Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Die geographische Erforschung Afrikas.
Fr. v. Hellwald. II.

Unter den westlich von Aegypten und vom Nilthale gelegenen Gebieten
fesselt zunächst die libysche Wüste und die Cyrenaica unsere Aufmerksamkeit.
Der erste Reisende, dem wir hier begegnen, ist Friedrich Hornemann, der
mit dem Renegaten Joseph Freudenberg beabsichtigte über die Oasen Siwah
und Audjila nach Murzuk zu wandern. Dies war im Jahre 1799. Er traf
auch richtig am 29. Januar 1800 in Murzuk ein, doch hat man seit jener
Zeit keine bestimmten und directen Nachrichten, weder von ihm noch über
ihn. 1819 besuchte Cailliaud die Oase Siwah, dem Droretti folgte. Ehren¬
berg und Hemprich untersuchten die Jupiter Ammon's Oase, und den bis
dahin bekannten Routen wurde durch die Reisen Pacho's 1824, Bayle Se.
John's 1847, Hamilton's 18S2 und Rohlfs 1868 und 1869 sowie 1873--74
neue bedeutende hinzugefügt. Die Cyrenaica war schon durch des italienischen
Arztes della Cella Reise längs der Syrtenküste und die damit verbundene
erste Entdeckung der cyrenaischen Städteruinen (1817) naturwissenschaftlich
durchforscht; in archäologischer Hinsicht thaten dies Pacho 1824, die Engländer
Smith und Porcher 1863.

Der Versuch von Tripolis lautem- und südwärts vorzudringen ward
1819 von den Engländern Ritchie und Lyon unternommen; doch kamen sie
nicht weiter als bis Murzuk, welches Hornemann besucht hatte. Besser erging
es den Engländern Oudney, Denham und Clapperton, welche in den Jahren
1822--24 bis an den Tschadsee und in das Reich Bornu, ja, sogar in das
westlich davon gelegene Negerreich Sokoto gelangten. Durch sie erfuhr Europa
zum erstenmale von den geordneten Negerstaaten des Südens. Nähere Kunde
über diesen merkwürdigen Theil Jnnerafrika's verdanken wir der 1849 von
der englischen Regierung ausgerüsteten Expedition, deren Mitglieder James
Richardson, Heinrich Barth und Alfred Overweg waren. Diese denkwürdige
Erpedition, von der Barth allein heimkehrte, brachte Aufklärung über den
wahren Charakter der Sahara, stellte Lage und Ausdehnung der Mendif-
gruppe fest, entdeckte den Oberlauf des Berne, wies die Unabhängigkeit dieses
Flußsystems von dem des Tschad nach, erforschte das Flußgebiet von Bagiimi


Grenzboleii IN. 26
Die geographische Erforschung Afrikas.
Fr. v. Hellwald. II.

Unter den westlich von Aegypten und vom Nilthale gelegenen Gebieten
fesselt zunächst die libysche Wüste und die Cyrenaica unsere Aufmerksamkeit.
Der erste Reisende, dem wir hier begegnen, ist Friedrich Hornemann, der
mit dem Renegaten Joseph Freudenberg beabsichtigte über die Oasen Siwah
und Audjila nach Murzuk zu wandern. Dies war im Jahre 1799. Er traf
auch richtig am 29. Januar 1800 in Murzuk ein, doch hat man seit jener
Zeit keine bestimmten und directen Nachrichten, weder von ihm noch über
ihn. 1819 besuchte Cailliaud die Oase Siwah, dem Droretti folgte. Ehren¬
berg und Hemprich untersuchten die Jupiter Ammon's Oase, und den bis
dahin bekannten Routen wurde durch die Reisen Pacho's 1824, Bayle Se.
John's 1847, Hamilton's 18S2 und Rohlfs 1868 und 1869 sowie 1873—74
neue bedeutende hinzugefügt. Die Cyrenaica war schon durch des italienischen
Arztes della Cella Reise längs der Syrtenküste und die damit verbundene
erste Entdeckung der cyrenaischen Städteruinen (1817) naturwissenschaftlich
durchforscht; in archäologischer Hinsicht thaten dies Pacho 1824, die Engländer
Smith und Porcher 1863.

Der Versuch von Tripolis lautem- und südwärts vorzudringen ward
1819 von den Engländern Ritchie und Lyon unternommen; doch kamen sie
nicht weiter als bis Murzuk, welches Hornemann besucht hatte. Besser erging
es den Engländern Oudney, Denham und Clapperton, welche in den Jahren
1822—24 bis an den Tschadsee und in das Reich Bornu, ja, sogar in das
westlich davon gelegene Negerreich Sokoto gelangten. Durch sie erfuhr Europa
zum erstenmale von den geordneten Negerstaaten des Südens. Nähere Kunde
über diesen merkwürdigen Theil Jnnerafrika's verdanken wir der 1849 von
der englischen Regierung ausgerüsteten Expedition, deren Mitglieder James
Richardson, Heinrich Barth und Alfred Overweg waren. Diese denkwürdige
Erpedition, von der Barth allein heimkehrte, brachte Aufklärung über den
wahren Charakter der Sahara, stellte Lage und Ausdehnung der Mendif-
gruppe fest, entdeckte den Oberlauf des Berne, wies die Unabhängigkeit dieses
Flußsystems von dem des Tschad nach, erforschte das Flußgebiet von Bagiimi


Grenzboleii IN. 26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0209" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134027"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die geographische Erforschung Afrikas.<lb/><note type="byline"> Fr. v. Hellwald.</note> II.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_666"> Unter den westlich von Aegypten und vom Nilthale gelegenen Gebieten<lb/>
fesselt zunächst die libysche Wüste und die Cyrenaica unsere Aufmerksamkeit.<lb/>
Der erste Reisende, dem wir hier begegnen, ist Friedrich Hornemann, der<lb/>
mit dem Renegaten Joseph Freudenberg beabsichtigte über die Oasen Siwah<lb/>
und Audjila nach Murzuk zu wandern. Dies war im Jahre 1799. Er traf<lb/>
auch richtig am 29. Januar 1800 in Murzuk ein, doch hat man seit jener<lb/>
Zeit keine bestimmten und directen Nachrichten, weder von ihm noch über<lb/>
ihn. 1819 besuchte Cailliaud die Oase Siwah, dem Droretti folgte. Ehren¬<lb/>
berg und Hemprich untersuchten die Jupiter Ammon's Oase, und den bis<lb/>
dahin bekannten Routen wurde durch die Reisen Pacho's 1824, Bayle Se.<lb/>
John's 1847, Hamilton's 18S2 und Rohlfs 1868 und 1869 sowie 1873&#x2014;74<lb/>
neue bedeutende hinzugefügt. Die Cyrenaica war schon durch des italienischen<lb/>
Arztes della Cella Reise längs der Syrtenküste und die damit verbundene<lb/>
erste Entdeckung der cyrenaischen Städteruinen (1817) naturwissenschaftlich<lb/>
durchforscht; in archäologischer Hinsicht thaten dies Pacho 1824, die Engländer<lb/>
Smith und Porcher 1863.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_667" next="#ID_668"> Der Versuch von Tripolis lautem- und südwärts vorzudringen ward<lb/>
1819 von den Engländern Ritchie und Lyon unternommen; doch kamen sie<lb/>
nicht weiter als bis Murzuk, welches Hornemann besucht hatte. Besser erging<lb/>
es den Engländern Oudney, Denham und Clapperton, welche in den Jahren<lb/>
1822&#x2014;24 bis an den Tschadsee und in das Reich Bornu, ja, sogar in das<lb/>
westlich davon gelegene Negerreich Sokoto gelangten. Durch sie erfuhr Europa<lb/>
zum erstenmale von den geordneten Negerstaaten des Südens. Nähere Kunde<lb/>
über diesen merkwürdigen Theil Jnnerafrika's verdanken wir der 1849 von<lb/>
der englischen Regierung ausgerüsteten Expedition, deren Mitglieder James<lb/>
Richardson, Heinrich Barth und Alfred Overweg waren. Diese denkwürdige<lb/>
Erpedition, von der Barth allein heimkehrte, brachte Aufklärung über den<lb/>
wahren Charakter der Sahara, stellte Lage und Ausdehnung der Mendif-<lb/>
gruppe fest, entdeckte den Oberlauf des Berne, wies die Unabhängigkeit dieses<lb/>
Flußsystems von dem des Tschad nach, erforschte das Flußgebiet von Bagiimi</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboleii IN. 26</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0209] Die geographische Erforschung Afrikas. Fr. v. Hellwald. II. Unter den westlich von Aegypten und vom Nilthale gelegenen Gebieten fesselt zunächst die libysche Wüste und die Cyrenaica unsere Aufmerksamkeit. Der erste Reisende, dem wir hier begegnen, ist Friedrich Hornemann, der mit dem Renegaten Joseph Freudenberg beabsichtigte über die Oasen Siwah und Audjila nach Murzuk zu wandern. Dies war im Jahre 1799. Er traf auch richtig am 29. Januar 1800 in Murzuk ein, doch hat man seit jener Zeit keine bestimmten und directen Nachrichten, weder von ihm noch über ihn. 1819 besuchte Cailliaud die Oase Siwah, dem Droretti folgte. Ehren¬ berg und Hemprich untersuchten die Jupiter Ammon's Oase, und den bis dahin bekannten Routen wurde durch die Reisen Pacho's 1824, Bayle Se. John's 1847, Hamilton's 18S2 und Rohlfs 1868 und 1869 sowie 1873—74 neue bedeutende hinzugefügt. Die Cyrenaica war schon durch des italienischen Arztes della Cella Reise längs der Syrtenküste und die damit verbundene erste Entdeckung der cyrenaischen Städteruinen (1817) naturwissenschaftlich durchforscht; in archäologischer Hinsicht thaten dies Pacho 1824, die Engländer Smith und Porcher 1863. Der Versuch von Tripolis lautem- und südwärts vorzudringen ward 1819 von den Engländern Ritchie und Lyon unternommen; doch kamen sie nicht weiter als bis Murzuk, welches Hornemann besucht hatte. Besser erging es den Engländern Oudney, Denham und Clapperton, welche in den Jahren 1822—24 bis an den Tschadsee und in das Reich Bornu, ja, sogar in das westlich davon gelegene Negerreich Sokoto gelangten. Durch sie erfuhr Europa zum erstenmale von den geordneten Negerstaaten des Südens. Nähere Kunde über diesen merkwürdigen Theil Jnnerafrika's verdanken wir der 1849 von der englischen Regierung ausgerüsteten Expedition, deren Mitglieder James Richardson, Heinrich Barth und Alfred Overweg waren. Diese denkwürdige Erpedition, von der Barth allein heimkehrte, brachte Aufklärung über den wahren Charakter der Sahara, stellte Lage und Ausdehnung der Mendif- gruppe fest, entdeckte den Oberlauf des Berne, wies die Unabhängigkeit dieses Flußsystems von dem des Tschad nach, erforschte das Flußgebiet von Bagiimi Grenzboleii IN. 26

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/209
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/209>, abgerufen am 16.06.2024.