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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Auswahl zu Tage gekommen. Beachtenswert!) ist der Beilstein, dessen Vor¬
kommen in europäischen Gegenden bis jetzt noch nicht nachgewiesen ist; er
findet sich nur in Asien und Aegypten und kann nur durch Handelsverbin¬
dungen in diese entlegenen Gegenden gelangt sein. An den aufbewahrten
Exemplaren läßt sich seine Bearbeitung zu Beilen und Meiseln deutlich er¬
kennen. Eine ganze Musterkarte in allen Stufen der Bollendung, vom rohen
Gestein an bis zum scharfgeschliffenen, fertigen Beile und in allen Graden der
Abnutzung liegt dem Auge des Beschauers vor. Neben Beilen und Meiseln
gab es noch Steinhämmer, Schleudersteine, Schleifsteine. Kornquetscher, Reib-
und Mahlsteine. Feuerherdplatten, zu denen das Gestein der Umgegend eben,
falls den Stoff geliefert hat. Auch Feuersteingeräthe, Pfeilspitzen, Sägen
und Messer sind hier und da. obwohl vereinzelt, entdeckt worden. Die kleinern
Knochen der Thiere benutzte man zu kleinen, meiselartig zugeschliffenen In¬
strumenten, zu Pfeilspitzen. Pfeifen, Stricknadeln. Haarnadeln. Kleidernadeln
und allerlei kleinen Stechwerkzeugen; die größern Thierknochen dagegen, die
Rippen und Tchienbeinknochen der Rehe und Hirsche, die Ellnbogenknochen ver¬
schiedener Wiederkäuer, die Geweihe der Hirsche, Rehe und Dammhirsche, zu
Schäften und Handhaben für Waffen und Werkzeuge, zu Hämmern, Schlegeln,
Harpunen und andern Stechwerkzeugen; die Zähne der Eber zu Kerbe- und
Schneideinstrumenten, die Felle und das Leder damit zu schneiden; Bauen- und
Wolfszähne wurden durchbohrt als Schmucksachen und Amulette getragen.
Von Thonfabrikaten hat man theils vollständig und wohlerhalten, theils in
Bruchstücken und Scherben allerlei Geschirr zum Kochen, zur Aufbewahrung
von Speisen und Lebensmitteln, zum Gebrauch beim Essen und Trinken auf¬
gehoben: große und kleine Töpfe, Schüsseln. Schaalen, Teller. Näpfe, Becher
und Trichter; auch Ringe aus Thon, deren Gebrauch nicht bekannt ist. und
größere und kleinere Spmnwirtel liegen in reicher Fülle vor. Dies ganze Haus¬
und Küchengeräth. in Bezug auf Stoff, Form und Fabrikation dem Geschirre
aus den alten Gräbern sehr ähnlich, ist ohne Drehscheibe aus rohem, mit
Quarz, kleinen Muschelstückchen und Kohlenstaub untermischten Thon gefertigt,
nicht im Brennofen, sondern am offenen Feuer gehärtet, nur sparsam verziert
und an der Außenseite zuweilen mit Graphit polirt.

Diese Fundstücke aus Stein. Bein und Thon, der ältesten Zeit angehörig,
lagen häuptsächlich in den Culturschichten der östlich gelegenen Stationen be¬
graben; in den westlichen fanden sich in bunter Mischung neben diesem un¬
vollkommenen Geräth und Material vorherrschend die Erzeugnisse der Bronze¬
zeit, hin und wieder auch der Eisenzeit. Die Geräthschaften aus diesen
Stoffen sind höchst mannigfaltig, jeglichem Lebensbedürfnisse dienend und für
Krieg und Frieden berechnet; in ihrer Menge und Gestaltung so wie in den
übrigen gleichzeitigen Jndustrieproducten offenbart sich schon ein Erfinduugs-


Auswahl zu Tage gekommen. Beachtenswert!) ist der Beilstein, dessen Vor¬
kommen in europäischen Gegenden bis jetzt noch nicht nachgewiesen ist; er
findet sich nur in Asien und Aegypten und kann nur durch Handelsverbin¬
dungen in diese entlegenen Gegenden gelangt sein. An den aufbewahrten
Exemplaren läßt sich seine Bearbeitung zu Beilen und Meiseln deutlich er¬
kennen. Eine ganze Musterkarte in allen Stufen der Bollendung, vom rohen
Gestein an bis zum scharfgeschliffenen, fertigen Beile und in allen Graden der
Abnutzung liegt dem Auge des Beschauers vor. Neben Beilen und Meiseln
gab es noch Steinhämmer, Schleudersteine, Schleifsteine. Kornquetscher, Reib-
und Mahlsteine. Feuerherdplatten, zu denen das Gestein der Umgegend eben,
falls den Stoff geliefert hat. Auch Feuersteingeräthe, Pfeilspitzen, Sägen
und Messer sind hier und da. obwohl vereinzelt, entdeckt worden. Die kleinern
Knochen der Thiere benutzte man zu kleinen, meiselartig zugeschliffenen In¬
strumenten, zu Pfeilspitzen. Pfeifen, Stricknadeln. Haarnadeln. Kleidernadeln
und allerlei kleinen Stechwerkzeugen; die größern Thierknochen dagegen, die
Rippen und Tchienbeinknochen der Rehe und Hirsche, die Ellnbogenknochen ver¬
schiedener Wiederkäuer, die Geweihe der Hirsche, Rehe und Dammhirsche, zu
Schäften und Handhaben für Waffen und Werkzeuge, zu Hämmern, Schlegeln,
Harpunen und andern Stechwerkzeugen; die Zähne der Eber zu Kerbe- und
Schneideinstrumenten, die Felle und das Leder damit zu schneiden; Bauen- und
Wolfszähne wurden durchbohrt als Schmucksachen und Amulette getragen.
Von Thonfabrikaten hat man theils vollständig und wohlerhalten, theils in
Bruchstücken und Scherben allerlei Geschirr zum Kochen, zur Aufbewahrung
von Speisen und Lebensmitteln, zum Gebrauch beim Essen und Trinken auf¬
gehoben: große und kleine Töpfe, Schüsseln. Schaalen, Teller. Näpfe, Becher
und Trichter; auch Ringe aus Thon, deren Gebrauch nicht bekannt ist. und
größere und kleinere Spmnwirtel liegen in reicher Fülle vor. Dies ganze Haus¬
und Küchengeräth. in Bezug auf Stoff, Form und Fabrikation dem Geschirre
aus den alten Gräbern sehr ähnlich, ist ohne Drehscheibe aus rohem, mit
Quarz, kleinen Muschelstückchen und Kohlenstaub untermischten Thon gefertigt,
nicht im Brennofen, sondern am offenen Feuer gehärtet, nur sparsam verziert
und an der Außenseite zuweilen mit Graphit polirt.

Diese Fundstücke aus Stein. Bein und Thon, der ältesten Zeit angehörig,
lagen häuptsächlich in den Culturschichten der östlich gelegenen Stationen be¬
graben; in den westlichen fanden sich in bunter Mischung neben diesem un¬
vollkommenen Geräth und Material vorherrschend die Erzeugnisse der Bronze¬
zeit, hin und wieder auch der Eisenzeit. Die Geräthschaften aus diesen
Stoffen sind höchst mannigfaltig, jeglichem Lebensbedürfnisse dienend und für
Krieg und Frieden berechnet; in ihrer Menge und Gestaltung so wie in den
übrigen gleichzeitigen Jndustrieproducten offenbart sich schon ein Erfinduugs-


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[0231] Auswahl zu Tage gekommen. Beachtenswert!) ist der Beilstein, dessen Vor¬ kommen in europäischen Gegenden bis jetzt noch nicht nachgewiesen ist; er findet sich nur in Asien und Aegypten und kann nur durch Handelsverbin¬ dungen in diese entlegenen Gegenden gelangt sein. An den aufbewahrten Exemplaren läßt sich seine Bearbeitung zu Beilen und Meiseln deutlich er¬ kennen. Eine ganze Musterkarte in allen Stufen der Bollendung, vom rohen Gestein an bis zum scharfgeschliffenen, fertigen Beile und in allen Graden der Abnutzung liegt dem Auge des Beschauers vor. Neben Beilen und Meiseln gab es noch Steinhämmer, Schleudersteine, Schleifsteine. Kornquetscher, Reib- und Mahlsteine. Feuerherdplatten, zu denen das Gestein der Umgegend eben, falls den Stoff geliefert hat. Auch Feuersteingeräthe, Pfeilspitzen, Sägen und Messer sind hier und da. obwohl vereinzelt, entdeckt worden. Die kleinern Knochen der Thiere benutzte man zu kleinen, meiselartig zugeschliffenen In¬ strumenten, zu Pfeilspitzen. Pfeifen, Stricknadeln. Haarnadeln. Kleidernadeln und allerlei kleinen Stechwerkzeugen; die größern Thierknochen dagegen, die Rippen und Tchienbeinknochen der Rehe und Hirsche, die Ellnbogenknochen ver¬ schiedener Wiederkäuer, die Geweihe der Hirsche, Rehe und Dammhirsche, zu Schäften und Handhaben für Waffen und Werkzeuge, zu Hämmern, Schlegeln, Harpunen und andern Stechwerkzeugen; die Zähne der Eber zu Kerbe- und Schneideinstrumenten, die Felle und das Leder damit zu schneiden; Bauen- und Wolfszähne wurden durchbohrt als Schmucksachen und Amulette getragen. Von Thonfabrikaten hat man theils vollständig und wohlerhalten, theils in Bruchstücken und Scherben allerlei Geschirr zum Kochen, zur Aufbewahrung von Speisen und Lebensmitteln, zum Gebrauch beim Essen und Trinken auf¬ gehoben: große und kleine Töpfe, Schüsseln. Schaalen, Teller. Näpfe, Becher und Trichter; auch Ringe aus Thon, deren Gebrauch nicht bekannt ist. und größere und kleinere Spmnwirtel liegen in reicher Fülle vor. Dies ganze Haus¬ und Küchengeräth. in Bezug auf Stoff, Form und Fabrikation dem Geschirre aus den alten Gräbern sehr ähnlich, ist ohne Drehscheibe aus rohem, mit Quarz, kleinen Muschelstückchen und Kohlenstaub untermischten Thon gefertigt, nicht im Brennofen, sondern am offenen Feuer gehärtet, nur sparsam verziert und an der Außenseite zuweilen mit Graphit polirt. Diese Fundstücke aus Stein. Bein und Thon, der ältesten Zeit angehörig, lagen häuptsächlich in den Culturschichten der östlich gelegenen Stationen be¬ graben; in den westlichen fanden sich in bunter Mischung neben diesem un¬ vollkommenen Geräth und Material vorherrschend die Erzeugnisse der Bronze¬ zeit, hin und wieder auch der Eisenzeit. Die Geräthschaften aus diesen Stoffen sind höchst mannigfaltig, jeglichem Lebensbedürfnisse dienend und für Krieg und Frieden berechnet; in ihrer Menge und Gestaltung so wie in den übrigen gleichzeitigen Jndustrieproducten offenbart sich schon ein Erfinduugs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/231>, abgerufen am 28.05.2024.