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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Literatur.

zum naiven Genusse für jedermann. Geordnet sind sie alphabetisch nach den: ersten
Worte, mit dem sie jedesmal beginnen, wodurch bei fortlaufender Lektüre eilt
bunter Wechsel und der Eindrnck reicher Mannichfaltigkeit erzielt wird. Doch hätten
wir, da diese Art der Benutzung des Büchleins kaum die überwiegende sein dürfte,
lieber eine Verteilung nach inhaltlich geordneten Gruppen gesehen. Dadurch wäre
einesteils das einzelne in Zusammenstellung mit dem sinnverwandten in eine
schärfere Beleuchtung gerückt, andernteils aber die Möglichkeit gewährt worden,
diese Spruchsanunlnug zu einem bestimmten planmäßigen Zwecke zu bemcheu. So
würde in der Rubrik "Politisches" der Protektionist zu seiner Freude sehr bald
auf die uun wieder zeitgemäßen Zeilen stoßen:


Behielt' ein jedes Land sein' Weis',
Sein' Kleiderstoff, sein' Trank und Speis',
Liest' man England sein' Woll' und Tuch,
India sei" G'wiirz und G'meh,
Welschland sein Geschleck und Pracht,
Frankreich und Spanien ihr' Kleidertracht:
So stund' es besser in der Welt,
Wir Deutsche" behielten unser Geld.

Dagegen würde der Sozialist zu seinem Erstaunen schon damals seine Utopien
Äbsui'einen geführt finden in den Versen:


Wenn alle Leute waren gleich,
Und wären alle sämmtlich reich,
Und wären all' zu Tisch gesessen,
Wer wollt' auftragen Trinken und Essen?

Interessant würde namentlich eine vollständige Zusammenstellung der ver¬
schiedenen Urteile über die Frauen und ihr Verhältnis zum Manne sein. Wir
"vollen nnr einige derselben hier herausheben. Leider lauten sie im allgemeinen wenig
günstig. Wenn sie auch in ihrem Pessimismus nicht alle so weit gehen wie jener:
"Wenn ein Weib geboren wird, so sollen die Männer weinen," so ist es doch
auch nicht schön zu sagen:


Nuss', Esel, Weiber thun kein gut,
Denn bis man auf sie schlagen thut.

Diplomatisch rcservirter heißt es:


In Weiberröcken
Und Bienenstöcken
Siisi' und Bittres stecken

und mehr ironisch: "Weiber siud alle gut, es sei zu etwas oder zu nichts." Dem
jungen Weibe wird wenigstens eine gewisse Vergnüglichkeit nicht abgesprochen:


Alte Thaler, junge Weiber
Sind die besten Zcilvertreiber,

aber alte Männer vor einer Verbindung mit ihnen gewarnt: "Ein junges Weib ist
ein subtil Gift für einen alten Mann." Bei näherer Betrachtung treten die Fehler
der Frauen grell hervor, so ihre Gefallsucht:


Dem Wolf das Schaf, Dem Fuchs die List,
Den Frauen Lob gefällig ist,

und mit einem bedenklichen Anstrich: "Frauen und Kerzen brennen nicht immer
für den, der sie putzt." Ferner ihre das Haus verderbende Putzsucht: "Seide
und Sammet löschen das Feuer in den Küche"," ihre nichtige Geschwätzigkeit:


Literatur.

zum naiven Genusse für jedermann. Geordnet sind sie alphabetisch nach den: ersten
Worte, mit dem sie jedesmal beginnen, wodurch bei fortlaufender Lektüre eilt
bunter Wechsel und der Eindrnck reicher Mannichfaltigkeit erzielt wird. Doch hätten
wir, da diese Art der Benutzung des Büchleins kaum die überwiegende sein dürfte,
lieber eine Verteilung nach inhaltlich geordneten Gruppen gesehen. Dadurch wäre
einesteils das einzelne in Zusammenstellung mit dem sinnverwandten in eine
schärfere Beleuchtung gerückt, andernteils aber die Möglichkeit gewährt worden,
diese Spruchsanunlnug zu einem bestimmten planmäßigen Zwecke zu bemcheu. So
würde in der Rubrik „Politisches" der Protektionist zu seiner Freude sehr bald
auf die uun wieder zeitgemäßen Zeilen stoßen:


Behielt' ein jedes Land sein' Weis',
Sein' Kleiderstoff, sein' Trank und Speis',
Liest' man England sein' Woll' und Tuch,
India sei» G'wiirz und G'meh,
Welschland sein Geschleck und Pracht,
Frankreich und Spanien ihr' Kleidertracht:
So stund' es besser in der Welt,
Wir Deutsche» behielten unser Geld.

Dagegen würde der Sozialist zu seinem Erstaunen schon damals seine Utopien
Äbsui'einen geführt finden in den Versen:


Wenn alle Leute waren gleich,
Und wären alle sämmtlich reich,
Und wären all' zu Tisch gesessen,
Wer wollt' auftragen Trinken und Essen?

Interessant würde namentlich eine vollständige Zusammenstellung der ver¬
schiedenen Urteile über die Frauen und ihr Verhältnis zum Manne sein. Wir
»vollen nnr einige derselben hier herausheben. Leider lauten sie im allgemeinen wenig
günstig. Wenn sie auch in ihrem Pessimismus nicht alle so weit gehen wie jener:
„Wenn ein Weib geboren wird, so sollen die Männer weinen," so ist es doch
auch nicht schön zu sagen:


Nuss', Esel, Weiber thun kein gut,
Denn bis man auf sie schlagen thut.

Diplomatisch rcservirter heißt es:


In Weiberröcken
Und Bienenstöcken
Siisi' und Bittres stecken

und mehr ironisch: „Weiber siud alle gut, es sei zu etwas oder zu nichts." Dem
jungen Weibe wird wenigstens eine gewisse Vergnüglichkeit nicht abgesprochen:


Alte Thaler, junge Weiber
Sind die besten Zcilvertreiber,

aber alte Männer vor einer Verbindung mit ihnen gewarnt: „Ein junges Weib ist
ein subtil Gift für einen alten Mann." Bei näherer Betrachtung treten die Fehler
der Frauen grell hervor, so ihre Gefallsucht:


Dem Wolf das Schaf, Dem Fuchs die List,
Den Frauen Lob gefällig ist,

und mit einem bedenklichen Anstrich: „Frauen und Kerzen brennen nicht immer
für den, der sie putzt." Ferner ihre das Haus verderbende Putzsucht: „Seide
und Sammet löschen das Feuer in den Küche»," ihre nichtige Geschwätzigkeit:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/158>, abgerufen am 17.06.2024.