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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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Clausel sich ebenso unterwerfen müßte, wie das Fürstentum bisher der ab¬
soluten Gesetzgebungsgewalt des Landesherrn unterworfen war.

Bei so beschränkten Befugnissen dürften die Ratzeburger Stände schwer¬
lich je in die Lage kommen, sich über Beeinträchtigung derselben jemals zu be¬
klagen; gleichwohl bestimmt der letzte Paragraph dieser s. g. Verfassung "um
Uebergriffen der Vertretung zu begegnen" daß, wenn zwischen der Landes¬
regierung und der Vertretung des Fürstenthums Streitigkeiten über die Ver¬
fassung entstehen, welche auch bei wiederholtem Versuch gütlicher Erledigung
nicht beseitigt werden, dieselben, sofern nicht Einigung über ein anderes Ge¬
richt erfolgt, durch den schiedsrichterlichen Spruch des jedesmaligen höchsten
Landesgerichts, in den Mecklenburgischen Staaten endgiltig geschlichtet wer¬
den sollen. Scheint hierdurch den Ratzeburgern eine gewisse Garantie für
den Fortbestand ihrer Verfassung gegeben zu sein, so wird derselbe doch wie¬
der in Frage gestellt durch die Bestimmung der Einleitung, wonach die Ver¬
fassung verliehen wird "unter Vorbehalt derjenigen Abänderungen, welche in
der Folge etwa ein näherer Anschluß des Fürstenthums an die Verfassung
der übrigen mecklenburgischen Lande erforderlich machen könnte".. Daß der
Vertretung bei Einführung solcher Veränderungen eine entscheidende Stimme
zustehen solle, ist nicht gesagt und Ratzeburg wird sich also nur so lange in
ungestörtem Genusse seiner jetzigen Verfassung erfreuen, so lange obige Vor¬
aussetzung nicht eintritt: dann aber hat es sich ohne Widerspruch dem zu unter¬
werfen, was ihm durch eine neue Octroyirung etwa gewährt wird.--Daß man
auch in Strelitz an die Möglichkeit einer Verfassungsveränderung für Mecklen¬
burg denkt, ist jedenfalls das Jnteressanteste an der Sache und an der neuen
Ratzeburger "Verfassung". Im Uebrigen scheint dieselbe nur bestimmt, Lichten-
berg's bekanntes Wort von dem Messer ohne Klinge, an welchem der Stiel
fehlt, zu illustriren.




Goethe und Heinrich Zscholcke.
(Mitgetheilt von or. Ludw. Hirzel.)

Am 10. Januar 1826 hielt Heinrich Zschokke in der naturforschenden
Gesellschaft zu Aarau eine Vorlesung, welche unter dem Titel: "Die farbigen
Schatten, ihr Entstehen und Gesetz" nachher bei H. R. Sauerländer gedruckt
worden ist. In dieser Schrift, welche der allgemeinen Gesellschaft schweizeri¬
scher Naturforscher und den naturforschenden Gesellschaften von Aarau, Zürich,


Grenzboten 1. 1870. 5

Clausel sich ebenso unterwerfen müßte, wie das Fürstentum bisher der ab¬
soluten Gesetzgebungsgewalt des Landesherrn unterworfen war.

Bei so beschränkten Befugnissen dürften die Ratzeburger Stände schwer¬
lich je in die Lage kommen, sich über Beeinträchtigung derselben jemals zu be¬
klagen; gleichwohl bestimmt der letzte Paragraph dieser s. g. Verfassung „um
Uebergriffen der Vertretung zu begegnen" daß, wenn zwischen der Landes¬
regierung und der Vertretung des Fürstenthums Streitigkeiten über die Ver¬
fassung entstehen, welche auch bei wiederholtem Versuch gütlicher Erledigung
nicht beseitigt werden, dieselben, sofern nicht Einigung über ein anderes Ge¬
richt erfolgt, durch den schiedsrichterlichen Spruch des jedesmaligen höchsten
Landesgerichts, in den Mecklenburgischen Staaten endgiltig geschlichtet wer¬
den sollen. Scheint hierdurch den Ratzeburgern eine gewisse Garantie für
den Fortbestand ihrer Verfassung gegeben zu sein, so wird derselbe doch wie¬
der in Frage gestellt durch die Bestimmung der Einleitung, wonach die Ver¬
fassung verliehen wird „unter Vorbehalt derjenigen Abänderungen, welche in
der Folge etwa ein näherer Anschluß des Fürstenthums an die Verfassung
der übrigen mecklenburgischen Lande erforderlich machen könnte".. Daß der
Vertretung bei Einführung solcher Veränderungen eine entscheidende Stimme
zustehen solle, ist nicht gesagt und Ratzeburg wird sich also nur so lange in
ungestörtem Genusse seiner jetzigen Verfassung erfreuen, so lange obige Vor¬
aussetzung nicht eintritt: dann aber hat es sich ohne Widerspruch dem zu unter¬
werfen, was ihm durch eine neue Octroyirung etwa gewährt wird.—Daß man
auch in Strelitz an die Möglichkeit einer Verfassungsveränderung für Mecklen¬
burg denkt, ist jedenfalls das Jnteressanteste an der Sache und an der neuen
Ratzeburger „Verfassung". Im Uebrigen scheint dieselbe nur bestimmt, Lichten-
berg's bekanntes Wort von dem Messer ohne Klinge, an welchem der Stiel
fehlt, zu illustriren.




Goethe und Heinrich Zscholcke.
(Mitgetheilt von or. Ludw. Hirzel.)

Am 10. Januar 1826 hielt Heinrich Zschokke in der naturforschenden
Gesellschaft zu Aarau eine Vorlesung, welche unter dem Titel: „Die farbigen
Schatten, ihr Entstehen und Gesetz" nachher bei H. R. Sauerländer gedruckt
worden ist. In dieser Schrift, welche der allgemeinen Gesellschaft schweizeri¬
scher Naturforscher und den naturforschenden Gesellschaften von Aarau, Zürich,


Grenzboten 1. 1870. 5
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[0039] Clausel sich ebenso unterwerfen müßte, wie das Fürstentum bisher der ab¬ soluten Gesetzgebungsgewalt des Landesherrn unterworfen war. Bei so beschränkten Befugnissen dürften die Ratzeburger Stände schwer¬ lich je in die Lage kommen, sich über Beeinträchtigung derselben jemals zu be¬ klagen; gleichwohl bestimmt der letzte Paragraph dieser s. g. Verfassung „um Uebergriffen der Vertretung zu begegnen" daß, wenn zwischen der Landes¬ regierung und der Vertretung des Fürstenthums Streitigkeiten über die Ver¬ fassung entstehen, welche auch bei wiederholtem Versuch gütlicher Erledigung nicht beseitigt werden, dieselben, sofern nicht Einigung über ein anderes Ge¬ richt erfolgt, durch den schiedsrichterlichen Spruch des jedesmaligen höchsten Landesgerichts, in den Mecklenburgischen Staaten endgiltig geschlichtet wer¬ den sollen. Scheint hierdurch den Ratzeburgern eine gewisse Garantie für den Fortbestand ihrer Verfassung gegeben zu sein, so wird derselbe doch wie¬ der in Frage gestellt durch die Bestimmung der Einleitung, wonach die Ver¬ fassung verliehen wird „unter Vorbehalt derjenigen Abänderungen, welche in der Folge etwa ein näherer Anschluß des Fürstenthums an die Verfassung der übrigen mecklenburgischen Lande erforderlich machen könnte".. Daß der Vertretung bei Einführung solcher Veränderungen eine entscheidende Stimme zustehen solle, ist nicht gesagt und Ratzeburg wird sich also nur so lange in ungestörtem Genusse seiner jetzigen Verfassung erfreuen, so lange obige Vor¬ aussetzung nicht eintritt: dann aber hat es sich ohne Widerspruch dem zu unter¬ werfen, was ihm durch eine neue Octroyirung etwa gewährt wird.—Daß man auch in Strelitz an die Möglichkeit einer Verfassungsveränderung für Mecklen¬ burg denkt, ist jedenfalls das Jnteressanteste an der Sache und an der neuen Ratzeburger „Verfassung". Im Uebrigen scheint dieselbe nur bestimmt, Lichten- berg's bekanntes Wort von dem Messer ohne Klinge, an welchem der Stiel fehlt, zu illustriren. Goethe und Heinrich Zscholcke. (Mitgetheilt von or. Ludw. Hirzel.) Am 10. Januar 1826 hielt Heinrich Zschokke in der naturforschenden Gesellschaft zu Aarau eine Vorlesung, welche unter dem Titel: „Die farbigen Schatten, ihr Entstehen und Gesetz" nachher bei H. R. Sauerländer gedruckt worden ist. In dieser Schrift, welche der allgemeinen Gesellschaft schweizeri¬ scher Naturforscher und den naturforschenden Gesellschaften von Aarau, Zürich, Grenzboten 1. 1870. 5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/39>, abgerufen am 16.06.2024.