Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

auf dieses niedersieht. Dazu kommt, daß die Maximiliansstraße reichlich hat.
was der Ludwigsstraße ganz fehlt, eine schöne doppelte, die breiten Trottoirs
besäumende Baumreihe und hinter dieser die herrlichsten, in ihren Blüthen
je nach der Jahreszeit wechselnden Blumenparterres. Darum geht man auch
hier am liebsten, wenn's auch von andern Stadttheilen weit hin sein mag.
Aber, damit es auch hier nicht am Gegensatze fehlt: die Prachtstraße Münchens
endet unharmonisch, sie läuft eigentlich bei scheel herübersehenden Vorstadt¬
häusern, bei förmlichen Baracken aus, und lange dauert es vielleicht noch, bis
der Ausgang dem Anfang gleich gemacht wird. In Bälde dagegen soll dort,
wo die Straße sich vor der großen Brücke über die Jsar mehr erweitert, das
lange schon projektiere Denkmal des Gründers von Straße und Brücke, des
Königs Max II., aufgestellt werden. Man hat viel darüber gestritten, ob
dies dort seine günstige Stelle finden wird. Wir gehören zu denen, die das
bezweifeln, die meinen, die umgebenden Verhältnisse seien zu klein und eng
für das Meisterwerk Zumbusch's, an das sich der Besucher der Wiener Welt¬
ausstellung noch erinnern werden. Wir hätten es lieber auf dem großen,
weiten, ganz öde liegenden "Dultplatz" gesehen, wo es inmitten einer zu
schaffenden großen Gartenanlage einen großartigen Eindruck gemacht haben
würde. Wie hier in der Maxstraße dieses Monument an Wirkung verlieren
wird, so übt noch weniger der eigentliche Abschluß der genannten Straße,
das Maximilaneum, die Wirkung aus, die man von ihm erwartete. Kopf¬
schüttelnd stehen wir heute, wie das erstemal, vor dieser modernen "Ruine".
Denn so kommt einem dieser Bau mit den offenen Galerien vor. Bei aller
Größe und Längenausdehnung ist er für die Umgebung doch nicht großartig
genug. Die schöne Victoria und die andern den First krönenden Figuren
sehen sich zu klein, fast wie Nipptischfiguren, die auf Goldgrund gemalten
Wandbilder wie winzige Stereoskopen an. Rückwärts schließen sich dem
Vorderbau die in wahrem Kasernenstil aufgeführten Gebäude an, welche dem
eigentlichen Zwecke des Maximilcmeums, der Anstalt für besonders talentvolle
und mit den besten Zeugnissen von den Gymnasien entlassene Jünglinge
dienen, die hier nach dem Testament des Königs und von den darin aus¬
geworfenen Mitteln zu "Staatsmännern" erzogen werden sollen: eine schöne,
gutgemeinte Idee, die bisher aber leider für Bayern gar keine Wirkung
gehabt hat. Damit diesen jungen Leuten nach allen Seiten hin das
geistige Interesse möglichst angeregt werde, sollen in Prachtsälen auch
Prachtbilder, Colossalgemälde der Hauptaktionen der Weltgeschichte auf¬
gestellt werden. Kaulbach's Seeschlacht bei Salamis gehört dazu: aber noch
ist der Zugang zu diesen Kunstwerken, die selbst noch nicht abgeschlossen sind,
reservirt, und die Kunststadt München hat also auch noch ihre geheimnißvollen
Reservatrechte, wie der Staat, dessen Hauptstadt sie ist. Wenn man freilich


auf dieses niedersieht. Dazu kommt, daß die Maximiliansstraße reichlich hat.
was der Ludwigsstraße ganz fehlt, eine schöne doppelte, die breiten Trottoirs
besäumende Baumreihe und hinter dieser die herrlichsten, in ihren Blüthen
je nach der Jahreszeit wechselnden Blumenparterres. Darum geht man auch
hier am liebsten, wenn's auch von andern Stadttheilen weit hin sein mag.
Aber, damit es auch hier nicht am Gegensatze fehlt: die Prachtstraße Münchens
endet unharmonisch, sie läuft eigentlich bei scheel herübersehenden Vorstadt¬
häusern, bei förmlichen Baracken aus, und lange dauert es vielleicht noch, bis
der Ausgang dem Anfang gleich gemacht wird. In Bälde dagegen soll dort,
wo die Straße sich vor der großen Brücke über die Jsar mehr erweitert, das
lange schon projektiere Denkmal des Gründers von Straße und Brücke, des
Königs Max II., aufgestellt werden. Man hat viel darüber gestritten, ob
dies dort seine günstige Stelle finden wird. Wir gehören zu denen, die das
bezweifeln, die meinen, die umgebenden Verhältnisse seien zu klein und eng
für das Meisterwerk Zumbusch's, an das sich der Besucher der Wiener Welt¬
ausstellung noch erinnern werden. Wir hätten es lieber auf dem großen,
weiten, ganz öde liegenden „Dultplatz" gesehen, wo es inmitten einer zu
schaffenden großen Gartenanlage einen großartigen Eindruck gemacht haben
würde. Wie hier in der Maxstraße dieses Monument an Wirkung verlieren
wird, so übt noch weniger der eigentliche Abschluß der genannten Straße,
das Maximilaneum, die Wirkung aus, die man von ihm erwartete. Kopf¬
schüttelnd stehen wir heute, wie das erstemal, vor dieser modernen „Ruine".
Denn so kommt einem dieser Bau mit den offenen Galerien vor. Bei aller
Größe und Längenausdehnung ist er für die Umgebung doch nicht großartig
genug. Die schöne Victoria und die andern den First krönenden Figuren
sehen sich zu klein, fast wie Nipptischfiguren, die auf Goldgrund gemalten
Wandbilder wie winzige Stereoskopen an. Rückwärts schließen sich dem
Vorderbau die in wahrem Kasernenstil aufgeführten Gebäude an, welche dem
eigentlichen Zwecke des Maximilcmeums, der Anstalt für besonders talentvolle
und mit den besten Zeugnissen von den Gymnasien entlassene Jünglinge
dienen, die hier nach dem Testament des Königs und von den darin aus¬
geworfenen Mitteln zu „Staatsmännern" erzogen werden sollen: eine schöne,
gutgemeinte Idee, die bisher aber leider für Bayern gar keine Wirkung
gehabt hat. Damit diesen jungen Leuten nach allen Seiten hin das
geistige Interesse möglichst angeregt werde, sollen in Prachtsälen auch
Prachtbilder, Colossalgemälde der Hauptaktionen der Weltgeschichte auf¬
gestellt werden. Kaulbach's Seeschlacht bei Salamis gehört dazu: aber noch
ist der Zugang zu diesen Kunstwerken, die selbst noch nicht abgeschlossen sind,
reservirt, und die Kunststadt München hat also auch noch ihre geheimnißvollen
Reservatrechte, wie der Staat, dessen Hauptstadt sie ist. Wenn man freilich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134023"/>
          <p xml:id="ID_656" prev="#ID_655" next="#ID_657"> auf dieses niedersieht. Dazu kommt, daß die Maximiliansstraße reichlich hat.<lb/>
was der Ludwigsstraße ganz fehlt, eine schöne doppelte, die breiten Trottoirs<lb/>
besäumende Baumreihe und hinter dieser die herrlichsten, in ihren Blüthen<lb/>
je nach der Jahreszeit wechselnden Blumenparterres. Darum geht man auch<lb/>
hier am liebsten, wenn's auch von andern Stadttheilen weit hin sein mag.<lb/>
Aber, damit es auch hier nicht am Gegensatze fehlt: die Prachtstraße Münchens<lb/>
endet unharmonisch, sie läuft eigentlich bei scheel herübersehenden Vorstadt¬<lb/>
häusern, bei förmlichen Baracken aus, und lange dauert es vielleicht noch, bis<lb/>
der Ausgang dem Anfang gleich gemacht wird. In Bälde dagegen soll dort,<lb/>
wo die Straße sich vor der großen Brücke über die Jsar mehr erweitert, das<lb/>
lange schon projektiere Denkmal des Gründers von Straße und Brücke, des<lb/>
Königs Max II., aufgestellt werden. Man hat viel darüber gestritten, ob<lb/>
dies dort seine günstige Stelle finden wird. Wir gehören zu denen, die das<lb/>
bezweifeln, die meinen, die umgebenden Verhältnisse seien zu klein und eng<lb/>
für das Meisterwerk Zumbusch's, an das sich der Besucher der Wiener Welt¬<lb/>
ausstellung noch erinnern werden. Wir hätten es lieber auf dem großen,<lb/>
weiten, ganz öde liegenden &#x201E;Dultplatz" gesehen, wo es inmitten einer zu<lb/>
schaffenden großen Gartenanlage einen großartigen Eindruck gemacht haben<lb/>
würde. Wie hier in der Maxstraße dieses Monument an Wirkung verlieren<lb/>
wird, so übt noch weniger der eigentliche Abschluß der genannten Straße,<lb/>
das Maximilaneum, die Wirkung aus, die man von ihm erwartete. Kopf¬<lb/>
schüttelnd stehen wir heute, wie das erstemal, vor dieser modernen &#x201E;Ruine".<lb/>
Denn so kommt einem dieser Bau mit den offenen Galerien vor. Bei aller<lb/>
Größe und Längenausdehnung ist er für die Umgebung doch nicht großartig<lb/>
genug. Die schöne Victoria und die andern den First krönenden Figuren<lb/>
sehen sich zu klein, fast wie Nipptischfiguren, die auf Goldgrund gemalten<lb/>
Wandbilder wie winzige Stereoskopen an. Rückwärts schließen sich dem<lb/>
Vorderbau die in wahrem Kasernenstil aufgeführten Gebäude an, welche dem<lb/>
eigentlichen Zwecke des Maximilcmeums, der Anstalt für besonders talentvolle<lb/>
und mit den besten Zeugnissen von den Gymnasien entlassene Jünglinge<lb/>
dienen, die hier nach dem Testament des Königs und von den darin aus¬<lb/>
geworfenen Mitteln zu &#x201E;Staatsmännern" erzogen werden sollen: eine schöne,<lb/>
gutgemeinte Idee, die bisher aber leider für Bayern gar keine Wirkung<lb/>
gehabt hat. Damit diesen jungen Leuten nach allen Seiten hin das<lb/>
geistige Interesse möglichst angeregt werde, sollen in Prachtsälen auch<lb/>
Prachtbilder, Colossalgemälde der Hauptaktionen der Weltgeschichte auf¬<lb/>
gestellt werden. Kaulbach's Seeschlacht bei Salamis gehört dazu: aber noch<lb/>
ist der Zugang zu diesen Kunstwerken, die selbst noch nicht abgeschlossen sind,<lb/>
reservirt, und die Kunststadt München hat also auch noch ihre geheimnißvollen<lb/>
Reservatrechte, wie der Staat, dessen Hauptstadt sie ist.  Wenn man freilich</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0205] auf dieses niedersieht. Dazu kommt, daß die Maximiliansstraße reichlich hat. was der Ludwigsstraße ganz fehlt, eine schöne doppelte, die breiten Trottoirs besäumende Baumreihe und hinter dieser die herrlichsten, in ihren Blüthen je nach der Jahreszeit wechselnden Blumenparterres. Darum geht man auch hier am liebsten, wenn's auch von andern Stadttheilen weit hin sein mag. Aber, damit es auch hier nicht am Gegensatze fehlt: die Prachtstraße Münchens endet unharmonisch, sie läuft eigentlich bei scheel herübersehenden Vorstadt¬ häusern, bei förmlichen Baracken aus, und lange dauert es vielleicht noch, bis der Ausgang dem Anfang gleich gemacht wird. In Bälde dagegen soll dort, wo die Straße sich vor der großen Brücke über die Jsar mehr erweitert, das lange schon projektiere Denkmal des Gründers von Straße und Brücke, des Königs Max II., aufgestellt werden. Man hat viel darüber gestritten, ob dies dort seine günstige Stelle finden wird. Wir gehören zu denen, die das bezweifeln, die meinen, die umgebenden Verhältnisse seien zu klein und eng für das Meisterwerk Zumbusch's, an das sich der Besucher der Wiener Welt¬ ausstellung noch erinnern werden. Wir hätten es lieber auf dem großen, weiten, ganz öde liegenden „Dultplatz" gesehen, wo es inmitten einer zu schaffenden großen Gartenanlage einen großartigen Eindruck gemacht haben würde. Wie hier in der Maxstraße dieses Monument an Wirkung verlieren wird, so übt noch weniger der eigentliche Abschluß der genannten Straße, das Maximilaneum, die Wirkung aus, die man von ihm erwartete. Kopf¬ schüttelnd stehen wir heute, wie das erstemal, vor dieser modernen „Ruine". Denn so kommt einem dieser Bau mit den offenen Galerien vor. Bei aller Größe und Längenausdehnung ist er für die Umgebung doch nicht großartig genug. Die schöne Victoria und die andern den First krönenden Figuren sehen sich zu klein, fast wie Nipptischfiguren, die auf Goldgrund gemalten Wandbilder wie winzige Stereoskopen an. Rückwärts schließen sich dem Vorderbau die in wahrem Kasernenstil aufgeführten Gebäude an, welche dem eigentlichen Zwecke des Maximilcmeums, der Anstalt für besonders talentvolle und mit den besten Zeugnissen von den Gymnasien entlassene Jünglinge dienen, die hier nach dem Testament des Königs und von den darin aus¬ geworfenen Mitteln zu „Staatsmännern" erzogen werden sollen: eine schöne, gutgemeinte Idee, die bisher aber leider für Bayern gar keine Wirkung gehabt hat. Damit diesen jungen Leuten nach allen Seiten hin das geistige Interesse möglichst angeregt werde, sollen in Prachtsälen auch Prachtbilder, Colossalgemälde der Hauptaktionen der Weltgeschichte auf¬ gestellt werden. Kaulbach's Seeschlacht bei Salamis gehört dazu: aber noch ist der Zugang zu diesen Kunstwerken, die selbst noch nicht abgeschlossen sind, reservirt, und die Kunststadt München hat also auch noch ihre geheimnißvollen Reservatrechte, wie der Staat, dessen Hauptstadt sie ist. Wenn man freilich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/205
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/205>, abgerufen am 16.06.2024.