie werden auf der Karte sehen, daß dies ein Hauptpunkt ist, unsern
rechten Flügel zu decken und es unverzeihlich war, daß sie so lange gezaudert.
Von dieser Seite bis Ostünde ist nichts zu befürchten, Upern soll sehr gut
fortificirt sein und die Engländer in der Gegend der erstgenannten Stadt eine
sehr gute Position haben.

Ihnen gestehe ich es frei, daß unsere Vorposten nicht nur sehr schlecht
ausgesetzt, und daher wenn sie aus irgend einem Fleck mit Ernst angegriffen,
keinen Widerstand leisten können; sondern, wir sogar unsere Communication
mit dem dritten Flügel der über Orschin*) geht, hätten gänzlich verlieren
können; hierzu sagt niemand nichts, und es ist ein wunderbares Glück, daß
wir bis jetzt noch keine Übeln Folgen von unserer Nachlässigkeit gehabt. Jetzt
stehen 2 Bataillone zu Orschin von den unsrigen, und 300 Pferde, die alle
zwei Tage abgelöst werden; diese müssen die Chaine bis hier ziehen; ich bin
der Meinung, daß ähnliche Commandos nie müssen abgelöst werden, es sey
denn, es ermüde die Leute zu sehr; denn es bleibt ausgemacht, daß jeder neue
dortige Commandeur, das so sehr coupirte Terrain nicht kennt, und wenn er
attaquirt wird, sich nicht so vertheidigen kann, als wenn er die Gegend kennt.

Das was Sie von Gustins,"*) Unternehmen sagen, schien mir äußerst
wahrscheinlich, jedoch soll er einen lebhaften Streit mit den Commandanten
zu Lille über die Kanons gehabt haben, die er dort hat abholen lassen um
sie zu seinen Unternehmungen zu gebrauchen.

Es thut mir wehe, daß mein Alter unmöglich Vertrauen von älteren ver¬
dient, und ich daher wieder zusehen muß, ohne wagen zu dürfen, meine Mei¬
nung frei zu gestehen; recht herzlich wünsche ich, daß Sie mich besuchen, ich
werde in jeder Rücksicht Ihnen zu dienen mich bemühen. In 14 Tagen soll
Valencienne unser seyn, doch glaube ich, daß Gustine gewiß die Oestreichs
W. P. v. B. angreift.

xrg.es: d. 7. Juli 93. Im Lager bei Cisoint den 29. Juni
1793.

4., Es würde mir leid seyn, wenn Sie von irgend jemand anders als
von mir sichere Nachrichten erhielten, und dennoch muß ich es befürchten, da
ich erfahren, daß unsere Feldpost alle Briefe über Brüssel und Wesel schickt:




*) Orchins.
Cüstme (?)
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[0044] schrieben wird. Der Dauphin soll zum König in Paris ausgerufen seyn, viele Jacobiner geflüchtet und die Parthei der Aristokraten stündlich wachsen. Dennoch sollen die wenigsten Waffen haben und da sie sich nicht vertheidigen können, viele eingezogen seyn. Endlich haben die Holländer Tourcoin weg¬ genommen, jedoch sind es Bundesgenossen, die von keiner geschwinden Hilfe sind; Sie werden auf der Karte sehen, daß dies ein Hauptpunkt ist, unsern rechten Flügel zu decken und es unverzeihlich war, daß sie so lange gezaudert. Von dieser Seite bis Ostünde ist nichts zu befürchten, Upern soll sehr gut fortificirt sein und die Engländer in der Gegend der erstgenannten Stadt eine sehr gute Position haben. Ihnen gestehe ich es frei, daß unsere Vorposten nicht nur sehr schlecht ausgesetzt, und daher wenn sie aus irgend einem Fleck mit Ernst angegriffen, keinen Widerstand leisten können; sondern, wir sogar unsere Communication mit dem dritten Flügel der über Orschin*) geht, hätten gänzlich verlieren können; hierzu sagt niemand nichts, und es ist ein wunderbares Glück, daß wir bis jetzt noch keine Übeln Folgen von unserer Nachlässigkeit gehabt. Jetzt stehen 2 Bataillone zu Orschin von den unsrigen, und 300 Pferde, die alle zwei Tage abgelöst werden; diese müssen die Chaine bis hier ziehen; ich bin der Meinung, daß ähnliche Commandos nie müssen abgelöst werden, es sey denn, es ermüde die Leute zu sehr; denn es bleibt ausgemacht, daß jeder neue dortige Commandeur, das so sehr coupirte Terrain nicht kennt, und wenn er attaquirt wird, sich nicht so vertheidigen kann, als wenn er die Gegend kennt. Das was Sie von Gustins,"*) Unternehmen sagen, schien mir äußerst wahrscheinlich, jedoch soll er einen lebhaften Streit mit den Commandanten zu Lille über die Kanons gehabt haben, die er dort hat abholen lassen um sie zu seinen Unternehmungen zu gebrauchen. Es thut mir wehe, daß mein Alter unmöglich Vertrauen von älteren ver¬ dient, und ich daher wieder zusehen muß, ohne wagen zu dürfen, meine Mei¬ nung frei zu gestehen; recht herzlich wünsche ich, daß Sie mich besuchen, ich werde in jeder Rücksicht Ihnen zu dienen mich bemühen. In 14 Tagen soll Valencienne unser seyn, doch glaube ich, daß Gustine gewiß die Oestreichs W. P. v. B. angreift. xrg.es: d. 7. Juli 93. Im Lager bei Cisoint den 29. Juni 1793. 4., Es würde mir leid seyn, wenn Sie von irgend jemand anders als von mir sichere Nachrichten erhielten, und dennoch muß ich es befürchten, da ich erfahren, daß unsere Feldpost alle Briefe über Brüssel und Wesel schickt: *) Orchins. Cüstme (?)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/44>, abgerufen am 15.05.2024.