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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Man darf nicht übersehen, daß die meisten Gutsbesitzer schlechte Wirthschafter
waren. Wie Goltz die Sache so hübsch ausdrückt, die Mehrzahl war Guts¬
besitzer, nicht Landwirthe; für den landwirtschaftlichen Betrieb hatten
die wenigsten Interesse oder Verständniß. Für die Gutsherrschaften war die
nächste Folge aus der durch die agrarische Gesetzgebung Stein's und Harden-
berg's herbeigeführten Neuordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse
sehr leicht ein wirthschaftlicher Ruin, wenn sie nicht über größere Mittel ge¬
boten oder mit ganzer Energie sich der persönlichen Bewirthschaftung ihres
Besitzes widmeten; und weiterhin traf recht, recht viele Landwirthe vollstän¬
diger Ruin, wie ihn die Denkschrift lebendig uns vor Augen führt. Aber
allen durch königliche Subvention beizuspringen, war ganz unmöglich; wie
hätten drei Millionen dazu gereicht!! -- Es konnte sich nur darum handeln,
einem Theil der Gutsbesitzer zu Hülfe zu kommen; man mußte eine Auswahl
treffen, und diese Auswahl war Sache Schön's. Weit besser war er zu der¬
selben befähigt als irgendwelche in Berlin refidirende Persönlichkeit; er hatte
Sinn und Verständniß für derartige nationalökonomische und landwirthschaft-
liche Fragen; er kannte Personen und Zustände in der Provinz scharf und
genau. Immerhin wird man als möglich zugeben können, daß er bei seinen
Zuwendungen einzelne Mißgriffe gemacht; -- aber selbst wenn einzelnes in
dieser Hinsicht ihm vorgeworfen werden könnte, so würde dadurch das Ergebniß
nicht gestört sein, daß er im Großen und Ganzen das richtige getroffen.
Nur tüchtigen Landwirthen, die im Besitze zu erhalten das allgemeine Interesse
erheischte, nur solchen durften Subventionen zu Theil werden; und es ist
wichtig zu konstatiren, daß die gegnerische Schrift, wo sie Namen nennt, denen
nach ihrer Ansicht Schön mit Unrecht Unterstützung zugewendet haben soll,
nur tüchtige, leistungsfähige, intelligente Personen hervorzieht. Der ver¬
suchte Beweis, durch einzelne Beispiele die Ungerechtigkeit Schöns zu zeigen,
ist völlig mißlungen; er schlägt ins Gegentheil um. Es sind drei Namen,
über deren Berücksichtigung die Denkschrift klagt: die Erben des Grafen
Schlieben, von Fahrenheit, von Brünneck. Grade von ihnen aber behauptet Pro¬
fessor von der Goltz, dem sicherlich Niemand Unbefangenheit und Objektivität
des Urtheiles in diesem Falle bestreikn kann, daß sie die tüchtigsten, einsichtigsten,
energischsten Landwirthe der Provinz gewesen, Vorbild und Muster den wei¬
testen Kreisen, von ihren Genossen in den landwirtschaftlichen Vereinen
vorzugsweise durch Ehrenämter ausgezeichnet; er betont es besonders, daß die
Einführung des spanischen Schafes eine unläugbare Wohlthat für die Provinz
bedeutet, und daß die Beschaffung der den Gutsbesitzern gelieferten spanischen
Schafe durch den höchst sachverständigen Obersten von Brünneck eine Maßregel
gewesen, welcher grade der Erfolg der Sache verdankt worden. Die von den


Man darf nicht übersehen, daß die meisten Gutsbesitzer schlechte Wirthschafter
waren. Wie Goltz die Sache so hübsch ausdrückt, die Mehrzahl war Guts¬
besitzer, nicht Landwirthe; für den landwirtschaftlichen Betrieb hatten
die wenigsten Interesse oder Verständniß. Für die Gutsherrschaften war die
nächste Folge aus der durch die agrarische Gesetzgebung Stein's und Harden-
berg's herbeigeführten Neuordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse
sehr leicht ein wirthschaftlicher Ruin, wenn sie nicht über größere Mittel ge¬
boten oder mit ganzer Energie sich der persönlichen Bewirthschaftung ihres
Besitzes widmeten; und weiterhin traf recht, recht viele Landwirthe vollstän¬
diger Ruin, wie ihn die Denkschrift lebendig uns vor Augen führt. Aber
allen durch königliche Subvention beizuspringen, war ganz unmöglich; wie
hätten drei Millionen dazu gereicht!! — Es konnte sich nur darum handeln,
einem Theil der Gutsbesitzer zu Hülfe zu kommen; man mußte eine Auswahl
treffen, und diese Auswahl war Sache Schön's. Weit besser war er zu der¬
selben befähigt als irgendwelche in Berlin refidirende Persönlichkeit; er hatte
Sinn und Verständniß für derartige nationalökonomische und landwirthschaft-
liche Fragen; er kannte Personen und Zustände in der Provinz scharf und
genau. Immerhin wird man als möglich zugeben können, daß er bei seinen
Zuwendungen einzelne Mißgriffe gemacht; — aber selbst wenn einzelnes in
dieser Hinsicht ihm vorgeworfen werden könnte, so würde dadurch das Ergebniß
nicht gestört sein, daß er im Großen und Ganzen das richtige getroffen.
Nur tüchtigen Landwirthen, die im Besitze zu erhalten das allgemeine Interesse
erheischte, nur solchen durften Subventionen zu Theil werden; und es ist
wichtig zu konstatiren, daß die gegnerische Schrift, wo sie Namen nennt, denen
nach ihrer Ansicht Schön mit Unrecht Unterstützung zugewendet haben soll,
nur tüchtige, leistungsfähige, intelligente Personen hervorzieht. Der ver¬
suchte Beweis, durch einzelne Beispiele die Ungerechtigkeit Schöns zu zeigen,
ist völlig mißlungen; er schlägt ins Gegentheil um. Es sind drei Namen,
über deren Berücksichtigung die Denkschrift klagt: die Erben des Grafen
Schlieben, von Fahrenheit, von Brünneck. Grade von ihnen aber behauptet Pro¬
fessor von der Goltz, dem sicherlich Niemand Unbefangenheit und Objektivität
des Urtheiles in diesem Falle bestreikn kann, daß sie die tüchtigsten, einsichtigsten,
energischsten Landwirthe der Provinz gewesen, Vorbild und Muster den wei¬
testen Kreisen, von ihren Genossen in den landwirtschaftlichen Vereinen
vorzugsweise durch Ehrenämter ausgezeichnet; er betont es besonders, daß die
Einführung des spanischen Schafes eine unläugbare Wohlthat für die Provinz
bedeutet, und daß die Beschaffung der den Gutsbesitzern gelieferten spanischen
Schafe durch den höchst sachverständigen Obersten von Brünneck eine Maßregel
gewesen, welcher grade der Erfolg der Sache verdankt worden. Die von den


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[0031] Man darf nicht übersehen, daß die meisten Gutsbesitzer schlechte Wirthschafter waren. Wie Goltz die Sache so hübsch ausdrückt, die Mehrzahl war Guts¬ besitzer, nicht Landwirthe; für den landwirtschaftlichen Betrieb hatten die wenigsten Interesse oder Verständniß. Für die Gutsherrschaften war die nächste Folge aus der durch die agrarische Gesetzgebung Stein's und Harden- berg's herbeigeführten Neuordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse sehr leicht ein wirthschaftlicher Ruin, wenn sie nicht über größere Mittel ge¬ boten oder mit ganzer Energie sich der persönlichen Bewirthschaftung ihres Besitzes widmeten; und weiterhin traf recht, recht viele Landwirthe vollstän¬ diger Ruin, wie ihn die Denkschrift lebendig uns vor Augen führt. Aber allen durch königliche Subvention beizuspringen, war ganz unmöglich; wie hätten drei Millionen dazu gereicht!! — Es konnte sich nur darum handeln, einem Theil der Gutsbesitzer zu Hülfe zu kommen; man mußte eine Auswahl treffen, und diese Auswahl war Sache Schön's. Weit besser war er zu der¬ selben befähigt als irgendwelche in Berlin refidirende Persönlichkeit; er hatte Sinn und Verständniß für derartige nationalökonomische und landwirthschaft- liche Fragen; er kannte Personen und Zustände in der Provinz scharf und genau. Immerhin wird man als möglich zugeben können, daß er bei seinen Zuwendungen einzelne Mißgriffe gemacht; — aber selbst wenn einzelnes in dieser Hinsicht ihm vorgeworfen werden könnte, so würde dadurch das Ergebniß nicht gestört sein, daß er im Großen und Ganzen das richtige getroffen. Nur tüchtigen Landwirthen, die im Besitze zu erhalten das allgemeine Interesse erheischte, nur solchen durften Subventionen zu Theil werden; und es ist wichtig zu konstatiren, daß die gegnerische Schrift, wo sie Namen nennt, denen nach ihrer Ansicht Schön mit Unrecht Unterstützung zugewendet haben soll, nur tüchtige, leistungsfähige, intelligente Personen hervorzieht. Der ver¬ suchte Beweis, durch einzelne Beispiele die Ungerechtigkeit Schöns zu zeigen, ist völlig mißlungen; er schlägt ins Gegentheil um. Es sind drei Namen, über deren Berücksichtigung die Denkschrift klagt: die Erben des Grafen Schlieben, von Fahrenheit, von Brünneck. Grade von ihnen aber behauptet Pro¬ fessor von der Goltz, dem sicherlich Niemand Unbefangenheit und Objektivität des Urtheiles in diesem Falle bestreikn kann, daß sie die tüchtigsten, einsichtigsten, energischsten Landwirthe der Provinz gewesen, Vorbild und Muster den wei¬ testen Kreisen, von ihren Genossen in den landwirtschaftlichen Vereinen vorzugsweise durch Ehrenämter ausgezeichnet; er betont es besonders, daß die Einführung des spanischen Schafes eine unläugbare Wohlthat für die Provinz bedeutet, und daß die Beschaffung der den Gutsbesitzern gelieferten spanischen Schafe durch den höchst sachverständigen Obersten von Brünneck eine Maßregel gewesen, welcher grade der Erfolg der Sache verdankt worden. Die von den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/31>, abgerufen am 15.05.2024.