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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Gngel auf Erden.
Roman von Viktor Bersozio. Aus dein Italienischen.
(Fortsetzung,)

hr seid geflogen, Gräfin! sagte Paul. Ich wette, alle übrigen
werden uns unter zehn Minuten nicht einholen.
Desto besser! rief die Gräfin, ohne auf den Kunstreiter zu
achten. Ich habe Euch ja gesagt, daß wir miteinander zu plau¬
dern haben.

Mein Pferd kann nicht mehr fort, und Eures ist auch müde
genug und muß sich etwas erholen.

Beide Pferde schienen die Wahrheit dieser Behauptung zu bestätigen, denn
sie senkten und verlängerten den Hals und bliesen einander aus ihren feurigen
Nüstern einen dichten Dampf zu.

Als der Kunstreiter Pauls Stimme vernommen hatte, faßte er den Sprecher
scharf ins Auge und prüfte seine Gesichtszüge mit gespannter Aufmerksamkeit,
als ob er sich vergewissern wollte, daß es auch jemand sei, den er früher noch
nie gesehen hätte.

Ihr habt Recht, antwortete Paul der Gräfin. Aber wenn jener Kirchturm
und der aufsteigende Rauch dort nicht unverschämt lügen, so müssen wir ja in
der Nähe eines Dorfes sein. Selbst angenommen, daß es von Barbaren bewohnt
wäre, finden wir doch dort hoffentlich einen Stall und vier Mannesarme mit
einem Bündel Stroh.

Den Unbekannten, der ihn noch immer unverwandt ansah, fragte Paul:
Was für ein Ort ist das?

Der Kunstreiter nannte den Namen.

Giebt es dort einen Gasthof, ein Wirtshaus oder sonst dergleichen, wo
wir unsre Pferde einstellen können?

Das versteht sich. Es ist das große Wirtshaus zum goldnen Stern auf
dein Marktplatze, in seinem Hofe haben die sämtlichen Wagen und im Stalle
"ut auf dem Heuboden das ganze Personal meiner Gesellschaft Aufnahme
gefunden.




Die Gngel auf Erden.
Roman von Viktor Bersozio. Aus dein Italienischen.
(Fortsetzung,)

hr seid geflogen, Gräfin! sagte Paul. Ich wette, alle übrigen
werden uns unter zehn Minuten nicht einholen.
Desto besser! rief die Gräfin, ohne auf den Kunstreiter zu
achten. Ich habe Euch ja gesagt, daß wir miteinander zu plau¬
dern haben.

Mein Pferd kann nicht mehr fort, und Eures ist auch müde
genug und muß sich etwas erholen.

Beide Pferde schienen die Wahrheit dieser Behauptung zu bestätigen, denn
sie senkten und verlängerten den Hals und bliesen einander aus ihren feurigen
Nüstern einen dichten Dampf zu.

Als der Kunstreiter Pauls Stimme vernommen hatte, faßte er den Sprecher
scharf ins Auge und prüfte seine Gesichtszüge mit gespannter Aufmerksamkeit,
als ob er sich vergewissern wollte, daß es auch jemand sei, den er früher noch
nie gesehen hätte.

Ihr habt Recht, antwortete Paul der Gräfin. Aber wenn jener Kirchturm
und der aufsteigende Rauch dort nicht unverschämt lügen, so müssen wir ja in
der Nähe eines Dorfes sein. Selbst angenommen, daß es von Barbaren bewohnt
wäre, finden wir doch dort hoffentlich einen Stall und vier Mannesarme mit
einem Bündel Stroh.

Den Unbekannten, der ihn noch immer unverwandt ansah, fragte Paul:
Was für ein Ort ist das?

Der Kunstreiter nannte den Namen.

Giebt es dort einen Gasthof, ein Wirtshaus oder sonst dergleichen, wo
wir unsre Pferde einstellen können?

Das versteht sich. Es ist das große Wirtshaus zum goldnen Stern auf
dein Marktplatze, in seinem Hofe haben die sämtlichen Wagen und im Stalle
»ut auf dem Heuboden das ganze Personal meiner Gesellschaft Aufnahme
gefunden.


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[0147] [Abbildung] Die Gngel auf Erden. Roman von Viktor Bersozio. Aus dein Italienischen. (Fortsetzung,) hr seid geflogen, Gräfin! sagte Paul. Ich wette, alle übrigen werden uns unter zehn Minuten nicht einholen. Desto besser! rief die Gräfin, ohne auf den Kunstreiter zu achten. Ich habe Euch ja gesagt, daß wir miteinander zu plau¬ dern haben. Mein Pferd kann nicht mehr fort, und Eures ist auch müde genug und muß sich etwas erholen. Beide Pferde schienen die Wahrheit dieser Behauptung zu bestätigen, denn sie senkten und verlängerten den Hals und bliesen einander aus ihren feurigen Nüstern einen dichten Dampf zu. Als der Kunstreiter Pauls Stimme vernommen hatte, faßte er den Sprecher scharf ins Auge und prüfte seine Gesichtszüge mit gespannter Aufmerksamkeit, als ob er sich vergewissern wollte, daß es auch jemand sei, den er früher noch nie gesehen hätte. Ihr habt Recht, antwortete Paul der Gräfin. Aber wenn jener Kirchturm und der aufsteigende Rauch dort nicht unverschämt lügen, so müssen wir ja in der Nähe eines Dorfes sein. Selbst angenommen, daß es von Barbaren bewohnt wäre, finden wir doch dort hoffentlich einen Stall und vier Mannesarme mit einem Bündel Stroh. Den Unbekannten, der ihn noch immer unverwandt ansah, fragte Paul: Was für ein Ort ist das? Der Kunstreiter nannte den Namen. Giebt es dort einen Gasthof, ein Wirtshaus oder sonst dergleichen, wo wir unsre Pferde einstellen können? Das versteht sich. Es ist das große Wirtshaus zum goldnen Stern auf dein Marktplatze, in seinem Hofe haben die sämtlichen Wagen und im Stalle »ut auf dem Heuboden das ganze Personal meiner Gesellschaft Aufnahme gefunden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/147>, abgerufen am 16.06.2024.