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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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der starken Regengüsse das Wasser mehrere Centimeter hoch auf dem Boden;
bei jeder heftigen Bewegung kann man gewärtigen, daß Stuckmassen oder
gar Tuffgeröll von den oberen Theilen der Räume herabkommt. Wenn
Herr Schulz nichtsdestoweniger drei Wochen hindurch bis zur Vollendung
seiner Arbeit aushielt, so verdient seine Aufopferung in der That die Aner¬
kennung Aller, die sich für classische Kunst interessiren. Sehr wünschenswert!)
wäre es, wenn die Copien der Wandgemälde polychrom publicirt werden
könnten; doch werden hierfür, fürchte ich, die knappen Fonds des Instituts
nicht ausreichen.




Das schwarze Cabinet Katharina's der Zweiten.

Schon seit einer Reihe von Jahren ist die Achtung des Briefgeheimnisses
in einzelnen Staaten wenigstens verfassungsmäßig gewährleistet; der Post-
verkehr hat sich aber Jahrhunderte lang entwickeln müssen, um das Recht
dieses Geheimnisses Ausdruck finden zu lassen. Im Völkerrecht fehlen darüber
noch jetzt genauere Bestimmungen. Die Achtung des Briefgeheimnisses ist dem
Takt und Anstand, der Ehrlichkeit der Staaten überlassen, welche in inter¬
nationalem Verkehr miteinander stehen. Man hat es den Athenern hoch
angerechnet, daß sie Briefe Philipps von Macedonien ungelesen weiterbeför¬
derten. Man hat andererseits zugeben müssen, daß zu den Mitteln, die
Niederlande im Kampfe mit Spanien zu retten, der Umstand gehörte, daß
Wilhelm von Oranien manche wichtige Depesche Philipp's II. auffing, ja
sogar von geheimen Papieren Kenntniß hatte, die wohlverwahrt unter Schloß
und Riegel in des spanischen Königs Schreibpult ruhten. Friedrich dem
Großen hat man es verargen wollen, daß er aus sächsischen und Wiener
Canzleien sich Nachrichten über die Kriegspläne seiner Gegner zu verschaffen
wußte; aber ungefähr gleichzeitig hat das englische Parlament den Satz aus¬
gesprochen, daß das Oeffnen und Lesen von Privatbriefen, wenn Staatszwecke
es erforderten, durchaus zulässig sei. Wenn es wohl auch in neuester Zeit
noch hier und da für staatsrechtlich zulässig gehalten wird, mit Rücksicht auf
die allgemeine Wohlfahrt in besonderen Fällen das Briefgeheimniß zu ver¬
letzen, so ist die Grenze, bis zu welcher derartiges gestattet ist, eine fließende:
das Gebiet einer solchen Befugniß wird aber kleiner, die Gewissen werden
zarter. Hat man doch in den letzten Zeiten selbst mechanische Vorrichtungen er¬
sonnen, um die Kenntniß der Person der Aufgeber von Briefen zu verhindern.


der starken Regengüsse das Wasser mehrere Centimeter hoch auf dem Boden;
bei jeder heftigen Bewegung kann man gewärtigen, daß Stuckmassen oder
gar Tuffgeröll von den oberen Theilen der Räume herabkommt. Wenn
Herr Schulz nichtsdestoweniger drei Wochen hindurch bis zur Vollendung
seiner Arbeit aushielt, so verdient seine Aufopferung in der That die Aner¬
kennung Aller, die sich für classische Kunst interessiren. Sehr wünschenswert!)
wäre es, wenn die Copien der Wandgemälde polychrom publicirt werden
könnten; doch werden hierfür, fürchte ich, die knappen Fonds des Instituts
nicht ausreichen.




Das schwarze Cabinet Katharina's der Zweiten.

Schon seit einer Reihe von Jahren ist die Achtung des Briefgeheimnisses
in einzelnen Staaten wenigstens verfassungsmäßig gewährleistet; der Post-
verkehr hat sich aber Jahrhunderte lang entwickeln müssen, um das Recht
dieses Geheimnisses Ausdruck finden zu lassen. Im Völkerrecht fehlen darüber
noch jetzt genauere Bestimmungen. Die Achtung des Briefgeheimnisses ist dem
Takt und Anstand, der Ehrlichkeit der Staaten überlassen, welche in inter¬
nationalem Verkehr miteinander stehen. Man hat es den Athenern hoch
angerechnet, daß sie Briefe Philipps von Macedonien ungelesen weiterbeför¬
derten. Man hat andererseits zugeben müssen, daß zu den Mitteln, die
Niederlande im Kampfe mit Spanien zu retten, der Umstand gehörte, daß
Wilhelm von Oranien manche wichtige Depesche Philipp's II. auffing, ja
sogar von geheimen Papieren Kenntniß hatte, die wohlverwahrt unter Schloß
und Riegel in des spanischen Königs Schreibpult ruhten. Friedrich dem
Großen hat man es verargen wollen, daß er aus sächsischen und Wiener
Canzleien sich Nachrichten über die Kriegspläne seiner Gegner zu verschaffen
wußte; aber ungefähr gleichzeitig hat das englische Parlament den Satz aus¬
gesprochen, daß das Oeffnen und Lesen von Privatbriefen, wenn Staatszwecke
es erforderten, durchaus zulässig sei. Wenn es wohl auch in neuester Zeit
noch hier und da für staatsrechtlich zulässig gehalten wird, mit Rücksicht auf
die allgemeine Wohlfahrt in besonderen Fällen das Briefgeheimniß zu ver¬
letzen, so ist die Grenze, bis zu welcher derartiges gestattet ist, eine fließende:
das Gebiet einer solchen Befugniß wird aber kleiner, die Gewissen werden
zarter. Hat man doch in den letzten Zeiten selbst mechanische Vorrichtungen er¬
sonnen, um die Kenntniß der Person der Aufgeber von Briefen zu verhindern.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/21>, abgerufen am 16.06.2024.