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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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namhafter Weise. Frühzeitig waren die Franzosen auf Erschließung neuer
Handelswege mit dem Sudan bedacht, und noch vor der Erwerbung Algeriens
vollführte Rlme Caillie eine gefahrvolle Wüstenreise über Timbuktu nach
Marokko (März 1827 bis September 1828). Seither sind französische Forscher
unablässig bemüht gewesen, die Grenzen unserer geographischen Kenntnisse gegen
Süden hin zu erweitern, und in der That bildet das nordwestliche Afrika
bis hinab nach Senegambien ein fast ausschließlich französisches Forschungs¬
gebiet. Der algerische Atlas und die südlich davon gelegenen Oasen wurden
zum Theile durch einzelne militärische Expeditionen bekannt, den weitaus
größten Theil unserer jetzigen Kenntniß der eigenthümlichen Wüstengebiete
im Süden Algeriens verdanken wir indeß den Reisen > und Erkundig¬
ungen des trefflich Henri Duveyrier; seit 1839 bereiste er das französische
Nordafrika und die westliche Sahara, darauf 1860 das südliche Tunesien bis
zur Kleinen Syrte und auf einer zweiten Tour das Land der Tuareg und das
südliche Tripolitanien bis Murzuk. In neuester Zeit versuchte Norbert Dvur-
naux-Dupe're' über Ghadames nach Rhat zu gehen, wurde indeß 1874 er¬
schlagen.

Marokko war schon in früheren Jahrhunderten wiederholt besucht worden;
in unser Jahrhundert fallen die Reisen Röntgen's, der über Marokko nach
Timbuktu wollte, von Mogador aufbrach, aber schon nach wenigen Tage-
Märschen in südlicher Richtung, in der Provinz Staha, im Juli 1809 von
seinen Führern ermordet wurde. Ein ähnliches Schicksal hatte der englische
Arzt John Davidson, welcher im Dezember 1833 von Tanger ausbrach und
längs der marokkanischen Westküste, mit Abstechern in das Innere des Landes
nach Angelmln, der Hauptstadt des Wady Nun, wanderte, von wo er nach
Timbuktu gehen zu können hoffte. Er kam aber nur bis Suekeya, im Süden
der Sandwüste von Jgidi, wo er am 18. Dezember 1830 von seinen Gefährten
umgebracht wurde. Unter den neueren Reisenden in Marokko nimmt wieder
Gerhard Rvhlfs eine der hervorragendsten Stellen ein. Von Tanger an der
Westküste entlang ziehend (1802) wandte er sich von Agadir der Sahara zu,
welche er als erster Europäer über Tarudant, Wady Draa und Tafilelt
durchschnitt. Zehn Jahre später gingen Carl von Fritsch und I. I, Nein
von Mogador über die Hauptstadt nach dem Atlas, wo sie im Dermat-Thale
längere Zeit verweilten.

Von Senegambien aus ließen sich die Franzosen die Erforschung des
Landes angelegen sein. Doch hatte schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts der
Schotte Mungo Park dieses Gebiet zu erschließen begonnen. Er steuerte den
Gambia bis Pisania aufwärts und ging dann zuerst gerade nach Osten, über
Kemmu, der Hauptstadt des Reiches Kaarta, und Ludamar nach dem Niger,
den er als der erste Europäer erblickte, und nach segn. der Hauptstadt von


namhafter Weise. Frühzeitig waren die Franzosen auf Erschließung neuer
Handelswege mit dem Sudan bedacht, und noch vor der Erwerbung Algeriens
vollführte Rlme Caillie eine gefahrvolle Wüstenreise über Timbuktu nach
Marokko (März 1827 bis September 1828). Seither sind französische Forscher
unablässig bemüht gewesen, die Grenzen unserer geographischen Kenntnisse gegen
Süden hin zu erweitern, und in der That bildet das nordwestliche Afrika
bis hinab nach Senegambien ein fast ausschließlich französisches Forschungs¬
gebiet. Der algerische Atlas und die südlich davon gelegenen Oasen wurden
zum Theile durch einzelne militärische Expeditionen bekannt, den weitaus
größten Theil unserer jetzigen Kenntniß der eigenthümlichen Wüstengebiete
im Süden Algeriens verdanken wir indeß den Reisen > und Erkundig¬
ungen des trefflich Henri Duveyrier; seit 1839 bereiste er das französische
Nordafrika und die westliche Sahara, darauf 1860 das südliche Tunesien bis
zur Kleinen Syrte und auf einer zweiten Tour das Land der Tuareg und das
südliche Tripolitanien bis Murzuk. In neuester Zeit versuchte Norbert Dvur-
naux-Dupe're' über Ghadames nach Rhat zu gehen, wurde indeß 1874 er¬
schlagen.

Marokko war schon in früheren Jahrhunderten wiederholt besucht worden;
in unser Jahrhundert fallen die Reisen Röntgen's, der über Marokko nach
Timbuktu wollte, von Mogador aufbrach, aber schon nach wenigen Tage-
Märschen in südlicher Richtung, in der Provinz Staha, im Juli 1809 von
seinen Führern ermordet wurde. Ein ähnliches Schicksal hatte der englische
Arzt John Davidson, welcher im Dezember 1833 von Tanger ausbrach und
längs der marokkanischen Westküste, mit Abstechern in das Innere des Landes
nach Angelmln, der Hauptstadt des Wady Nun, wanderte, von wo er nach
Timbuktu gehen zu können hoffte. Er kam aber nur bis Suekeya, im Süden
der Sandwüste von Jgidi, wo er am 18. Dezember 1830 von seinen Gefährten
umgebracht wurde. Unter den neueren Reisenden in Marokko nimmt wieder
Gerhard Rvhlfs eine der hervorragendsten Stellen ein. Von Tanger an der
Westküste entlang ziehend (1802) wandte er sich von Agadir der Sahara zu,
welche er als erster Europäer über Tarudant, Wady Draa und Tafilelt
durchschnitt. Zehn Jahre später gingen Carl von Fritsch und I. I, Nein
von Mogador über die Hauptstadt nach dem Atlas, wo sie im Dermat-Thale
längere Zeit verweilten.

Von Senegambien aus ließen sich die Franzosen die Erforschung des
Landes angelegen sein. Doch hatte schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts der
Schotte Mungo Park dieses Gebiet zu erschließen begonnen. Er steuerte den
Gambia bis Pisania aufwärts und ging dann zuerst gerade nach Osten, über
Kemmu, der Hauptstadt des Reiches Kaarta, und Ludamar nach dem Niger,
den er als der erste Europäer erblickte, und nach segn. der Hauptstadt von


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[0211] namhafter Weise. Frühzeitig waren die Franzosen auf Erschließung neuer Handelswege mit dem Sudan bedacht, und noch vor der Erwerbung Algeriens vollführte Rlme Caillie eine gefahrvolle Wüstenreise über Timbuktu nach Marokko (März 1827 bis September 1828). Seither sind französische Forscher unablässig bemüht gewesen, die Grenzen unserer geographischen Kenntnisse gegen Süden hin zu erweitern, und in der That bildet das nordwestliche Afrika bis hinab nach Senegambien ein fast ausschließlich französisches Forschungs¬ gebiet. Der algerische Atlas und die südlich davon gelegenen Oasen wurden zum Theile durch einzelne militärische Expeditionen bekannt, den weitaus größten Theil unserer jetzigen Kenntniß der eigenthümlichen Wüstengebiete im Süden Algeriens verdanken wir indeß den Reisen > und Erkundig¬ ungen des trefflich Henri Duveyrier; seit 1839 bereiste er das französische Nordafrika und die westliche Sahara, darauf 1860 das südliche Tunesien bis zur Kleinen Syrte und auf einer zweiten Tour das Land der Tuareg und das südliche Tripolitanien bis Murzuk. In neuester Zeit versuchte Norbert Dvur- naux-Dupe're' über Ghadames nach Rhat zu gehen, wurde indeß 1874 er¬ schlagen. Marokko war schon in früheren Jahrhunderten wiederholt besucht worden; in unser Jahrhundert fallen die Reisen Röntgen's, der über Marokko nach Timbuktu wollte, von Mogador aufbrach, aber schon nach wenigen Tage- Märschen in südlicher Richtung, in der Provinz Staha, im Juli 1809 von seinen Führern ermordet wurde. Ein ähnliches Schicksal hatte der englische Arzt John Davidson, welcher im Dezember 1833 von Tanger ausbrach und längs der marokkanischen Westküste, mit Abstechern in das Innere des Landes nach Angelmln, der Hauptstadt des Wady Nun, wanderte, von wo er nach Timbuktu gehen zu können hoffte. Er kam aber nur bis Suekeya, im Süden der Sandwüste von Jgidi, wo er am 18. Dezember 1830 von seinen Gefährten umgebracht wurde. Unter den neueren Reisenden in Marokko nimmt wieder Gerhard Rvhlfs eine der hervorragendsten Stellen ein. Von Tanger an der Westküste entlang ziehend (1802) wandte er sich von Agadir der Sahara zu, welche er als erster Europäer über Tarudant, Wady Draa und Tafilelt durchschnitt. Zehn Jahre später gingen Carl von Fritsch und I. I, Nein von Mogador über die Hauptstadt nach dem Atlas, wo sie im Dermat-Thale längere Zeit verweilten. Von Senegambien aus ließen sich die Franzosen die Erforschung des Landes angelegen sein. Doch hatte schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts der Schotte Mungo Park dieses Gebiet zu erschließen begonnen. Er steuerte den Gambia bis Pisania aufwärts und ging dann zuerst gerade nach Osten, über Kemmu, der Hauptstadt des Reiches Kaarta, und Ludamar nach dem Niger, den er als der erste Europäer erblickte, und nach segn. der Hauptstadt von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/211>, abgerufen am 16.06.2024.