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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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ausgeschlossen, und die Spartaner, die ihre Rosse nach Olympia geschickt hatten,
sahen sich genöthigt, dieselben unter fremden Namen rennen zu lassen.

War nun die Einladung zum Feste officiell erfolgt, so meldeten sich zunächst
die activen Theilnehmer bei dem elischcn Festcomite an, dem es oblag, ein genaues
Programm der Spiele aufzustellen, in welches der Name, die Herkunft, das Vater¬
land, die Kampfart jedes Agoniste" eingetragen werden mußte. Dann wurden
die Angemeldeten nach Elis citirt, wo die Hellanodiken einen Monat lang in dem
dortigen Gymnasium ihre Kampffähigkeit untersuchten, sie nach dem Alterund
nach der Geübtheit zusammenstellten und jedenfalls Manchen als unbrauchbar
zurückwiesen. namhaften und bereits siegreich bestandenen Athleten scheint man
jedoch diese Probe erlassen zu haben, durch welche die Behörde nur jede Täuschung
der Zuschauer vermeiden wollte. Auch die jungen Pferde prüfte man zuvor,
sowie die Knaben, die von ihren nächsten Perwandten oder Lehrern begleitet
anlangten. Vor allen Dingen aber mußten alle sich Beteiligenden vor der
Statue des eidschirmenden Zeus im Rathhause zu Olympia schwören, daß sie
noch keine frevelhafte oder ehrlose That begangen hätten, daß sie nicht gegen
die Gesetze der Wettkämpfe verstoßen wollten, daß sie sich mindestens zehn
Monate lang auf die abzulegenden Proben ihrer Geschicklichkeit vorbereitet hät¬
ten, und daß sie freie Hellenen, keine Barbaren oder Sklaven wären. Als
daher der macedonische König Alexander der Erste (er regierte bis 454 v. Chr.)
als Wettläufer aufgetreten war, protestirten die Mitstreiter gegen ihn, als
einen Barbaren, bis er seinen Stammbaum auf Argos zurückführte. Bei der
Verbannung der Mörder machte das Gesetz zugleich die Ausschließung von den
Bundesheiligthümern und den Nationalfesten namhaft, "weil die Wettkämpfe",
wie Demosthenes sagt, "Allen gemeinschaftlich angehören sollen, so daß dann,
sofern Alle dabei Zutritt haben, auch der Ermordete dazu befähigt gewesen
wäre; darum soll sich auch der Mörder fern davon halten." Aber auch die
Prüfenden leisteten-einen Eid, daß sie unbestechlich und gerecht urtheilen und
über die besonderen Umstände der Zurückgewiesenen Stillschweigen beobachten
wollten. Nach Vollendung dieser Vorbereitungen wurden die Agonisten wieder
entlassen und ihnen eine bestimmte Frist gesetzt, bis zu der sie bei Strafe der
Ausschließung in Olympia eintreffen mußten. Wie Pausanias erzählt, ent¬
schuldigte sich einst der Alexandriner Apollonios wegen seines Zuspätkommens
damit, daß er im Archipel durch widrige Winde aufgehalten worden wäre.
Man wies ihm aber nach, daß er nur zuvor andere Kampfspiele in Kleinasien
hatte mitmachen wollen, und er wurde nicht zugelassen.

Rückte endlich die Festfeier näher und war der heilige Monat selbst angebrochen,
so machten sich auch die Zuschauer auf den Weg und zwar bereits von 600 v. Chr.
an nicht nur aus dem eigentlichen Hellas, sondern auch aus Kleinasien, Sicilien
und Großgriechenland. Auch von Seiten der Staaten wurden Festdeputationen,


ausgeschlossen, und die Spartaner, die ihre Rosse nach Olympia geschickt hatten,
sahen sich genöthigt, dieselben unter fremden Namen rennen zu lassen.

War nun die Einladung zum Feste officiell erfolgt, so meldeten sich zunächst
die activen Theilnehmer bei dem elischcn Festcomite an, dem es oblag, ein genaues
Programm der Spiele aufzustellen, in welches der Name, die Herkunft, das Vater¬
land, die Kampfart jedes Agoniste» eingetragen werden mußte. Dann wurden
die Angemeldeten nach Elis citirt, wo die Hellanodiken einen Monat lang in dem
dortigen Gymnasium ihre Kampffähigkeit untersuchten, sie nach dem Alterund
nach der Geübtheit zusammenstellten und jedenfalls Manchen als unbrauchbar
zurückwiesen. namhaften und bereits siegreich bestandenen Athleten scheint man
jedoch diese Probe erlassen zu haben, durch welche die Behörde nur jede Täuschung
der Zuschauer vermeiden wollte. Auch die jungen Pferde prüfte man zuvor,
sowie die Knaben, die von ihren nächsten Perwandten oder Lehrern begleitet
anlangten. Vor allen Dingen aber mußten alle sich Beteiligenden vor der
Statue des eidschirmenden Zeus im Rathhause zu Olympia schwören, daß sie
noch keine frevelhafte oder ehrlose That begangen hätten, daß sie nicht gegen
die Gesetze der Wettkämpfe verstoßen wollten, daß sie sich mindestens zehn
Monate lang auf die abzulegenden Proben ihrer Geschicklichkeit vorbereitet hät¬
ten, und daß sie freie Hellenen, keine Barbaren oder Sklaven wären. Als
daher der macedonische König Alexander der Erste (er regierte bis 454 v. Chr.)
als Wettläufer aufgetreten war, protestirten die Mitstreiter gegen ihn, als
einen Barbaren, bis er seinen Stammbaum auf Argos zurückführte. Bei der
Verbannung der Mörder machte das Gesetz zugleich die Ausschließung von den
Bundesheiligthümern und den Nationalfesten namhaft, „weil die Wettkämpfe",
wie Demosthenes sagt, „Allen gemeinschaftlich angehören sollen, so daß dann,
sofern Alle dabei Zutritt haben, auch der Ermordete dazu befähigt gewesen
wäre; darum soll sich auch der Mörder fern davon halten." Aber auch die
Prüfenden leisteten-einen Eid, daß sie unbestechlich und gerecht urtheilen und
über die besonderen Umstände der Zurückgewiesenen Stillschweigen beobachten
wollten. Nach Vollendung dieser Vorbereitungen wurden die Agonisten wieder
entlassen und ihnen eine bestimmte Frist gesetzt, bis zu der sie bei Strafe der
Ausschließung in Olympia eintreffen mußten. Wie Pausanias erzählt, ent¬
schuldigte sich einst der Alexandriner Apollonios wegen seines Zuspätkommens
damit, daß er im Archipel durch widrige Winde aufgehalten worden wäre.
Man wies ihm aber nach, daß er nur zuvor andere Kampfspiele in Kleinasien
hatte mitmachen wollen, und er wurde nicht zugelassen.

Rückte endlich die Festfeier näher und war der heilige Monat selbst angebrochen,
so machten sich auch die Zuschauer auf den Weg und zwar bereits von 600 v. Chr.
an nicht nur aus dem eigentlichen Hellas, sondern auch aus Kleinasien, Sicilien
und Großgriechenland. Auch von Seiten der Staaten wurden Festdeputationen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/92>, abgerufen am 31.05.2024.