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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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zu seinen Gunsten sagen kann, ist, daß ein kair tris.1, ob denn'.das Wort des
Kaisers und der Vernunft so wenige Anhänger in Tirol zähle, als jene immer
Getreuen sagen, dem einen eben so gut erlaubt sein möchte, als dem andern.

Der Erfolg überstieg nach beiden Seiten jede Erwartung. Das katho¬
lische Organ unserer Apostel der Christenliebe. die "Tiroler Stimmen", ließ
die Bauern mit "Knütteln" drohen, und verglich das Best von 30 Vereins¬
thalern mit den 30 Silberlingeu, um die Judas seinen Herrn und Meister
verkauft, die frommen Geistlichen und ihre hochadelichen Glöckner liefen zu
Berg und Thal, um die Bauern von dem lutherischen Feste abzuhalten, wo¬
bei sie ihren "Glauben verschossen". Ein achtzigjähriger Canonicus in Buxen
Franz Hirn, der schon im Jahre 1796 an ernem Schützenzuge gegen den
Feind Theil genommen, erhielt die Mission, eine Predigt sür alle Schützen im
ganzen Lande zu halten, die man jedem derselben gedruckt ins Haus sandte.
"Habt acht!" hieß es daselbst. "Es ist unterm 2. d. M. (October) vom
löblichen k. k. Kreishauptschießstand Bozen das Ladschreibcn zu einem vom
10. bis 14. November d. I. stattfindenden Freischiehen veröffentlicht worden.
Die darin ausgesprochene Absicht des Bcstgebers. Herrn Bürgermeisters
Dr. Streiter, gibt sich klar mit folgenden Worten zu erkennen. (Folgt die
oben angeführte Widmung.) Es ist also darauf abgesehen, ein glänzendes
Lichtfest zu feiern. Es gibt ein "wahres" und ein "Irrlicht". Jenes ist Jesus
Christus unser Herr, der gesprochen hat: Ich bin das Licht der Welt, wer
mir nachfolgt, der wandelt nicht in der Finsterniß, sondern wird das Licht
des Lebens haben. Joh. 8. 12. Dies Licht leuchtet schon seit fast 1900
Jahren in der si. katholischen Kirche, deren Glieder auch wir zu sein das
Glück haben und immer zu bewahren streben. Das Sinnbild dieses göttlichen
Lichtes ist eine heilige Flamme, welche in jeder katholischen Kirche Tag und
Nacht vor dem Tabernakel des Allerheiligsten unterhalten werden muß. Dieses
Licht leuchtet in. keinem der protestantischen Tempel, denn Luther, Calvin,
Zwingli und die übrigen Urheber des Protestantismus haben dasselbe mit
der Verleugnung des Glaubens an das si. Altarssacrament ausgelöscht. Der
Protestantismus hat also das wahre Licht verloren, und schwindelt herum
im Irrlicht. Welchem Lichte, dem wahren katholischen oder dem irreführen¬
der protestantischen gilt nun der Jubel. zu dem die Schützen Tirols
und Voralbergs der Einladung des Ladschreibcns gemäß in Bozen vom
10. bis 14. k. M. sich einfinden sollen, um die Wonne des Herrn Bürger-
Meisters mit zu feiern? Er sclost gibt auf diese wichtige Frage die bestimmte
Antwort, da er sagt: "Licht ist die Himmelstochter, welche das edle
Herz unsers Kaisers vermochte uns das Patent" (d. i. das Protestan-
tenpatent) ..vom 8. April d, I. zu geben." Es soll also dieses Patent das
Mittel zur Verbreitung des protestantischen Irrlichtes sein, das jedem


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zu seinen Gunsten sagen kann, ist, daß ein kair tris.1, ob denn'.das Wort des
Kaisers und der Vernunft so wenige Anhänger in Tirol zähle, als jene immer
Getreuen sagen, dem einen eben so gut erlaubt sein möchte, als dem andern.

Der Erfolg überstieg nach beiden Seiten jede Erwartung. Das katho¬
lische Organ unserer Apostel der Christenliebe. die „Tiroler Stimmen", ließ
die Bauern mit „Knütteln" drohen, und verglich das Best von 30 Vereins¬
thalern mit den 30 Silberlingeu, um die Judas seinen Herrn und Meister
verkauft, die frommen Geistlichen und ihre hochadelichen Glöckner liefen zu
Berg und Thal, um die Bauern von dem lutherischen Feste abzuhalten, wo¬
bei sie ihren „Glauben verschossen". Ein achtzigjähriger Canonicus in Buxen
Franz Hirn, der schon im Jahre 1796 an ernem Schützenzuge gegen den
Feind Theil genommen, erhielt die Mission, eine Predigt sür alle Schützen im
ganzen Lande zu halten, die man jedem derselben gedruckt ins Haus sandte.
„Habt acht!" hieß es daselbst. „Es ist unterm 2. d. M. (October) vom
löblichen k. k. Kreishauptschießstand Bozen das Ladschreibcn zu einem vom
10. bis 14. November d. I. stattfindenden Freischiehen veröffentlicht worden.
Die darin ausgesprochene Absicht des Bcstgebers. Herrn Bürgermeisters
Dr. Streiter, gibt sich klar mit folgenden Worten zu erkennen. (Folgt die
oben angeführte Widmung.) Es ist also darauf abgesehen, ein glänzendes
Lichtfest zu feiern. Es gibt ein „wahres" und ein „Irrlicht". Jenes ist Jesus
Christus unser Herr, der gesprochen hat: Ich bin das Licht der Welt, wer
mir nachfolgt, der wandelt nicht in der Finsterniß, sondern wird das Licht
des Lebens haben. Joh. 8. 12. Dies Licht leuchtet schon seit fast 1900
Jahren in der si. katholischen Kirche, deren Glieder auch wir zu sein das
Glück haben und immer zu bewahren streben. Das Sinnbild dieses göttlichen
Lichtes ist eine heilige Flamme, welche in jeder katholischen Kirche Tag und
Nacht vor dem Tabernakel des Allerheiligsten unterhalten werden muß. Dieses
Licht leuchtet in. keinem der protestantischen Tempel, denn Luther, Calvin,
Zwingli und die übrigen Urheber des Protestantismus haben dasselbe mit
der Verleugnung des Glaubens an das si. Altarssacrament ausgelöscht. Der
Protestantismus hat also das wahre Licht verloren, und schwindelt herum
im Irrlicht. Welchem Lichte, dem wahren katholischen oder dem irreführen¬
der protestantischen gilt nun der Jubel. zu dem die Schützen Tirols
und Voralbergs der Einladung des Ladschreibcns gemäß in Bozen vom
10. bis 14. k. M. sich einfinden sollen, um die Wonne des Herrn Bürger-
Meisters mit zu feiern? Er sclost gibt auf diese wichtige Frage die bestimmte
Antwort, da er sagt: „Licht ist die Himmelstochter, welche das edle
Herz unsers Kaisers vermochte uns das Patent" (d. i. das Protestan-
tenpatent) ..vom 8. April d, I. zu geben." Es soll also dieses Patent das
Mittel zur Verbreitung des protestantischen Irrlichtes sein, das jedem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/147>, abgerufen am 27.05.2024.