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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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eigenhändigen Note fügte der Landgraf der Instruktion an den Unterhändler
(den dänischen Gesandten am französischen Hofe zu Koblenz, v. Wächter) bei,
äußersten Falles thäte er es auch für 2 Millionen. Graf Artois war nnr
besorgt gewesen, ob der Landgraf auf so lange kreditiren werde, bis König
Ludwig befreit sei, und hatte angedeutet, der Kaiser würde die Zahlung wohl
garantiren. Der Landgraf theilte den Königen von Preußen und England
mit, daß er den Vertrag abzuschließen gedenke, worauf Friedrich Wilhelm II.
von Preußen ihm unterm 27. Juni 1791 den Rath giebt, sich vorläufig auf
die gewagte Unternehmung uicht einzulassen. Inzwischen war der Landgraf
auch schon infolge der weiteren Vorgänge in Frankreich bedenklich geworden.
Es hat Eindruck auf ihn gemacht, "daß Herr von BouiM mit seinen Linien-
truppen den König Ludwig von den Nationalgarten zu Varennes nicht hat
befreien können" und er sagte am 3. Juli: nachdem er seine Mittel überschlagen
habe, finde er, daß es doch nicht möglich sei, für eine unbegrenzte Zeit Kosten
für den Unterhalt seiner Truppen in einem fremden Lande darzureichen."

Bald darauf nahte sich dem Landgrafen ein anderer Versucher: der durch
seinen Eifer für die Wiedereinsetzung Ludwigs XVI. bekannte König Gustav III.
von Schweden suchte den Landgrafen mittelst schmeichelhaften Schreibens vom
21. Juli 1791 (aus Aachen) zu bestimmen, jene 12000 Mann ihm für jährlich
2 Millionen Fras. "bis zur Wiedereinsetzung des Königs von Frankreich in
die Rechte seiner Vorfahren" zu überlassen. Nach einem geheimen Artikel soll
der Vertrag als mit letzterem abgeschlossen gelten, Gustav will nnr Garantie
leisten. Die Unterhaltung der Truppen solle der Landgraf bis zum Einmarsch
in Frankreich, deu Sold bis zum Einzug in Paris übernehmen. Aber der
Landgraf lehnte am 1. August 1791 ab, weil seine Truppen eigentlich noch
für England zur Verfügung ständen und weil er den Oberbefehl nicht abtreten
wolle. Nun kam wieder der Dänische Gesandte v. Wächter und sagte, der
Zeitpunkt sei jetzt gekommen, wo der Landgraf die zugesagte Zusammenkunft
mit dem Grafen Artois in Wilhelmsbad auszuführen habe; der Landgraf
aber erinnert daran, daß er ja diese Konferenz abgelehnt habe.

Nachdem inzwischen am 27. August in Pillnitz der Kaiser und der
König von Preußen die bekannte Abrede getroffen, wandten sich die Grafen
v. Artois und Provence am 14. Sept. nochmals an den Landgrafen. Am
19. September schrieb ihm auch Ludwig XVI.; daun kam wieder Herr
v. Wächter und sagte, die Grafen in Schöubornslust (bei Coblenz) hätten noch
nicht ihr Vertrauen in seine Gesinnung verloren. Die Grafen rückten mit
der Vorlage eines Aceessionsvertrags zu den Abreden der deutschen Großmächte
von Pillnitz hervor. Der Landgraf ging jedoch auch darauf nicht ein, da
feine Minister vorgestellt hatten, es sei nicht zu erwarten, daß Frankreich, selbst


eigenhändigen Note fügte der Landgraf der Instruktion an den Unterhändler
(den dänischen Gesandten am französischen Hofe zu Koblenz, v. Wächter) bei,
äußersten Falles thäte er es auch für 2 Millionen. Graf Artois war nnr
besorgt gewesen, ob der Landgraf auf so lange kreditiren werde, bis König
Ludwig befreit sei, und hatte angedeutet, der Kaiser würde die Zahlung wohl
garantiren. Der Landgraf theilte den Königen von Preußen und England
mit, daß er den Vertrag abzuschließen gedenke, worauf Friedrich Wilhelm II.
von Preußen ihm unterm 27. Juni 1791 den Rath giebt, sich vorläufig auf
die gewagte Unternehmung uicht einzulassen. Inzwischen war der Landgraf
auch schon infolge der weiteren Vorgänge in Frankreich bedenklich geworden.
Es hat Eindruck auf ihn gemacht, „daß Herr von BouiM mit seinen Linien-
truppen den König Ludwig von den Nationalgarten zu Varennes nicht hat
befreien können" und er sagte am 3. Juli: nachdem er seine Mittel überschlagen
habe, finde er, daß es doch nicht möglich sei, für eine unbegrenzte Zeit Kosten
für den Unterhalt seiner Truppen in einem fremden Lande darzureichen."

Bald darauf nahte sich dem Landgrafen ein anderer Versucher: der durch
seinen Eifer für die Wiedereinsetzung Ludwigs XVI. bekannte König Gustav III.
von Schweden suchte den Landgrafen mittelst schmeichelhaften Schreibens vom
21. Juli 1791 (aus Aachen) zu bestimmen, jene 12000 Mann ihm für jährlich
2 Millionen Fras. „bis zur Wiedereinsetzung des Königs von Frankreich in
die Rechte seiner Vorfahren" zu überlassen. Nach einem geheimen Artikel soll
der Vertrag als mit letzterem abgeschlossen gelten, Gustav will nnr Garantie
leisten. Die Unterhaltung der Truppen solle der Landgraf bis zum Einmarsch
in Frankreich, deu Sold bis zum Einzug in Paris übernehmen. Aber der
Landgraf lehnte am 1. August 1791 ab, weil seine Truppen eigentlich noch
für England zur Verfügung ständen und weil er den Oberbefehl nicht abtreten
wolle. Nun kam wieder der Dänische Gesandte v. Wächter und sagte, der
Zeitpunkt sei jetzt gekommen, wo der Landgraf die zugesagte Zusammenkunft
mit dem Grafen Artois in Wilhelmsbad auszuführen habe; der Landgraf
aber erinnert daran, daß er ja diese Konferenz abgelehnt habe.

Nachdem inzwischen am 27. August in Pillnitz der Kaiser und der
König von Preußen die bekannte Abrede getroffen, wandten sich die Grafen
v. Artois und Provence am 14. Sept. nochmals an den Landgrafen. Am
19. September schrieb ihm auch Ludwig XVI.; daun kam wieder Herr
v. Wächter und sagte, die Grafen in Schöubornslust (bei Coblenz) hätten noch
nicht ihr Vertrauen in seine Gesinnung verloren. Die Grafen rückten mit
der Vorlage eines Aceessionsvertrags zu den Abreden der deutschen Großmächte
von Pillnitz hervor. Der Landgraf ging jedoch auch darauf nicht ein, da
feine Minister vorgestellt hatten, es sei nicht zu erwarten, daß Frankreich, selbst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/84>, abgerufen am 09.06.2024.