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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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niederen Graden einige geringere Elemente aufnehmen und bald mit sich zu
derselben edlen Masse verarbeiten könnte und würde. Aus die höhern Grade
hätte es ja gar keine Einwirkung, sie würden wie bisher aus denselben Ele¬
menten ergänzt, die so wichtige höhere Führung bliebe in denselben Händen
wie bisher, und was die niedere angeht, so sind wir der festen Ueberzeugung, daß
sie durch tüchtige zum Offizier avancirte Wachtmeister und Feldwebel besser ver¬
sorgt wäre, als es mit den ganz jungen Offizieren jetziger Art, denen sie noth¬
wendig zufällt, der Fall sein kann. Ja wir sind von dieser Wahrheit so
durchdrungen, daß. wenn die Bedenklichkeiten gegen den vielbesprochenen Vor¬
schlag nicht zu überwinden wären, wir es vorziehen würden, den Compagnien
und Escadrons nur 3 Offiziere, aber zugleich 3 Feldwebel und Wachtmeister
mit 300 Thaler Gehalt zu geben, mit denselben Pensionsbestimmungen wie bei
den Offizieren. Der Zweck würde so wenigstens theilweise auch erreicht, und
es wäre eine solche Einrichtung vielleicht ein guter Uebergang zu dem allein
Richtigen. Daß aus dieser Klasse von Offizieren vorzugsweise die Admi¬
nistration der Armee hervorgehen könnte, ist ebenfalls ein ganz richtiger Ge¬
danke. Man kann nicht leicht zu viel dafür thun, der Armee ein tüchtiges
Unteroffizierscorps zu sichern, und wir möchten'auch deshalb hier noch ein¬
mal auf einen schon früher gemachten Vorschlag zurückkommen, die Vortheile
des Einsteher-Systems sich dadurch zu erwerben, daß man den Unteroffizieren
für jedes Jahr, welches sie über zehn Jahre hinaus dienen, neben ihren An¬
sprüchen auf eine Anstellung im Civildicnst noch eine bestimmte Summe zu¬
sichert. Die Aussicht, nach einer 25 jährigen Dienstzeit, also im Alter von
45 Jahren, etwa 1000 Thaler zu bekommen, würde tüchtige und ordentliche
Leute festhalten. Nach zehn Jahren würde ein solches System dem Staate
etwa jährlich eine halbe Million kosten, gewiß wenig sür einen solchen Zweck.

Bei der großen Sachkenntniß, welche der Verfasser unseres Artikels über¬
all durchblicken läßt, verwundert mich nchts so sehr, als daß er sich nicht gegen
die dreigliederige Stellung und was damit zusammenhängt gegen die Ba-
taillons-Stürke von 1000 Mann erklärt, seiner ganzen Berechnung wenigstens
liegt sie zu Grunde. Bei der so unglaublich erhöhten Wirkung der Feuer¬
waffe ist wol nichts so entschieden, als daß jede Art von tiefer Schlachtordnung,
welche auf den Stoß berechnet ist, völlig unpraktisch geworden ist: je größer
die Masse, je mehr ist das der Fall. Die russischen Massen von Inkermann
und von der Traktirbrücke können davon erzählen. Schon Vataillonsmassen
sind zu große Körper, die dünne Stellung, welche auf größere Entfernungen kein
Ziel mehr bietet, muß überall die normale werden. Compagniecolonnen sind die
größten Massen, die möglich bleiben, und auch sie nur, wenn sie-> zu einem
augenblicklichen Bedürfnisse des Angriffs oder der Vertheidigung gegen Kaval¬
lerie nöthig scheinen. Das Feuer ist künftig viel mehr als sonst auch die wehend-


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niederen Graden einige geringere Elemente aufnehmen und bald mit sich zu
derselben edlen Masse verarbeiten könnte und würde. Aus die höhern Grade
hätte es ja gar keine Einwirkung, sie würden wie bisher aus denselben Ele¬
menten ergänzt, die so wichtige höhere Führung bliebe in denselben Händen
wie bisher, und was die niedere angeht, so sind wir der festen Ueberzeugung, daß
sie durch tüchtige zum Offizier avancirte Wachtmeister und Feldwebel besser ver¬
sorgt wäre, als es mit den ganz jungen Offizieren jetziger Art, denen sie noth¬
wendig zufällt, der Fall sein kann. Ja wir sind von dieser Wahrheit so
durchdrungen, daß. wenn die Bedenklichkeiten gegen den vielbesprochenen Vor¬
schlag nicht zu überwinden wären, wir es vorziehen würden, den Compagnien
und Escadrons nur 3 Offiziere, aber zugleich 3 Feldwebel und Wachtmeister
mit 300 Thaler Gehalt zu geben, mit denselben Pensionsbestimmungen wie bei
den Offizieren. Der Zweck würde so wenigstens theilweise auch erreicht, und
es wäre eine solche Einrichtung vielleicht ein guter Uebergang zu dem allein
Richtigen. Daß aus dieser Klasse von Offizieren vorzugsweise die Admi¬
nistration der Armee hervorgehen könnte, ist ebenfalls ein ganz richtiger Ge¬
danke. Man kann nicht leicht zu viel dafür thun, der Armee ein tüchtiges
Unteroffizierscorps zu sichern, und wir möchten'auch deshalb hier noch ein¬
mal auf einen schon früher gemachten Vorschlag zurückkommen, die Vortheile
des Einsteher-Systems sich dadurch zu erwerben, daß man den Unteroffizieren
für jedes Jahr, welches sie über zehn Jahre hinaus dienen, neben ihren An¬
sprüchen auf eine Anstellung im Civildicnst noch eine bestimmte Summe zu¬
sichert. Die Aussicht, nach einer 25 jährigen Dienstzeit, also im Alter von
45 Jahren, etwa 1000 Thaler zu bekommen, würde tüchtige und ordentliche
Leute festhalten. Nach zehn Jahren würde ein solches System dem Staate
etwa jährlich eine halbe Million kosten, gewiß wenig sür einen solchen Zweck.

Bei der großen Sachkenntniß, welche der Verfasser unseres Artikels über¬
all durchblicken läßt, verwundert mich nchts so sehr, als daß er sich nicht gegen
die dreigliederige Stellung und was damit zusammenhängt gegen die Ba-
taillons-Stürke von 1000 Mann erklärt, seiner ganzen Berechnung wenigstens
liegt sie zu Grunde. Bei der so unglaublich erhöhten Wirkung der Feuer¬
waffe ist wol nichts so entschieden, als daß jede Art von tiefer Schlachtordnung,
welche auf den Stoß berechnet ist, völlig unpraktisch geworden ist: je größer
die Masse, je mehr ist das der Fall. Die russischen Massen von Inkermann
und von der Traktirbrücke können davon erzählen. Schon Vataillonsmassen
sind zu große Körper, die dünne Stellung, welche auf größere Entfernungen kein
Ziel mehr bietet, muß überall die normale werden. Compagniecolonnen sind die
größten Massen, die möglich bleiben, und auch sie nur, wenn sie-> zu einem
augenblicklichen Bedürfnisse des Angriffs oder der Vertheidigung gegen Kaval¬
lerie nöthig scheinen. Das Feuer ist künftig viel mehr als sonst auch die wehend-


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[0213] niederen Graden einige geringere Elemente aufnehmen und bald mit sich zu derselben edlen Masse verarbeiten könnte und würde. Aus die höhern Grade hätte es ja gar keine Einwirkung, sie würden wie bisher aus denselben Ele¬ menten ergänzt, die so wichtige höhere Führung bliebe in denselben Händen wie bisher, und was die niedere angeht, so sind wir der festen Ueberzeugung, daß sie durch tüchtige zum Offizier avancirte Wachtmeister und Feldwebel besser ver¬ sorgt wäre, als es mit den ganz jungen Offizieren jetziger Art, denen sie noth¬ wendig zufällt, der Fall sein kann. Ja wir sind von dieser Wahrheit so durchdrungen, daß. wenn die Bedenklichkeiten gegen den vielbesprochenen Vor¬ schlag nicht zu überwinden wären, wir es vorziehen würden, den Compagnien und Escadrons nur 3 Offiziere, aber zugleich 3 Feldwebel und Wachtmeister mit 300 Thaler Gehalt zu geben, mit denselben Pensionsbestimmungen wie bei den Offizieren. Der Zweck würde so wenigstens theilweise auch erreicht, und es wäre eine solche Einrichtung vielleicht ein guter Uebergang zu dem allein Richtigen. Daß aus dieser Klasse von Offizieren vorzugsweise die Admi¬ nistration der Armee hervorgehen könnte, ist ebenfalls ein ganz richtiger Ge¬ danke. Man kann nicht leicht zu viel dafür thun, der Armee ein tüchtiges Unteroffizierscorps zu sichern, und wir möchten'auch deshalb hier noch ein¬ mal auf einen schon früher gemachten Vorschlag zurückkommen, die Vortheile des Einsteher-Systems sich dadurch zu erwerben, daß man den Unteroffizieren für jedes Jahr, welches sie über zehn Jahre hinaus dienen, neben ihren An¬ sprüchen auf eine Anstellung im Civildicnst noch eine bestimmte Summe zu¬ sichert. Die Aussicht, nach einer 25 jährigen Dienstzeit, also im Alter von 45 Jahren, etwa 1000 Thaler zu bekommen, würde tüchtige und ordentliche Leute festhalten. Nach zehn Jahren würde ein solches System dem Staate etwa jährlich eine halbe Million kosten, gewiß wenig sür einen solchen Zweck. Bei der großen Sachkenntniß, welche der Verfasser unseres Artikels über¬ all durchblicken läßt, verwundert mich nchts so sehr, als daß er sich nicht gegen die dreigliederige Stellung und was damit zusammenhängt gegen die Ba- taillons-Stürke von 1000 Mann erklärt, seiner ganzen Berechnung wenigstens liegt sie zu Grunde. Bei der so unglaublich erhöhten Wirkung der Feuer¬ waffe ist wol nichts so entschieden, als daß jede Art von tiefer Schlachtordnung, welche auf den Stoß berechnet ist, völlig unpraktisch geworden ist: je größer die Masse, je mehr ist das der Fall. Die russischen Massen von Inkermann und von der Traktirbrücke können davon erzählen. Schon Vataillonsmassen sind zu große Körper, die dünne Stellung, welche auf größere Entfernungen kein Ziel mehr bietet, muß überall die normale werden. Compagniecolonnen sind die größten Massen, die möglich bleiben, und auch sie nur, wenn sie-> zu einem augenblicklichen Bedürfnisse des Angriffs oder der Vertheidigung gegen Kaval¬ lerie nöthig scheinen. Das Feuer ist künftig viel mehr als sonst auch die wehend- 26*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/213>, abgerufen am 26.05.2024.