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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Geschäften zu widmen und daß. wenn man die Belohnungen der Studien abschaffte,
dieselben selbst zu Grunde gehen winden, so bestimmte Klandius als Maximum
des Honorars die Summe von 10.000 Sestertien lSSO Thlr.) Noch einmal feste
der Senat bei Neros Regierungsantritte die alte Bestimmung wieder in Kraft.
Während Tacitus dies berichtet, liest man aber bei Sueton, daß Nero verordnet
habe, es sollten die Processirenden ihren Anwälten einen bestimmten und gerechten
Sold zahlen, dafür aber die Sporteln für die Bänke und Sine.vor Gericht weg¬
fallen. Wahrscheinlich änderte also eine spätere Cabinetsordre jene" ersten Be¬
schluß. Unter Trajan wurde die Summe bestätigt, aber fest gesetzt, daß das
Honorar nicht vor dem Processe ausgezahlt würde und daß nicht etwa ein- höheres
Honorar oder statt desselben ein Theil des Strcitobjects selbst ausbedungen würde.

Daß es aber auch damals noch Sachwalter gab. die umsonst dienten,
sieht man aus dem Beispiele des Plinius selbst, der von sich seinem Freunde
Valerian schreiben konnte: "Wie freue ich mich, daß ich mich bei Füh¬
rung von Processen nicht nur der Stipulationen, der Geschenke und Spen¬
den, sondern selbst der Angebinde enthalten habe, Freilich muß man das
Unsittliche nicht, weil es nicht erlaubt, sondern, weil es schändlich ist, meiden,
es ist aber doch angenehm, wenn man öffentlich etwas verbieten sieht, was
man sich selbst niemals erlaubt hat." Auch Alexander Severus besoldete
diejenigen Advocaten, von denen feststand, daß sie umsonst Processe führten.
Dagegen bekommen wir eine Vorstellung von der Unverschämtheit und Schänd¬
lichkeit anderer Anwälte zu Plinius Zeit, wenn wir seine Klagen über Re-
gulus lesen, der bei sehr geringen Gaben aus Armuth und Niedrigkeit zu
Reichthum und Macht gelangte, und der von einem Freunde des Plinius "der
nichtswürdigste aller Zwcifüßler" genannt wurde. Vellejus Bläsus, ein reicher
Consular, rang mit dem Tode und wollte sein Testament ändern. Regulus,
der auf das neue Testament hoffte, bat nun die Aerzte, dem Manne auf jede
Weise das Leben zu fristen. Als aber das Testament, wie er glaubte, mit
einem Legate zu seinen Gunsten, unterzeichnet war, wechselte er die Rolle
änderte die Sprache und sagte zu denselben Aerzten: Wie lange quält Ihr den
Armen? Was mißgönnt Ihr ihm einen sanften Tod, da Ihr ihm doch nicht das
Leben geben könnt? Bläsus starb und, als ob er Alles gehört hätte, vermachte
er dem Regulus nichts. Aurelia. eine vornehme Frau, hatte, um ihr Testament
zu machen, ihr schönstes Kleid angezogen. Als Regulus zum Unterzeichner
kam, sagte er: "Vermache mir dieses, ich bitte Dich." Aurclia glaubte, der
Mann scherze; jener besteht im Ernst darauf. Kurz, er zwingt die Frau, das
Testament zu öffnen und ihm die Kleider, die sie trug, zu vermachen; er gab
auf sie Acht, als sie schrieb, und sah hinein, ob sie es auch geschrieben! "Und
so erhält dieser Mensch," sagt Plinius zum Schluß, "Erbschaften, Vermächtnisse,
als ob er sie wirklich verdiente." Uebrigens werden die finanziellen Verhält-


Geschäften zu widmen und daß. wenn man die Belohnungen der Studien abschaffte,
dieselben selbst zu Grunde gehen winden, so bestimmte Klandius als Maximum
des Honorars die Summe von 10.000 Sestertien lSSO Thlr.) Noch einmal feste
der Senat bei Neros Regierungsantritte die alte Bestimmung wieder in Kraft.
Während Tacitus dies berichtet, liest man aber bei Sueton, daß Nero verordnet
habe, es sollten die Processirenden ihren Anwälten einen bestimmten und gerechten
Sold zahlen, dafür aber die Sporteln für die Bänke und Sine.vor Gericht weg¬
fallen. Wahrscheinlich änderte also eine spätere Cabinetsordre jene» ersten Be¬
schluß. Unter Trajan wurde die Summe bestätigt, aber fest gesetzt, daß das
Honorar nicht vor dem Processe ausgezahlt würde und daß nicht etwa ein- höheres
Honorar oder statt desselben ein Theil des Strcitobjects selbst ausbedungen würde.

Daß es aber auch damals noch Sachwalter gab. die umsonst dienten,
sieht man aus dem Beispiele des Plinius selbst, der von sich seinem Freunde
Valerian schreiben konnte: „Wie freue ich mich, daß ich mich bei Füh¬
rung von Processen nicht nur der Stipulationen, der Geschenke und Spen¬
den, sondern selbst der Angebinde enthalten habe, Freilich muß man das
Unsittliche nicht, weil es nicht erlaubt, sondern, weil es schändlich ist, meiden,
es ist aber doch angenehm, wenn man öffentlich etwas verbieten sieht, was
man sich selbst niemals erlaubt hat." Auch Alexander Severus besoldete
diejenigen Advocaten, von denen feststand, daß sie umsonst Processe führten.
Dagegen bekommen wir eine Vorstellung von der Unverschämtheit und Schänd¬
lichkeit anderer Anwälte zu Plinius Zeit, wenn wir seine Klagen über Re-
gulus lesen, der bei sehr geringen Gaben aus Armuth und Niedrigkeit zu
Reichthum und Macht gelangte, und der von einem Freunde des Plinius „der
nichtswürdigste aller Zwcifüßler" genannt wurde. Vellejus Bläsus, ein reicher
Consular, rang mit dem Tode und wollte sein Testament ändern. Regulus,
der auf das neue Testament hoffte, bat nun die Aerzte, dem Manne auf jede
Weise das Leben zu fristen. Als aber das Testament, wie er glaubte, mit
einem Legate zu seinen Gunsten, unterzeichnet war, wechselte er die Rolle
änderte die Sprache und sagte zu denselben Aerzten: Wie lange quält Ihr den
Armen? Was mißgönnt Ihr ihm einen sanften Tod, da Ihr ihm doch nicht das
Leben geben könnt? Bläsus starb und, als ob er Alles gehört hätte, vermachte
er dem Regulus nichts. Aurelia. eine vornehme Frau, hatte, um ihr Testament
zu machen, ihr schönstes Kleid angezogen. Als Regulus zum Unterzeichner
kam, sagte er: „Vermache mir dieses, ich bitte Dich." Aurclia glaubte, der
Mann scherze; jener besteht im Ernst darauf. Kurz, er zwingt die Frau, das
Testament zu öffnen und ihm die Kleider, die sie trug, zu vermachen; er gab
auf sie Acht, als sie schrieb, und sah hinein, ob sie es auch geschrieben! „Und
so erhält dieser Mensch," sagt Plinius zum Schluß, „Erbschaften, Vermächtnisse,
als ob er sie wirklich verdiente." Uebrigens werden die finanziellen Verhält-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/38>, abgerufen am 29.04.2024.