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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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hielt, um die Politik der Regierung darzulegen, will letztere in der Ange¬
legenheit langsam vorgehen. Sie hält es für unmöglich, sofort die ihr cmge-
sonneiic neue Vermehrung der Kosten für die Landesverteidigung anzunehmen. Die
Rüstungen müßten, wie der Redner sagte, im Einklange mit den wirtschaftlichen
Kräften des Landes stehen, aber die natürliche Entwicklung des Budgets in den
Händen eines Mannes wie Magliani wird der Regierung gestatten, anch für
die Bedürfnisse der Landesverteidigung ausreichend Fürsorge zu treffen.




Das Mädchen von Tisza-Eszlar.

or einigen Monaten ging die Nachricht durch die Zeitungen, daß
fern in Ungarn ein Christenmädchen von Juden heimlich ermordet
worden sei. Die Mörder, die Ermordete, die besondern Umstände,
unter denen es geschehe" sein sollte, erregten das allergrößte Inter¬
esse; trotzdem fand das Ereignis nicht die eingehende Besprechung,
welche es verdiente, weil die Beteiligten jeden Berichterstatter gewissermaßen von
vornherein nötigten, Partei zu ergreifen. So kam es, daß die sämmtlichen in
jüdischen Händen oder unter jüdischem Einflusse befindlichen Zeitungen, deren
Zahl bekanntlich mehr als nenn Zehnteile der ganzen Presse ausmacht, die Nach¬
richt als eine Erfindung hinzustellen oder doch so abzuschwächen suchten, daß
die Thatsache nichts besondres zu sein schien. Von den übrigen Zeitungen ver¬
hielt sich ein Teil abwartend, und nur der kleine Teil der entschiede" antisemi¬
tischen Blätter, voran die Dresdner "Deutsche Reform," griff das Ereignis
auf und verfolgte den Verlauf der Untersuchung mit Energie und Spnnnnng.
Wer sich daher über die Angelegenheit unterrichte" wollte, sah sich ausschließlich
auf diese Quellen angewiesen.

Vor wenigen Wochen ist nun bei M. Schultze in Berlin ein Schriftchen
erschienen, welches eine bequeme Zusammenfassung aller bisher über das Ereignis
erschienenen Nachrichten enthält.*) Wir entnehmen demselben die folgende Dar¬
stellung.

Am 1. April dieses Jahres -- es war um einem Sonnabend -- schickte
Fran Huri in Tisza-Eszlar, einem Dorfe am Theiß im Szaboleser Kvmitate



Esther Solymosi oder der jüdisch-rituelle Jungfrauemnord in Tisza-Eszlar. Volk
Georg von Marcziauyi. Autorisirte deutsche Übersetzung aus dem Ungarischen. 62 S.
Oktav. 50 Pfennige.

hielt, um die Politik der Regierung darzulegen, will letztere in der Ange¬
legenheit langsam vorgehen. Sie hält es für unmöglich, sofort die ihr cmge-
sonneiic neue Vermehrung der Kosten für die Landesverteidigung anzunehmen. Die
Rüstungen müßten, wie der Redner sagte, im Einklange mit den wirtschaftlichen
Kräften des Landes stehen, aber die natürliche Entwicklung des Budgets in den
Händen eines Mannes wie Magliani wird der Regierung gestatten, anch für
die Bedürfnisse der Landesverteidigung ausreichend Fürsorge zu treffen.




Das Mädchen von Tisza-Eszlar.

or einigen Monaten ging die Nachricht durch die Zeitungen, daß
fern in Ungarn ein Christenmädchen von Juden heimlich ermordet
worden sei. Die Mörder, die Ermordete, die besondern Umstände,
unter denen es geschehe» sein sollte, erregten das allergrößte Inter¬
esse; trotzdem fand das Ereignis nicht die eingehende Besprechung,
welche es verdiente, weil die Beteiligten jeden Berichterstatter gewissermaßen von
vornherein nötigten, Partei zu ergreifen. So kam es, daß die sämmtlichen in
jüdischen Händen oder unter jüdischem Einflusse befindlichen Zeitungen, deren
Zahl bekanntlich mehr als nenn Zehnteile der ganzen Presse ausmacht, die Nach¬
richt als eine Erfindung hinzustellen oder doch so abzuschwächen suchten, daß
die Thatsache nichts besondres zu sein schien. Von den übrigen Zeitungen ver¬
hielt sich ein Teil abwartend, und nur der kleine Teil der entschiede» antisemi¬
tischen Blätter, voran die Dresdner „Deutsche Reform," griff das Ereignis
auf und verfolgte den Verlauf der Untersuchung mit Energie und Spnnnnng.
Wer sich daher über die Angelegenheit unterrichte» wollte, sah sich ausschließlich
auf diese Quellen angewiesen.

Vor wenigen Wochen ist nun bei M. Schultze in Berlin ein Schriftchen
erschienen, welches eine bequeme Zusammenfassung aller bisher über das Ereignis
erschienenen Nachrichten enthält.*) Wir entnehmen demselben die folgende Dar¬
stellung.

Am 1. April dieses Jahres — es war um einem Sonnabend — schickte
Fran Huri in Tisza-Eszlar, einem Dorfe am Theiß im Szaboleser Kvmitate



Esther Solymosi oder der jüdisch-rituelle Jungfrauemnord in Tisza-Eszlar. Volk
Georg von Marcziauyi. Autorisirte deutsche Übersetzung aus dem Ungarischen. 62 S.
Oktav. 50 Pfennige.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/162>, abgerufen am 17.06.2024.