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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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und Adamaua und stellte endlich den Lauf des Niger zwischen Sokoto und
Timbuktu fest. Diese wichtigen Forschungen sollten ergänzt werden durch die
Untersuchung der südlich von Barth's Route zum Niger gelegenen Haussa-
Staaten und des Gebietes im Osten vom Tschadsee, zu welchem Zwecke die
britische Negierung den Astronomen Eduard Vogel entsandte. Im Januar
1884 kam er auch plötzlich in Kuka, der Hauptstadt des Reiches Bornu, in
der Nähe des Tschad, an; von hier aus bereiste er Mußgu, das Tubori-Land,
das Gebirgsland Mandara, überschritt den Berne, wandte sich durch das
Quellengebiet des Gongola nach Saria, Bebedschi und Kuana und traf
Ende 1885 wieder in Kuka ein, um nach Wadai' aufzubrechen, wo ihm am
8. Februar 1886 auf Befehl des dortigen Sultans der Kopf abgeschlagen
ward. Das lange unbekannt gebliebene Schicksal Vogel's veranlaßte mehrere
Expeditionen behufs dessen Aufsuchung; der großen, Heuglin'schen haben wir
schon früher gedacht. Aehnliches strebte Moriz von Beurmann an, der 1862
von Benghazi nach Murzuk und von hier an den Tschad wanderte, um von
hier aus nach Wadai einzudringen, nachdem er die Sudanlandschaften durch
verschiedene Ausflüge näher kennen gelernt hatte. Doch auch er ward bei
Uebersch reitung der Grenzen Wada'i's erschlagen.

Im März 1865 brach nun Gerhard Rosts's von Tripolis auf, um durch
bisher noch unbekannte Gegenden nach Murzuk und von dort über Bilma an
der Tschad zu gehen, wo er beim Sultane von Bornu eine freundliche Auf-
nahme fand. Von Kuka wandte er sich dann in südwestlicher Richtung in
die Pullo-Staaten und dem Berne zu, den er bis zu seiner Mündung in den
Niger befuhr; auch diesem Strome folgte er bis Rabba. von wo er zu Lande
durch Uoruba Lagos am Golf von Benin erreichte (März 1867), der erste
Europäer, dem es gelungen quer durch Afrika von Meer zu Meer zu
wandern. An diese überaus merkwürdige und wichtige Reise schließt sich er¬
gänzend jene des Dr. Gustav Nachtigal an, dem Rohlfs Geschenke des
Königs von Preußen an den Sultan von Bornu zur Uebermittlung zu über¬
geben hatte. Nachtigal zog richtig nach Kuka und von hier aus, nachdem er
Kauen, Bodele, Borku und Wadjanga durchforscht hatte, glückte es ihm das
langerstrebte Ziel Wadai zu erreichen; ja er konnte sogar nach Dar-Runga
einem südlichen Vasallenstaate Wada'i's, etwa 12 Tagereisen von Abeschr,
der Hauptstadt Wada'i's, vordringen und Nachrichten von einem Strome, dem
Bahr Kuda heimbringen, der wahrscheinlich mit Schweinfurth's Actie iden¬
tisch ist. Von Wadai setzte Nachtigal seine Reise durch Darfur nach Kordofan
und nach Aegypten fort, wo er 1874 im Ganzen wohlbehalten, wenn auch
leider mit etwas angegriffener Gesundheit, eintraf.

Seitdem Algerien von den Franzosen erobert und in Besitz genommen
worden, erweiterte sich die Länderkunde Afrika's auch von dieser Seite in


und Adamaua und stellte endlich den Lauf des Niger zwischen Sokoto und
Timbuktu fest. Diese wichtigen Forschungen sollten ergänzt werden durch die
Untersuchung der südlich von Barth's Route zum Niger gelegenen Haussa-
Staaten und des Gebietes im Osten vom Tschadsee, zu welchem Zwecke die
britische Negierung den Astronomen Eduard Vogel entsandte. Im Januar
1884 kam er auch plötzlich in Kuka, der Hauptstadt des Reiches Bornu, in
der Nähe des Tschad, an; von hier aus bereiste er Mußgu, das Tubori-Land,
das Gebirgsland Mandara, überschritt den Berne, wandte sich durch das
Quellengebiet des Gongola nach Saria, Bebedschi und Kuana und traf
Ende 1885 wieder in Kuka ein, um nach Wadai' aufzubrechen, wo ihm am
8. Februar 1886 auf Befehl des dortigen Sultans der Kopf abgeschlagen
ward. Das lange unbekannt gebliebene Schicksal Vogel's veranlaßte mehrere
Expeditionen behufs dessen Aufsuchung; der großen, Heuglin'schen haben wir
schon früher gedacht. Aehnliches strebte Moriz von Beurmann an, der 1862
von Benghazi nach Murzuk und von hier an den Tschad wanderte, um von
hier aus nach Wadai einzudringen, nachdem er die Sudanlandschaften durch
verschiedene Ausflüge näher kennen gelernt hatte. Doch auch er ward bei
Uebersch reitung der Grenzen Wada'i's erschlagen.

Im März 1865 brach nun Gerhard Rosts's von Tripolis auf, um durch
bisher noch unbekannte Gegenden nach Murzuk und von dort über Bilma an
der Tschad zu gehen, wo er beim Sultane von Bornu eine freundliche Auf-
nahme fand. Von Kuka wandte er sich dann in südwestlicher Richtung in
die Pullo-Staaten und dem Berne zu, den er bis zu seiner Mündung in den
Niger befuhr; auch diesem Strome folgte er bis Rabba. von wo er zu Lande
durch Uoruba Lagos am Golf von Benin erreichte (März 1867), der erste
Europäer, dem es gelungen quer durch Afrika von Meer zu Meer zu
wandern. An diese überaus merkwürdige und wichtige Reise schließt sich er¬
gänzend jene des Dr. Gustav Nachtigal an, dem Rohlfs Geschenke des
Königs von Preußen an den Sultan von Bornu zur Uebermittlung zu über¬
geben hatte. Nachtigal zog richtig nach Kuka und von hier aus, nachdem er
Kauen, Bodele, Borku und Wadjanga durchforscht hatte, glückte es ihm das
langerstrebte Ziel Wadai zu erreichen; ja er konnte sogar nach Dar-Runga
einem südlichen Vasallenstaate Wada'i's, etwa 12 Tagereisen von Abeschr,
der Hauptstadt Wada'i's, vordringen und Nachrichten von einem Strome, dem
Bahr Kuda heimbringen, der wahrscheinlich mit Schweinfurth's Actie iden¬
tisch ist. Von Wadai setzte Nachtigal seine Reise durch Darfur nach Kordofan
und nach Aegypten fort, wo er 1874 im Ganzen wohlbehalten, wenn auch
leider mit etwas angegriffener Gesundheit, eintraf.

Seitdem Algerien von den Franzosen erobert und in Besitz genommen
worden, erweiterte sich die Länderkunde Afrika's auch von dieser Seite in


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[0210] und Adamaua und stellte endlich den Lauf des Niger zwischen Sokoto und Timbuktu fest. Diese wichtigen Forschungen sollten ergänzt werden durch die Untersuchung der südlich von Barth's Route zum Niger gelegenen Haussa- Staaten und des Gebietes im Osten vom Tschadsee, zu welchem Zwecke die britische Negierung den Astronomen Eduard Vogel entsandte. Im Januar 1884 kam er auch plötzlich in Kuka, der Hauptstadt des Reiches Bornu, in der Nähe des Tschad, an; von hier aus bereiste er Mußgu, das Tubori-Land, das Gebirgsland Mandara, überschritt den Berne, wandte sich durch das Quellengebiet des Gongola nach Saria, Bebedschi und Kuana und traf Ende 1885 wieder in Kuka ein, um nach Wadai' aufzubrechen, wo ihm am 8. Februar 1886 auf Befehl des dortigen Sultans der Kopf abgeschlagen ward. Das lange unbekannt gebliebene Schicksal Vogel's veranlaßte mehrere Expeditionen behufs dessen Aufsuchung; der großen, Heuglin'schen haben wir schon früher gedacht. Aehnliches strebte Moriz von Beurmann an, der 1862 von Benghazi nach Murzuk und von hier an den Tschad wanderte, um von hier aus nach Wadai einzudringen, nachdem er die Sudanlandschaften durch verschiedene Ausflüge näher kennen gelernt hatte. Doch auch er ward bei Uebersch reitung der Grenzen Wada'i's erschlagen. Im März 1865 brach nun Gerhard Rosts's von Tripolis auf, um durch bisher noch unbekannte Gegenden nach Murzuk und von dort über Bilma an der Tschad zu gehen, wo er beim Sultane von Bornu eine freundliche Auf- nahme fand. Von Kuka wandte er sich dann in südwestlicher Richtung in die Pullo-Staaten und dem Berne zu, den er bis zu seiner Mündung in den Niger befuhr; auch diesem Strome folgte er bis Rabba. von wo er zu Lande durch Uoruba Lagos am Golf von Benin erreichte (März 1867), der erste Europäer, dem es gelungen quer durch Afrika von Meer zu Meer zu wandern. An diese überaus merkwürdige und wichtige Reise schließt sich er¬ gänzend jene des Dr. Gustav Nachtigal an, dem Rohlfs Geschenke des Königs von Preußen an den Sultan von Bornu zur Uebermittlung zu über¬ geben hatte. Nachtigal zog richtig nach Kuka und von hier aus, nachdem er Kauen, Bodele, Borku und Wadjanga durchforscht hatte, glückte es ihm das langerstrebte Ziel Wadai zu erreichen; ja er konnte sogar nach Dar-Runga einem südlichen Vasallenstaate Wada'i's, etwa 12 Tagereisen von Abeschr, der Hauptstadt Wada'i's, vordringen und Nachrichten von einem Strome, dem Bahr Kuda heimbringen, der wahrscheinlich mit Schweinfurth's Actie iden¬ tisch ist. Von Wadai setzte Nachtigal seine Reise durch Darfur nach Kordofan und nach Aegypten fort, wo er 1874 im Ganzen wohlbehalten, wenn auch leider mit etwas angegriffener Gesundheit, eintraf. Seitdem Algerien von den Franzosen erobert und in Besitz genommen worden, erweiterte sich die Länderkunde Afrika's auch von dieser Seite in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/210>, abgerufen am 16.06.2024.