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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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geben würde? Einige vermutheten es. andere waren der entgegengesetzten
Meinung. Der Hauptmann von Luck. ein sehr unterrichteter Offizier, sagte,
er glaube, daß heute etwas Entscheidendes geschehen würde. In dem Augen¬
blicke kam ein Füsilier Namens Kowalsky und brachte etwas Brot und Knack¬
wurst, die er aus einem Sacke nahm und den Offizieren und dem Hauptmann
davon anbot. Als dies theils angenommen, theils abgeschlagen und mock
darüber gesprochen wurde , wo er die Lebensmittel her habe, fuhren Kugeln
in das Feuer, im selben Moment dröhnte ein Kanonenschuß (dies waren kleine
Kartätschen) und bald nachher folgte Schuß auf Schuß. Alles wich zurück,
um sich in Reih und Glied zu stellen. Dies konnte nicht einmal ausgeführt
werden; denn Kanonenkugeln sausten in das Gehölz, große Aeste sielen von
den Bäumen, und Jeder suchte so schnell als möglich in entgegengesetzter Rich¬
tung das Wäldchen zu verlassen. Als dies auch mir gelungen war und ick
aufs freie Feld kam. verdeckte ein undurchdringlicher Nebel die Gegend, so
daß man nicht zehn Schritte weit sehen konnte. Ich hörte eine Stimme,
welche rief: "Füsiliere hierher, hierher Füsiliere!" Ich folgte dem Schalle und
erreichte einen Offizier, den Lieutenant von Rudorf von unserm Bataillon,
der sich bemühte, die Fliehenden zu sammeln. Da sank der 'Nebel, man
konnte um sich sehen, und ich befand mich beim Lieutenant von Rudorf, dem
es gelungen war, 60--80 Mann des zerstreuten Bataillons zu sammeln, wobei
ihn ein anderer Offizier, der Lieutenant von Gerresheun, unterstützte. Nach¬
dem die Leute geordnet waren, sahen wir vor uns auf einige Hunden Schritt
Entfernung eine lange Linie unserer Truppen aufmarschirt, wir gingen darauf
zu un fanden, daß es das Infanterie-Regiment von Grawert war. dieser
General, oder vielleicht der Fürst von Hohenlohe selbst ritt vor der Front hin
und her- Der Lieutenant von Nudorf girig an ihn heran und meldete ihnr. das
Bataillon habe auf Vorposten gestanden und sei auseinander gesprengt wor¬
den; er habe diese Leute gesammelt und bäte nun um Erlaubniß, sich dem
Regiment anschließen zu dürfen. Dies wurde gewährt und ihm befohlen, sich
auf dem linken Flügel der Truppe aufzustellen.

Kaum hatten wir diesen Posten eingenommen, so wurde mit der ganzen
mir nach rechts unabsehbar scheinenden Linie avancirt. Wir waren ungefähr
200 Schritt vorgerückt, als Halt gemacht wurde und das Pelotonfeuer be¬
gann, begleitet von den Schüssen der Regimentskanonen, die in den
Zwischenräumen der Bataillone standen. Das Feuer war sehr ruhig, dauerte
eine ganze Weile, und ich vernahm deutlich das Commando der zugsührenden
Offiziere. Dann wurde es plötzlich still, und ich hörte einen vorüberreitenden
Offizier sagen: "der Fürst will jetzt mit der CavaUerie den Feind zu werfen
suchen." Mit einem Male kam hinter uns eine Menge Reiterei angetrabt,
welche durch die Lücken der Bataillone ging und sich vor der Front zum An-


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geben würde? Einige vermutheten es. andere waren der entgegengesetzten
Meinung. Der Hauptmann von Luck. ein sehr unterrichteter Offizier, sagte,
er glaube, daß heute etwas Entscheidendes geschehen würde. In dem Augen¬
blicke kam ein Füsilier Namens Kowalsky und brachte etwas Brot und Knack¬
wurst, die er aus einem Sacke nahm und den Offizieren und dem Hauptmann
davon anbot. Als dies theils angenommen, theils abgeschlagen und mock
darüber gesprochen wurde , wo er die Lebensmittel her habe, fuhren Kugeln
in das Feuer, im selben Moment dröhnte ein Kanonenschuß (dies waren kleine
Kartätschen) und bald nachher folgte Schuß auf Schuß. Alles wich zurück,
um sich in Reih und Glied zu stellen. Dies konnte nicht einmal ausgeführt
werden; denn Kanonenkugeln sausten in das Gehölz, große Aeste sielen von
den Bäumen, und Jeder suchte so schnell als möglich in entgegengesetzter Rich¬
tung das Wäldchen zu verlassen. Als dies auch mir gelungen war und ick
aufs freie Feld kam. verdeckte ein undurchdringlicher Nebel die Gegend, so
daß man nicht zehn Schritte weit sehen konnte. Ich hörte eine Stimme,
welche rief: „Füsiliere hierher, hierher Füsiliere!" Ich folgte dem Schalle und
erreichte einen Offizier, den Lieutenant von Rudorf von unserm Bataillon,
der sich bemühte, die Fliehenden zu sammeln. Da sank der 'Nebel, man
konnte um sich sehen, und ich befand mich beim Lieutenant von Rudorf, dem
es gelungen war, 60—80 Mann des zerstreuten Bataillons zu sammeln, wobei
ihn ein anderer Offizier, der Lieutenant von Gerresheun, unterstützte. Nach¬
dem die Leute geordnet waren, sahen wir vor uns auf einige Hunden Schritt
Entfernung eine lange Linie unserer Truppen aufmarschirt, wir gingen darauf
zu un fanden, daß es das Infanterie-Regiment von Grawert war. dieser
General, oder vielleicht der Fürst von Hohenlohe selbst ritt vor der Front hin
und her- Der Lieutenant von Nudorf girig an ihn heran und meldete ihnr. das
Bataillon habe auf Vorposten gestanden und sei auseinander gesprengt wor¬
den; er habe diese Leute gesammelt und bäte nun um Erlaubniß, sich dem
Regiment anschließen zu dürfen. Dies wurde gewährt und ihm befohlen, sich
auf dem linken Flügel der Truppe aufzustellen.

Kaum hatten wir diesen Posten eingenommen, so wurde mit der ganzen
mir nach rechts unabsehbar scheinenden Linie avancirt. Wir waren ungefähr
200 Schritt vorgerückt, als Halt gemacht wurde und das Pelotonfeuer be¬
gann, begleitet von den Schüssen der Regimentskanonen, die in den
Zwischenräumen der Bataillone standen. Das Feuer war sehr ruhig, dauerte
eine ganze Weile, und ich vernahm deutlich das Commando der zugsührenden
Offiziere. Dann wurde es plötzlich still, und ich hörte einen vorüberreitenden
Offizier sagen: „der Fürst will jetzt mit der CavaUerie den Feind zu werfen
suchen." Mit einem Male kam hinter uns eine Menge Reiterei angetrabt,
welche durch die Lücken der Bataillone ging und sich vor der Front zum An-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/34>, abgerufen am 13.05.2024.