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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Deutschen herbei. Dies war die 23. und die einzige, die durch unsere Offen¬
sive berechtigt war." Seite 204: "Am 22. September 1792 rückte die franzö¬
sische Armee inmitten von Beifallsbezeugungen in Savoyen ein, es war
weder eine Invasion noch ein Eroberung, sondern gegenseitiger 6Jen as tra-
ten'nec>. Zwei lang getrennte Brüder finden sich wieder, umarmen sich; das
ist die einfache und große Geschichte." Seite 21,1: "Napoleon I. rächt bei
Jena und Auerstädt alle Invasionen, welche wir seit den Anfängen der
Nation erlitten hatten. Preußen scheint todt, das deutsche Reich ist zerstört.
Dank der (üonkeävratioll MrmÄMguö" (er meint hier wohl C0ut6ä^ration
rkönainz, den Rheinbund?) "und den umfassenden Interessen der Mittelstaaten,
es scheint, daß die Einheit Deutschlands, jene Gefahr, gegen welche seit Jahr¬
hunderten das Genie Frankreichs gekämpft, für ewig beschworen wäre." Seite
223: "Der König von Preußen, der auf gallischer Erde nur das Herzogthum
Cleve und einen Theil Gelderns besaß, empfing fast das ganze rheinländische
Frankreich, man machte ihn so zum Wächter Deutschlands gegen Frankreich."
Zwei Seiten weiter heißt es: "Nicht erst seit gestern hat Europa unser Land
gegen den Haß Preußens vertheidigen müssen. Die Verträge von 1815 hatten
in den Augen dieser unerbittlichen Feindin unsere Stellung noch nicht genügend
verringert."

Der Frankfurter Friede ist nach Herrn Victor ein Act der militärischen
Gewalt und kein Instrument der Beruhigung und der Versöhnung. Europa
hat die Zerstückelung Frankreichs nicht ratificirt und nicht gebilligt, die Con¬
vention von 1870 ist nur für die beiden contrahirenden Mächte verbindlich.
Er hält es für schwierig, daß ernsthafte Garantien des europäischen Friedens
auf der Basis des Frankfurter Vertrags gefunden werden können. Den Ge¬
danken aber an eine blutige Revanche schon für das Jahr 1876 weist er
mit folgenden Worten zurück: "Wir werden uns auf diese Thorheit nicht
einlassen. Wir werden das deutsche Reich sich unter dem Gewicht seiner
Siege umherwälzen lassen; die Zeit ist nahe, wo die Süddeutschen müde
werden, die Werkzeuge einer egoistischen Politik zu sein, für welche die Re¬
ligion nur ein Mittel ist; ein nagender Wurm hat sich im Herzen Deutsch¬
lands eingenistet, und die Unordnungen, welche er dort verursacht, werden
bald zum Borschein kommen. Die Freimaurerei und ihre Armee, die inter¬
nationale Arbeiterverbindung, haben ganz nach Wunsch ein Theater aufge¬
schlagen in dem Lande, welches die Rohheiten der Hussiten, der Rüsttaudts (?)
und der Wiedertäufer gesehen hat. Morgen vielleicht wird der rothe Hahn
die Frauen Berlins und die Kinder von Münster und Hamburg in Schrecken
setzen."

Nachdem uns Herr Victor so zu unserm eigenen Besten die Hölle recht
heiß gemacht hat, nachdem er den Boden unter uns schon hat wanken und


Deutschen herbei. Dies war die 23. und die einzige, die durch unsere Offen¬
sive berechtigt war." Seite 204: „Am 22. September 1792 rückte die franzö¬
sische Armee inmitten von Beifallsbezeugungen in Savoyen ein, es war
weder eine Invasion noch ein Eroberung, sondern gegenseitiger 6Jen as tra-
ten'nec>. Zwei lang getrennte Brüder finden sich wieder, umarmen sich; das
ist die einfache und große Geschichte." Seite 21,1: „Napoleon I. rächt bei
Jena und Auerstädt alle Invasionen, welche wir seit den Anfängen der
Nation erlitten hatten. Preußen scheint todt, das deutsche Reich ist zerstört.
Dank der (üonkeävratioll MrmÄMguö" (er meint hier wohl C0ut6ä^ration
rkönainz, den Rheinbund?) „und den umfassenden Interessen der Mittelstaaten,
es scheint, daß die Einheit Deutschlands, jene Gefahr, gegen welche seit Jahr¬
hunderten das Genie Frankreichs gekämpft, für ewig beschworen wäre." Seite
223: „Der König von Preußen, der auf gallischer Erde nur das Herzogthum
Cleve und einen Theil Gelderns besaß, empfing fast das ganze rheinländische
Frankreich, man machte ihn so zum Wächter Deutschlands gegen Frankreich."
Zwei Seiten weiter heißt es: „Nicht erst seit gestern hat Europa unser Land
gegen den Haß Preußens vertheidigen müssen. Die Verträge von 1815 hatten
in den Augen dieser unerbittlichen Feindin unsere Stellung noch nicht genügend
verringert."

Der Frankfurter Friede ist nach Herrn Victor ein Act der militärischen
Gewalt und kein Instrument der Beruhigung und der Versöhnung. Europa
hat die Zerstückelung Frankreichs nicht ratificirt und nicht gebilligt, die Con¬
vention von 1870 ist nur für die beiden contrahirenden Mächte verbindlich.
Er hält es für schwierig, daß ernsthafte Garantien des europäischen Friedens
auf der Basis des Frankfurter Vertrags gefunden werden können. Den Ge¬
danken aber an eine blutige Revanche schon für das Jahr 1876 weist er
mit folgenden Worten zurück: „Wir werden uns auf diese Thorheit nicht
einlassen. Wir werden das deutsche Reich sich unter dem Gewicht seiner
Siege umherwälzen lassen; die Zeit ist nahe, wo die Süddeutschen müde
werden, die Werkzeuge einer egoistischen Politik zu sein, für welche die Re¬
ligion nur ein Mittel ist; ein nagender Wurm hat sich im Herzen Deutsch¬
lands eingenistet, und die Unordnungen, welche er dort verursacht, werden
bald zum Borschein kommen. Die Freimaurerei und ihre Armee, die inter¬
nationale Arbeiterverbindung, haben ganz nach Wunsch ein Theater aufge¬
schlagen in dem Lande, welches die Rohheiten der Hussiten, der Rüsttaudts (?)
und der Wiedertäufer gesehen hat. Morgen vielleicht wird der rothe Hahn
die Frauen Berlins und die Kinder von Münster und Hamburg in Schrecken
setzen."

Nachdem uns Herr Victor so zu unserm eigenen Besten die Hölle recht
heiß gemacht hat, nachdem er den Boden unter uns schon hat wanken und


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[0022] Deutschen herbei. Dies war die 23. und die einzige, die durch unsere Offen¬ sive berechtigt war." Seite 204: „Am 22. September 1792 rückte die franzö¬ sische Armee inmitten von Beifallsbezeugungen in Savoyen ein, es war weder eine Invasion noch ein Eroberung, sondern gegenseitiger 6Jen as tra- ten'nec>. Zwei lang getrennte Brüder finden sich wieder, umarmen sich; das ist die einfache und große Geschichte." Seite 21,1: „Napoleon I. rächt bei Jena und Auerstädt alle Invasionen, welche wir seit den Anfängen der Nation erlitten hatten. Preußen scheint todt, das deutsche Reich ist zerstört. Dank der (üonkeävratioll MrmÄMguö" (er meint hier wohl C0ut6ä^ration rkönainz, den Rheinbund?) „und den umfassenden Interessen der Mittelstaaten, es scheint, daß die Einheit Deutschlands, jene Gefahr, gegen welche seit Jahr¬ hunderten das Genie Frankreichs gekämpft, für ewig beschworen wäre." Seite 223: „Der König von Preußen, der auf gallischer Erde nur das Herzogthum Cleve und einen Theil Gelderns besaß, empfing fast das ganze rheinländische Frankreich, man machte ihn so zum Wächter Deutschlands gegen Frankreich." Zwei Seiten weiter heißt es: „Nicht erst seit gestern hat Europa unser Land gegen den Haß Preußens vertheidigen müssen. Die Verträge von 1815 hatten in den Augen dieser unerbittlichen Feindin unsere Stellung noch nicht genügend verringert." Der Frankfurter Friede ist nach Herrn Victor ein Act der militärischen Gewalt und kein Instrument der Beruhigung und der Versöhnung. Europa hat die Zerstückelung Frankreichs nicht ratificirt und nicht gebilligt, die Con¬ vention von 1870 ist nur für die beiden contrahirenden Mächte verbindlich. Er hält es für schwierig, daß ernsthafte Garantien des europäischen Friedens auf der Basis des Frankfurter Vertrags gefunden werden können. Den Ge¬ danken aber an eine blutige Revanche schon für das Jahr 1876 weist er mit folgenden Worten zurück: „Wir werden uns auf diese Thorheit nicht einlassen. Wir werden das deutsche Reich sich unter dem Gewicht seiner Siege umherwälzen lassen; die Zeit ist nahe, wo die Süddeutschen müde werden, die Werkzeuge einer egoistischen Politik zu sein, für welche die Re¬ ligion nur ein Mittel ist; ein nagender Wurm hat sich im Herzen Deutsch¬ lands eingenistet, und die Unordnungen, welche er dort verursacht, werden bald zum Borschein kommen. Die Freimaurerei und ihre Armee, die inter¬ nationale Arbeiterverbindung, haben ganz nach Wunsch ein Theater aufge¬ schlagen in dem Lande, welches die Rohheiten der Hussiten, der Rüsttaudts (?) und der Wiedertäufer gesehen hat. Morgen vielleicht wird der rothe Hahn die Frauen Berlins und die Kinder von Münster und Hamburg in Schrecken setzen." Nachdem uns Herr Victor so zu unserm eigenen Besten die Hölle recht heiß gemacht hat, nachdem er den Boden unter uns schon hat wanken und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/22>, abgerufen am 15.05.2024.