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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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November 1853 als der erste Europäer den gewaltigen Mosiwatunja und
wanderte 1866 längs des Zambesi hinauf nach Kilimane, um von dort nach
England zurückzukehren. Wiederholt besuchte Livingstone den unteren Zambesi
bis zu den Kebrabasa-Fällen 1858, und den mittleren bis nach dem Mofiwa¬
tunja 1860 und 1861. Die letztere Strecke des Stromlaufes wurde an
verschiedenen Punkten auch von Baines, Chapman, Mohr und Thomas berührt,
welche die südlicher gelegenen Gegenden durchwanderten- Im Jahre 1859
ging Livingstone den Schirefluß bis zu den Murchisonfällen hinauf und lenkte
östlich nach dem Schirwasee ab; eine zweite Excursion führte ihn an das
Südende des Nyassasees, den er 1861 an seinem westlichen Ufer erforschte und
1866 abermals besuchte. Nur einen Monat später als Livingstone gelangte
1859 Albert Röscher von Kilon aus an den Nyassasee, in dessen Nähe ihn
kurze Zeit darauf von mörderischer Hand ein allzufrüher Tod ereilte.

Wir treten nunmehr in das sogenannte Gebiet der großen Seen ein,
deren vielleicht bedeutendster der Tanganjika-See, 1858 durch Burton und
Speke entdeckt wurde. Sie nahmen ihren Weg von Bagamojo, Zanzibar
gegenüber, durch Ugogo und Uniamuesi geradlinig auf Udschidschi am Ostufer
des Sees, welchen sie alsdann theilweise befuhren; 1867 folgte Livingstone
ihnen nach, insofern er von Süden herauf den Luembasee erreichte, und
dieses Anhängsel des Tanganjika erst entdeckte; er wandte sich dann westlich
nach dem Moerosee und Cazembe's Residenz, entdeckte südwärts ziehend den
Bangweolo-See und gelangte 1869 nach Udschidschi. Im Jahre 1870 setzte
der kühne Forscher wiederholt auf das Westufer des Tanganjika über und
kreuzte das Manjuemaland über Bambarre nach dem Handelsplatz Njangwe
am Lualaba, bei welcher Gelegenheit er dem Kamolondosee mindestens sehr
nahe kam. Nach Udschidschi zurückgekehrt, traf er dort mit Stanley
zusammen, welcher inzwischen zu seiner Aufsuchung ausgezogen und durch
Ukonongv und Ukawendi an den Tanganjika vorgedrungen war. Beide
Reisende befuhren dann den See nach seinem Nordende und constatirten die
Abgeschlossenheit seines Beckens in jener Richtung. Sie gingen alsdann
gemeinsam aus neuem Wege nach Unianjembe zurück, worauf Livingstone in
der Absicht weitere Forschungen am Lualaba vorzunehmen, umkehrte, um am
1. Mai 1873 am Bangweolo See sein thatenreiches Leben zu beschließen.
Aus seinen erhaltenen Tagebüchern geht mit ziemlicher Gewißheit die Unab¬
hängigkeit des Lualaba und seines Seensuftemes von den östlicheren Wasser¬
flächen hervor und dürfen wir mit aller Wahrscheinlichkeit im Lualaba den
Oberlauf des Congo, nicht wie Livingstone selbst wähnte, des Niles vermuthen.
Lieutenant Cameron, der zur Unterstützung Livingstorie's abgeschickt, nur noch
dessen Leichenconduct begegnete, sich aber zur Fortsetzung der Livingstone'schen
Entdeckungen entschloß, kam am 21. Februar 1874 nach Udschidschi und war


November 1853 als der erste Europäer den gewaltigen Mosiwatunja und
wanderte 1866 längs des Zambesi hinauf nach Kilimane, um von dort nach
England zurückzukehren. Wiederholt besuchte Livingstone den unteren Zambesi
bis zu den Kebrabasa-Fällen 1858, und den mittleren bis nach dem Mofiwa¬
tunja 1860 und 1861. Die letztere Strecke des Stromlaufes wurde an
verschiedenen Punkten auch von Baines, Chapman, Mohr und Thomas berührt,
welche die südlicher gelegenen Gegenden durchwanderten- Im Jahre 1859
ging Livingstone den Schirefluß bis zu den Murchisonfällen hinauf und lenkte
östlich nach dem Schirwasee ab; eine zweite Excursion führte ihn an das
Südende des Nyassasees, den er 1861 an seinem westlichen Ufer erforschte und
1866 abermals besuchte. Nur einen Monat später als Livingstone gelangte
1859 Albert Röscher von Kilon aus an den Nyassasee, in dessen Nähe ihn
kurze Zeit darauf von mörderischer Hand ein allzufrüher Tod ereilte.

Wir treten nunmehr in das sogenannte Gebiet der großen Seen ein,
deren vielleicht bedeutendster der Tanganjika-See, 1858 durch Burton und
Speke entdeckt wurde. Sie nahmen ihren Weg von Bagamojo, Zanzibar
gegenüber, durch Ugogo und Uniamuesi geradlinig auf Udschidschi am Ostufer
des Sees, welchen sie alsdann theilweise befuhren; 1867 folgte Livingstone
ihnen nach, insofern er von Süden herauf den Luembasee erreichte, und
dieses Anhängsel des Tanganjika erst entdeckte; er wandte sich dann westlich
nach dem Moerosee und Cazembe's Residenz, entdeckte südwärts ziehend den
Bangweolo-See und gelangte 1869 nach Udschidschi. Im Jahre 1870 setzte
der kühne Forscher wiederholt auf das Westufer des Tanganjika über und
kreuzte das Manjuemaland über Bambarre nach dem Handelsplatz Njangwe
am Lualaba, bei welcher Gelegenheit er dem Kamolondosee mindestens sehr
nahe kam. Nach Udschidschi zurückgekehrt, traf er dort mit Stanley
zusammen, welcher inzwischen zu seiner Aufsuchung ausgezogen und durch
Ukonongv und Ukawendi an den Tanganjika vorgedrungen war. Beide
Reisende befuhren dann den See nach seinem Nordende und constatirten die
Abgeschlossenheit seines Beckens in jener Richtung. Sie gingen alsdann
gemeinsam aus neuem Wege nach Unianjembe zurück, worauf Livingstone in
der Absicht weitere Forschungen am Lualaba vorzunehmen, umkehrte, um am
1. Mai 1873 am Bangweolo See sein thatenreiches Leben zu beschließen.
Aus seinen erhaltenen Tagebüchern geht mit ziemlicher Gewißheit die Unab¬
hängigkeit des Lualaba und seines Seensuftemes von den östlicheren Wasser¬
flächen hervor und dürfen wir mit aller Wahrscheinlichkeit im Lualaba den
Oberlauf des Congo, nicht wie Livingstone selbst wähnte, des Niles vermuthen.
Lieutenant Cameron, der zur Unterstützung Livingstorie's abgeschickt, nur noch
dessen Leichenconduct begegnete, sich aber zur Fortsetzung der Livingstone'schen
Entdeckungen entschloß, kam am 21. Februar 1874 nach Udschidschi und war


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/216>, abgerufen am 16.06.2024.