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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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waren aber nur damals gleichzeitig in Wien. Auch bestätigen dieses Datum
weitere Einzelheiten seiner Erzählung.

Wie er sich nun hier vor allem von Mozart aufgenommen sah, wird des
Näheren in meinem im Druck begriffenen Buche "Mozart. Nach den Schilderungen
seiner Zeitgenossen" zu finden sein. Mozart führte in einem seiner Konzerte
eine jener Symphonien von Gyrowetz auf, "nahm mit seiner angeborenen
Herzensgüte den jungen Künstler bei der Hand und stellte ihn als den Autor
der Symphonie dem Publikum vor." Diese Erstlingswerke wurden dann von
dem Fürsten Grassalkowich angekauft und von ihm auch dem Fürsten v. Esterhazy
auf dessen Wunsch in schöner Abschrift geschenkt, und wie hier eine schnelle
Berühmtheit oder doch persönliche Wertschätzung erlangt war, bestätigt der
fernere Umstand, daß Gyrowetz schon nach "einiger Zeit" im Hause des
Fürsten Schwarzenberg aufgenommen werden sollte und, was hier entscheidend
ist, noch in demselben Jahre Sekretär und Violinspieler des Fürsten Rnspoli
wurde. Dieser bekannte römische Fürst hatte sich an die Gräfin Brenner nach
Wien um einen solchen "jungen Menschen" gewandt, und wenn wir nun in
Goethe's Briefe aus Rom vom 23. November 1786 lesen: "Den Fürsten von
Lichtenstein, den Bruder der mir so werthen Gräfin Harrach, habe ich gern
begrüßt und einigemal bei ihm gespeist", so wissen wir, daß er also doch
wenigstens in jenen österreichischen Adelskreisen verkehrte, denen Fürst Rnspoli
nahe stand und Gyrowetz seinen Aufenthalt in Rom verdankte. Dieser selbst
aber erzählt von sich obendrein: "Er wurde vou dem Fürsten auf das freundlichste
empfangen und mehr als Freund und Lehrer denn als Diener behandelt",
nud ferner: "Während dieser Reise wurde Gyrowetz von dem Fürsten in den
ersten Herrschaftshäusern als Künstler aufgeführt und hatte also das Glück
schon als junger Mensch sich eine bedeutende Reputation zu erwerben." Ja
schon die Besichtigung von Guido Reni's Aurora im Palazzo Ruspoli konnte
Goethe mit dem' jungen Sekretär des Fürsten, der dort eine anständige Wohnung
hatte, in persönliche Berührung gebracht haben. Und wenn wir zuletzt noch
Goethe unterm 11. November 1786 selbst erzählen hören: "Heute habe ich
die Nymphe Egeria besucht, dann die Rennbahn des Caracalla u. s. w. und
unterm 13. Januar 1787: "Dazu kommen noch die frischen Tage", so sind
wir genügend unterrichtet, um unsern Zeugen über seinen Aufenthalt in Rom
sunt seine erste Bekanntschaft mit Goethe zu vernehmen.

Gyrowetz erzählt: "Er machte dort die Bekanntschaft mehrerer der anwesenden
Künstler, worunter auch viele Deutsche waren als Maler Rosa, Dies, Müller,
sowie auch mehrere vorzügliche Künstler ans Frankreich als David, Se. George,
Legrand :c., in deren Gesellschaft er sehr oft bei einem deutschen Gastwirth in der


waren aber nur damals gleichzeitig in Wien. Auch bestätigen dieses Datum
weitere Einzelheiten seiner Erzählung.

Wie er sich nun hier vor allem von Mozart aufgenommen sah, wird des
Näheren in meinem im Druck begriffenen Buche „Mozart. Nach den Schilderungen
seiner Zeitgenossen" zu finden sein. Mozart führte in einem seiner Konzerte
eine jener Symphonien von Gyrowetz auf, „nahm mit seiner angeborenen
Herzensgüte den jungen Künstler bei der Hand und stellte ihn als den Autor
der Symphonie dem Publikum vor." Diese Erstlingswerke wurden dann von
dem Fürsten Grassalkowich angekauft und von ihm auch dem Fürsten v. Esterhazy
auf dessen Wunsch in schöner Abschrift geschenkt, und wie hier eine schnelle
Berühmtheit oder doch persönliche Wertschätzung erlangt war, bestätigt der
fernere Umstand, daß Gyrowetz schon nach „einiger Zeit" im Hause des
Fürsten Schwarzenberg aufgenommen werden sollte und, was hier entscheidend
ist, noch in demselben Jahre Sekretär und Violinspieler des Fürsten Rnspoli
wurde. Dieser bekannte römische Fürst hatte sich an die Gräfin Brenner nach
Wien um einen solchen „jungen Menschen" gewandt, und wenn wir nun in
Goethe's Briefe aus Rom vom 23. November 1786 lesen: „Den Fürsten von
Lichtenstein, den Bruder der mir so werthen Gräfin Harrach, habe ich gern
begrüßt und einigemal bei ihm gespeist", so wissen wir, daß er also doch
wenigstens in jenen österreichischen Adelskreisen verkehrte, denen Fürst Rnspoli
nahe stand und Gyrowetz seinen Aufenthalt in Rom verdankte. Dieser selbst
aber erzählt von sich obendrein: „Er wurde vou dem Fürsten auf das freundlichste
empfangen und mehr als Freund und Lehrer denn als Diener behandelt",
nud ferner: „Während dieser Reise wurde Gyrowetz von dem Fürsten in den
ersten Herrschaftshäusern als Künstler aufgeführt und hatte also das Glück
schon als junger Mensch sich eine bedeutende Reputation zu erwerben." Ja
schon die Besichtigung von Guido Reni's Aurora im Palazzo Ruspoli konnte
Goethe mit dem' jungen Sekretär des Fürsten, der dort eine anständige Wohnung
hatte, in persönliche Berührung gebracht haben. Und wenn wir zuletzt noch
Goethe unterm 11. November 1786 selbst erzählen hören: „Heute habe ich
die Nymphe Egeria besucht, dann die Rennbahn des Caracalla u. s. w. und
unterm 13. Januar 1787: „Dazu kommen noch die frischen Tage", so sind
wir genügend unterrichtet, um unsern Zeugen über seinen Aufenthalt in Rom
sunt seine erste Bekanntschaft mit Goethe zu vernehmen.

Gyrowetz erzählt: „Er machte dort die Bekanntschaft mehrerer der anwesenden
Künstler, worunter auch viele Deutsche waren als Maler Rosa, Dies, Müller,
sowie auch mehrere vorzügliche Künstler ans Frankreich als David, Se. George,
Legrand :c., in deren Gesellschaft er sehr oft bei einem deutschen Gastwirth in der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/195>, abgerufen am 29.05.2024.