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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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die Bevölkerung derselben nach der letzten Zählung fast 3Vi-Mal so viel. Das
industrielle Leben der beiden Städte ist ein äußerst reges. Man hat 16 Brauereien,
mehre Schnupftabaksfabriken, Tuch-, Maschinen-, Glanzleder-, Klavierfabriken,
Gerbereien, Baumwollspinnereien und Färbereien. Sodann aber ist die ganze
Umgebung*) voll der mannigfachsten industriellen Etablissements. Ganz in der
Nähe von Saarbrücken befindet sich in dem Dorfe Rußhütte eine Nußsabrik von
Vopelius und Comp., in Se. Umnak eine Fabrik von Drahtstiften und Ketten,
endlich eine Fabrik von Panamahüten. Bei dem Halberge, links von Bahn¬
hofe, fesselt das siurmsche Eisenhüttenwerk mit seinen ausgedehnten Anlagen die
Aufmerksamkeit des Beschauers. Weiterhin trifft man an der bayerischen Grenze
den Nentrischer-Hammer. Dann ist noch zu erwähnen die Stahlfabrik Gaffon-
taine, welche einen starken Absatz nach Frankreich hat. Endlich gehört hierher
noch das große Werk der saarbrückner Eisenhüttengesellschast bei Burdach, wel¬
ches 14 große Dampfmaschinen von zusammen 768 Pferdekräften und gegen
1100 Arbeiter beschäftigt. Rauchende Essen, pochende Maschinen, schwerbeladene
Lastwagen und Wege von Kohlenstaub geschwärzt geben der ganzen Landschaft
ein eigenthümliches Gepräge. Ueberall gewahrt das Auge geschäftige Menschen,
hohe Schornsteine, Eisenhütten, aus denen Tag und Nacht die Flammen schlagen,
und rauchende Coaksösen. Von alle." diesen Erscheinungen gewerblicher Thätig¬
keit ist Saarbrücken und seine Nachbarstadt Se. Johann der Mittelpunkt. Läge es
nicht an der französischen Grenze, so würde sein Aufschwung noch bedeutender
sein. So schließt jene nach Westen das Terrain ab, während nach dem Groß-
herzogthum Luxemburg, nach den Saar- und Moselgegenden, der Eifel und dem
Hunsrück, der bayerischen Pfalz und dem Rheinthale die regsten Beziehungen
stattfinden.

Vor allem wichtig aber sind hier die eigentlichen Quellen dieses regen in¬
dustriellen Lebens: die gewaltigen Kohlenlager Saarbrückens, deren Zechenbahncn
von den verschiedensten Seiten her auf die Bahnhöfe der großen Schienenstraße zu¬
streben, und deren Product es ist, welches diese Essen rauchen, diese Blasebälge
athmen und diese zahllosen Räder und Rädchen sich drehen läßt.

Das Kohlenbassin von Saarbrücken liegt zwischen Saar, Blies und Nahe
und nimmt in elliptischer Form von Nordosten nach Südwesten eine Länge von
etwa 13 Meilen ein, während es durchschnittlich 4 Meilen breit ist. Die
Schichten der Kohlenformation bestehen aus Kohlensandstein, Schieferthon, 164
Steinkohlenlagern in einer Gesammtmächtigkeit von 338 Vs Fuß, Kaiksteinflötzcn
und einzelnen Einlagerungen von Thoneisenstein und körnigem Spatheisenstein.



") Vgl. Die Großindustrie Rheinlands und Westfalens, ihre Geographie, Geschichte, Pro.
duction und Statistik. Von v. Nicolaus Hocker. 1. Lieferung. Leipzig, Verlag von Quandt
und Händel. 18t>6, ein Werk, welches wir nach dem, was davon vorliegt, als ebenso ge¬
diegen wie schön ausgestattet, bestens empfehlen.

die Bevölkerung derselben nach der letzten Zählung fast 3Vi-Mal so viel. Das
industrielle Leben der beiden Städte ist ein äußerst reges. Man hat 16 Brauereien,
mehre Schnupftabaksfabriken, Tuch-, Maschinen-, Glanzleder-, Klavierfabriken,
Gerbereien, Baumwollspinnereien und Färbereien. Sodann aber ist die ganze
Umgebung*) voll der mannigfachsten industriellen Etablissements. Ganz in der
Nähe von Saarbrücken befindet sich in dem Dorfe Rußhütte eine Nußsabrik von
Vopelius und Comp., in Se. Umnak eine Fabrik von Drahtstiften und Ketten,
endlich eine Fabrik von Panamahüten. Bei dem Halberge, links von Bahn¬
hofe, fesselt das siurmsche Eisenhüttenwerk mit seinen ausgedehnten Anlagen die
Aufmerksamkeit des Beschauers. Weiterhin trifft man an der bayerischen Grenze
den Nentrischer-Hammer. Dann ist noch zu erwähnen die Stahlfabrik Gaffon-
taine, welche einen starken Absatz nach Frankreich hat. Endlich gehört hierher
noch das große Werk der saarbrückner Eisenhüttengesellschast bei Burdach, wel¬
ches 14 große Dampfmaschinen von zusammen 768 Pferdekräften und gegen
1100 Arbeiter beschäftigt. Rauchende Essen, pochende Maschinen, schwerbeladene
Lastwagen und Wege von Kohlenstaub geschwärzt geben der ganzen Landschaft
ein eigenthümliches Gepräge. Ueberall gewahrt das Auge geschäftige Menschen,
hohe Schornsteine, Eisenhütten, aus denen Tag und Nacht die Flammen schlagen,
und rauchende Coaksösen. Von alle.» diesen Erscheinungen gewerblicher Thätig¬
keit ist Saarbrücken und seine Nachbarstadt Se. Johann der Mittelpunkt. Läge es
nicht an der französischen Grenze, so würde sein Aufschwung noch bedeutender
sein. So schließt jene nach Westen das Terrain ab, während nach dem Groß-
herzogthum Luxemburg, nach den Saar- und Moselgegenden, der Eifel und dem
Hunsrück, der bayerischen Pfalz und dem Rheinthale die regsten Beziehungen
stattfinden.

Vor allem wichtig aber sind hier die eigentlichen Quellen dieses regen in¬
dustriellen Lebens: die gewaltigen Kohlenlager Saarbrückens, deren Zechenbahncn
von den verschiedensten Seiten her auf die Bahnhöfe der großen Schienenstraße zu¬
streben, und deren Product es ist, welches diese Essen rauchen, diese Blasebälge
athmen und diese zahllosen Räder und Rädchen sich drehen läßt.

Das Kohlenbassin von Saarbrücken liegt zwischen Saar, Blies und Nahe
und nimmt in elliptischer Form von Nordosten nach Südwesten eine Länge von
etwa 13 Meilen ein, während es durchschnittlich 4 Meilen breit ist. Die
Schichten der Kohlenformation bestehen aus Kohlensandstein, Schieferthon, 164
Steinkohlenlagern in einer Gesammtmächtigkeit von 338 Vs Fuß, Kaiksteinflötzcn
und einzelnen Einlagerungen von Thoneisenstein und körnigem Spatheisenstein.



") Vgl. Die Großindustrie Rheinlands und Westfalens, ihre Geographie, Geschichte, Pro.
duction und Statistik. Von v. Nicolaus Hocker. 1. Lieferung. Leipzig, Verlag von Quandt
und Händel. 18t>6, ein Werk, welches wir nach dem, was davon vorliegt, als ebenso ge¬
diegen wie schön ausgestattet, bestens empfehlen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/70>, abgerufen am 31.05.2024.