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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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von ihnen sind altgediente Leute mit den Medaillen der afrikanischen, russi¬
schen und italienischen Feldzüge. Die Sappeurs mit ihren ungeheueren Bären¬
mützen, den großen Meißen Schurzfellen und blanken Aexten sehen gut aus.
Der Tambourmajor ist mit Goldrressen und bunten Federn wie ein Bajazzo
aufgeputzt. Hinter der Musik stehen die Marketenderinnen, die aus dem Bilde
recht graziös anzuschauen sind, in Wirklichkeit aber einen widerlichen Anblick
gewähren; die meisten von ihnen haben manchen Sturm erlebt und sind über
die Jahre der Versuchung schon lange hinaus.

General Goyon kommt mit glänzender Suite vom Thore daher; voraus
zwei Husaren mit aufgesetztem Carabiner, hinter der Suite ein Trupp Husaren
mit der rothen Flagge, welche den commandirenden General anzeigt. Goyon
sieht militärisch aus und sitzt gut zu Pferde, obgleich er vor einem halben Jahr
herulucrsiel und ein Bein, brach; der Großcordon der Ehrenlegion, die goldene
Stickerei seines Fracks, die weißen engen Beinkleider und hohen glänzenden
Retterstiefet stehen ihm gut; das Zaumzeug seines Pferdes ist nut Goldborten
besetzt, Sattel und Schabracke mit rothem Sammet überzogen und reich mit
Gold 'gestickt. Die Musikbanden stummen das "Miwut pour ig, L^rio" an,
die Truppen präscnuren, und Goyon lüftet, langsam an der Front entlang
reitend, vor jedem Adler sehr graziös den Hut, eine Ehre, die auch jedem
der mit Damen besetzten Wagen widerfährt. Von den Offizieren im Ge¬
folge rauchen einige; ihnen folgen eine Menge Equipagen, Retter und
Reiterinnen, auch läuft das Publicum ungehindert zwischen den Truppe"
umher. Der König von Neapel, Graf Trapani und General Bosco stehen
bescheiden in der Ferne.

Nachdem Goyon seinen Umritt beendigt, rücken die Truppen zu einem
großen Quarre um die Arena zusammen. Goyon hält mit weittönender Stimme
eine Anrede, worin er mittheilt, daß der Kaiser drei Offizieren der Division
das Kreuz der Ehrenlegion verliehen habe. Die drei Offiziere treten vor;
Goyon und sein Stab steigen vom Pferde; er spricht den Eid der Ehrenlegions¬
ritter, die drei Offiziere schwören den Eid, Goyon schlägt sie mit seinem Degen
zu Rittern und heftet das Kreuz auf ihre Brust, die Fahnen neigen sich, die
Musikbanden spielen einen kriegerischen Marsch. Alsdann defiliren die Truppen
vor den Ncudecorirten vorüber. Aus der Piazza del Popolo versammeln sich
die Truppen, bevor sie in ihre Quartiere abrücken, um den heimkehrenden
Generalen einen Abschiedsgruß zu geben.

Uebrigens scheint das Kreuz nach sehr liberalen Principien verliehen zu
werden und wie die Epaulets zur Ofsiziercharge zu gehören.

Laß uns andere Scenen aufsuchen. Wir wandeln hinüber auf das linke
Tiberufer. Wie die Gegend südlich des Forums die untergegangene altrömische
Herrlichkeit, so zeigt Trastevere die verschwundene Pracht der Zeiten eines Rq-


von ihnen sind altgediente Leute mit den Medaillen der afrikanischen, russi¬
schen und italienischen Feldzüge. Die Sappeurs mit ihren ungeheueren Bären¬
mützen, den großen Meißen Schurzfellen und blanken Aexten sehen gut aus.
Der Tambourmajor ist mit Goldrressen und bunten Federn wie ein Bajazzo
aufgeputzt. Hinter der Musik stehen die Marketenderinnen, die aus dem Bilde
recht graziös anzuschauen sind, in Wirklichkeit aber einen widerlichen Anblick
gewähren; die meisten von ihnen haben manchen Sturm erlebt und sind über
die Jahre der Versuchung schon lange hinaus.

General Goyon kommt mit glänzender Suite vom Thore daher; voraus
zwei Husaren mit aufgesetztem Carabiner, hinter der Suite ein Trupp Husaren
mit der rothen Flagge, welche den commandirenden General anzeigt. Goyon
sieht militärisch aus und sitzt gut zu Pferde, obgleich er vor einem halben Jahr
herulucrsiel und ein Bein, brach; der Großcordon der Ehrenlegion, die goldene
Stickerei seines Fracks, die weißen engen Beinkleider und hohen glänzenden
Retterstiefet stehen ihm gut; das Zaumzeug seines Pferdes ist nut Goldborten
besetzt, Sattel und Schabracke mit rothem Sammet überzogen und reich mit
Gold 'gestickt. Die Musikbanden stummen das „Miwut pour ig, L^rio" an,
die Truppen präscnuren, und Goyon lüftet, langsam an der Front entlang
reitend, vor jedem Adler sehr graziös den Hut, eine Ehre, die auch jedem
der mit Damen besetzten Wagen widerfährt. Von den Offizieren im Ge¬
folge rauchen einige; ihnen folgen eine Menge Equipagen, Retter und
Reiterinnen, auch läuft das Publicum ungehindert zwischen den Truppe»
umher. Der König von Neapel, Graf Trapani und General Bosco stehen
bescheiden in der Ferne.

Nachdem Goyon seinen Umritt beendigt, rücken die Truppen zu einem
großen Quarre um die Arena zusammen. Goyon hält mit weittönender Stimme
eine Anrede, worin er mittheilt, daß der Kaiser drei Offizieren der Division
das Kreuz der Ehrenlegion verliehen habe. Die drei Offiziere treten vor;
Goyon und sein Stab steigen vom Pferde; er spricht den Eid der Ehrenlegions¬
ritter, die drei Offiziere schwören den Eid, Goyon schlägt sie mit seinem Degen
zu Rittern und heftet das Kreuz auf ihre Brust, die Fahnen neigen sich, die
Musikbanden spielen einen kriegerischen Marsch. Alsdann defiliren die Truppen
vor den Ncudecorirten vorüber. Aus der Piazza del Popolo versammeln sich
die Truppen, bevor sie in ihre Quartiere abrücken, um den heimkehrenden
Generalen einen Abschiedsgruß zu geben.

Uebrigens scheint das Kreuz nach sehr liberalen Principien verliehen zu
werden und wie die Epaulets zur Ofsiziercharge zu gehören.

Laß uns andere Scenen aufsuchen. Wir wandeln hinüber auf das linke
Tiberufer. Wie die Gegend südlich des Forums die untergegangene altrömische
Herrlichkeit, so zeigt Trastevere die verschwundene Pracht der Zeiten eines Rq-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/21>, abgerufen am 14.05.2024.