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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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2. August 1789, Katharina habe Segur's Brief "aus der Perlustration
herausgenommen" und dazu bemerkt, wie es möglich sei, daß ein königlicher
Gesandter so schreibe. Chragomitzki entgegnete, Segur sei mit Lafayette be¬
freundet, in Amerika seien sie zusammen gewesen. -- Hierauf die Kaiserin:
"Hus aira l'smpsreur, quanä it saura, Wut osig.? (^'ost uns Isttrs eurisuse;
er wünscht Glück zu der günstig verlaufenden Revolution; "qu'avait, smeneo
I'impörietö as <mei<mes mimstres, lo poiäs ach imxüts et l'ambitioii iri-nec;
Zss ?Al-Ioment8; ^'6 ig, erg.ignm3 xarceciue Ale aurli.it ästruit ig I'rs.nec;, si
un concours prss^us iniraouleux as cireonstavees n's,va,it kalt övavvuir
tous les obstacles, qui äevg.ierit vous g-rrster äa.us votrs
iNÄi'edö".

So schreibt man allerdings nicht, wenn man vermuthen kann, daß solche
Ergießungen Wort für Wort von einer Kaiserin von Rußland gelesen werden
sollen, von Katharina, deren Wohlwollen dem Grafen Segur für seine ge¬
schäftliche Stellung von unberechenbarem Werthe sein mußte.

Durch die Perlustration erfuhr Katharina zu ihrem Ergötzen, daß der
bairische Gesandte eine an die bairische Regierung abzusendende Darstellung
russischer Zustände einfach Büsching's Buch entlehnt habe, -- zu ihrem
Aerger, daß der dänische Gesandte die finnischen Angelegenheiten in falschem
Lichte darstellte und daß die Dänen mit ihrem Angriff auf Schweden im
Herbst 1788, zu welchem sie verfassungsmäßig verpflichtet waren, zögerten.
Sie erfuhr Genaueres über die Reibereien zwischen Nassau-Siegen und Potem-
kin, über die Ansichten der Ausländer in Betreff der Einnahme Otschakow's
und der für dieselbe allzureichlich von der Kaiserin gespendeten Belohnungen,
über das gespannte Verhältniß zwischen Rumjänzow und Potemkin; über
das Lob, welches der Admiral Greigh sich durch die Schlacht bei Hogland
beim Publikum erworben hatte; über die Rüstungen Schwedens; über die
Stimmungen in London und Berlin in Bezug auf den schwedisch-russischen
Krieg; über die militärischen Operationen des an der Westküste Schwedens
kreuzenden russischen Geschwaders; über die Ereignisse bei Gothenburg, welche
der zu Gunsten Rußlands unternommenen dänischen Intervention ein Ende
machten; über die Reichstagsverhandlungen in Stockholm; über die Bedingungen
der Uebergabe der Festung Chotin und über zahlreichere andere diplo¬
matische und militärische Thatsachen, welche für die russische Regierung von
größtem Interesse waren. Die genaue Vergleichung der Angaben, welche
durch die Perlustration zur Kenntniß der Kaiserin gelangten, mit denen,
welche officiell berichtet wurden, zeigt, daß man auf dem ersteren Wege bis¬
weilen sehr viel früher und auch genauer von solchen Ereignissen unterrichtet
wurde, welche auf die Entschlüsse des kaiserlichen Cabinets unmittelbaren Ein¬
fluß üben mußten.


2. August 1789, Katharina habe Segur's Brief „aus der Perlustration
herausgenommen" und dazu bemerkt, wie es möglich sei, daß ein königlicher
Gesandter so schreibe. Chragomitzki entgegnete, Segur sei mit Lafayette be¬
freundet, in Amerika seien sie zusammen gewesen. — Hierauf die Kaiserin:
„Hus aira l'smpsreur, quanä it saura, Wut osig.? (^'ost uns Isttrs eurisuse;
er wünscht Glück zu der günstig verlaufenden Revolution; „qu'avait, smeneo
I'impörietö as <mei<mes mimstres, lo poiäs ach imxüts et l'ambitioii iri-nec;
Zss ?Al-Ioment8; ^'6 ig, erg.ignm3 xarceciue Ale aurli.it ästruit ig I'rs.nec;, si
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tous les obstacles, qui äevg.ierit vous g-rrster äa.us votrs
iNÄi'edö".

So schreibt man allerdings nicht, wenn man vermuthen kann, daß solche
Ergießungen Wort für Wort von einer Kaiserin von Rußland gelesen werden
sollen, von Katharina, deren Wohlwollen dem Grafen Segur für seine ge¬
schäftliche Stellung von unberechenbarem Werthe sein mußte.

Durch die Perlustration erfuhr Katharina zu ihrem Ergötzen, daß der
bairische Gesandte eine an die bairische Regierung abzusendende Darstellung
russischer Zustände einfach Büsching's Buch entlehnt habe, — zu ihrem
Aerger, daß der dänische Gesandte die finnischen Angelegenheiten in falschem
Lichte darstellte und daß die Dänen mit ihrem Angriff auf Schweden im
Herbst 1788, zu welchem sie verfassungsmäßig verpflichtet waren, zögerten.
Sie erfuhr Genaueres über die Reibereien zwischen Nassau-Siegen und Potem-
kin, über die Ansichten der Ausländer in Betreff der Einnahme Otschakow's
und der für dieselbe allzureichlich von der Kaiserin gespendeten Belohnungen,
über das gespannte Verhältniß zwischen Rumjänzow und Potemkin; über
das Lob, welches der Admiral Greigh sich durch die Schlacht bei Hogland
beim Publikum erworben hatte; über die Rüstungen Schwedens; über die
Stimmungen in London und Berlin in Bezug auf den schwedisch-russischen
Krieg; über die militärischen Operationen des an der Westküste Schwedens
kreuzenden russischen Geschwaders; über die Ereignisse bei Gothenburg, welche
der zu Gunsten Rußlands unternommenen dänischen Intervention ein Ende
machten; über die Reichstagsverhandlungen in Stockholm; über die Bedingungen
der Uebergabe der Festung Chotin und über zahlreichere andere diplo¬
matische und militärische Thatsachen, welche für die russische Regierung von
größtem Interesse waren. Die genaue Vergleichung der Angaben, welche
durch die Perlustration zur Kenntniß der Kaiserin gelangten, mit denen,
welche officiell berichtet wurden, zeigt, daß man auf dem ersteren Wege bis¬
weilen sehr viel früher und auch genauer von solchen Ereignissen unterrichtet
wurde, welche auf die Entschlüsse des kaiserlichen Cabinets unmittelbaren Ein¬
fluß üben mußten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/27>, abgerufen am 16.06.2024.