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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Werde, so kann es der Kaiser nicht hindern. Und wenn ich es werden sollte,
so werde ich um so mehr Befriedigung haben es trotz des kaiserlichen Veto zu
sein, weil das bedeuten wird, daß meine Wahl lediglich das Werk Gottes ge¬
wesen ist." -- Im Konklave von 1590 wurde lange darüber verhandelt, ob
man den Wünschen König Philipps II. Rechnung tragen solle, der soweit ging,
die Wahl eines der sieben von ihm genannten Kardinäle zu verlangen. Dem
widersetzte sich energisch der Kardinal Montalto, welcher rieth, man solle im
Namen der Freiheit und um solche Eingriffe gänzlich abzuweisen, gerade einen
der vom Könige ausgeschlossenen Kandidaten, den Kardinal Mondovi, erwählen,
was nur deshalb nicht durchging, weil die Spanier gegen ihn wie gegen andere
Kandidaten Montalto's eine genügende Stimmenzahl zusammenbrachten. --
1644 war es wieder der König von Spanien, dessen Veto gegen den Kardinal
Sacchetti im Konklave heftigen Widerstand fand, obwohl der Beichtvater der
Kardinäle seine Meinung dahin ausgesprochen hatte, daß es Gewissenspflicht
sei unter so schwierigen Verhältnissen der Kirche einen so mächtigen Fürsten
sich geneigt zu erhalten. Der Kardinal Rapaccioli sprach offen und ener¬
gisch aus, daß ein solches direktes und unbegründetes Veto der Autorität
der Kirche zuwider sei und über die Rechte der Fürsten hinausgehe. -- Die
wiederholte Ausschließung des Kardinals Sacchetti im nächsten Konklave ver¬
anlaßte eine neue Remonstration gegen die Ansprüche Spaniens, Es wurde
eine Schrift im Konklave verbreitet, die man dem Kardinal Albizzi und dem
Advokaten Lia zuschrieb und welche zu beweisen suchte, daß kein weltlicher
Fürst ohne schweres Vergehen sich der Wahl irgend eines Kardinals widersetzen
dürfe und daß die Kardinäle, wenn sie solchen Ansprüchen nachgäben, eine
Todsünde begingen. Sacchetti wurde nicht gewählt, aber nur weil eine ge¬
nügende Stimmenzahl gegen ihn zusammengebracht, also statt der direkten die
indirekte Exklusive wirksam gemacht wurde.

Diese Fälle zeigen, wie es mit dem "Recht" des Veto bestellt gewesen ist.
Es gab kein Gesetz und keinen Vertrag, welcher den Regierungen dasselbe ga-
rantirte. Es ist auch später keine darauf bezügliche Verordnung erlassen
worden. Wenn trotzdem später, namentlich in unserm Jahrhundert, die Ex¬
klusive wiederholt angewendet und vom Konklave als ein Recht anerkannt
worden ist, so beweist dies nicht, daß das Recht unbegründet ist, sondern daß
man auch ohne besondere Bestimmungen es als ein selbstverständliches, in der
Nothwendigkeit der Sache liegendes acceptirt hat, und auf diese innere Noth¬
wendigkeit, nicht auf problematische Bullen und Dekrete werden sich auch heute
die Regierungen zu stützen haben, wenn sie es für nöthig halten bei der
Papstwahl ein Wort mitzureden und nicht Willens oder im Stande sind, durch
Gewinnung der Stimmen sich zu sichern.


Werde, so kann es der Kaiser nicht hindern. Und wenn ich es werden sollte,
so werde ich um so mehr Befriedigung haben es trotz des kaiserlichen Veto zu
sein, weil das bedeuten wird, daß meine Wahl lediglich das Werk Gottes ge¬
wesen ist." — Im Konklave von 1590 wurde lange darüber verhandelt, ob
man den Wünschen König Philipps II. Rechnung tragen solle, der soweit ging,
die Wahl eines der sieben von ihm genannten Kardinäle zu verlangen. Dem
widersetzte sich energisch der Kardinal Montalto, welcher rieth, man solle im
Namen der Freiheit und um solche Eingriffe gänzlich abzuweisen, gerade einen
der vom Könige ausgeschlossenen Kandidaten, den Kardinal Mondovi, erwählen,
was nur deshalb nicht durchging, weil die Spanier gegen ihn wie gegen andere
Kandidaten Montalto's eine genügende Stimmenzahl zusammenbrachten. —
1644 war es wieder der König von Spanien, dessen Veto gegen den Kardinal
Sacchetti im Konklave heftigen Widerstand fand, obwohl der Beichtvater der
Kardinäle seine Meinung dahin ausgesprochen hatte, daß es Gewissenspflicht
sei unter so schwierigen Verhältnissen der Kirche einen so mächtigen Fürsten
sich geneigt zu erhalten. Der Kardinal Rapaccioli sprach offen und ener¬
gisch aus, daß ein solches direktes und unbegründetes Veto der Autorität
der Kirche zuwider sei und über die Rechte der Fürsten hinausgehe. — Die
wiederholte Ausschließung des Kardinals Sacchetti im nächsten Konklave ver¬
anlaßte eine neue Remonstration gegen die Ansprüche Spaniens, Es wurde
eine Schrift im Konklave verbreitet, die man dem Kardinal Albizzi und dem
Advokaten Lia zuschrieb und welche zu beweisen suchte, daß kein weltlicher
Fürst ohne schweres Vergehen sich der Wahl irgend eines Kardinals widersetzen
dürfe und daß die Kardinäle, wenn sie solchen Ansprüchen nachgäben, eine
Todsünde begingen. Sacchetti wurde nicht gewählt, aber nur weil eine ge¬
nügende Stimmenzahl gegen ihn zusammengebracht, also statt der direkten die
indirekte Exklusive wirksam gemacht wurde.

Diese Fälle zeigen, wie es mit dem „Recht" des Veto bestellt gewesen ist.
Es gab kein Gesetz und keinen Vertrag, welcher den Regierungen dasselbe ga-
rantirte. Es ist auch später keine darauf bezügliche Verordnung erlassen
worden. Wenn trotzdem später, namentlich in unserm Jahrhundert, die Ex¬
klusive wiederholt angewendet und vom Konklave als ein Recht anerkannt
worden ist, so beweist dies nicht, daß das Recht unbegründet ist, sondern daß
man auch ohne besondere Bestimmungen es als ein selbstverständliches, in der
Nothwendigkeit der Sache liegendes acceptirt hat, und auf diese innere Noth¬
wendigkeit, nicht auf problematische Bullen und Dekrete werden sich auch heute
die Regierungen zu stützen haben, wenn sie es für nöthig halten bei der
Papstwahl ein Wort mitzureden und nicht Willens oder im Stande sind, durch
Gewinnung der Stimmen sich zu sichern.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/397>, abgerufen am 31.05.2024.