Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Der Freisinn und die Franenfrcige kurz, beiß man den Frauen das "Recht auf Bildung" nicht länger verkümmert. Wenn wir in Deutschland überhaupt eine Frnuenfrage haben, so kann es doch Die kühle und abschlägige Antwort des preußischen Knltnsininisters auf Der Freisinn und die Franenfrcige kurz, beiß man den Frauen das „Recht auf Bildung" nicht länger verkümmert. Wenn wir in Deutschland überhaupt eine Frnuenfrage haben, so kann es doch Die kühle und abschlägige Antwort des preußischen Knltnsininisters auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0210" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204299"/> <fw type="header" place="top"> Der Freisinn und die Franenfrcige</fw><lb/> <p xml:id="ID_647" prev="#ID_646"> kurz, beiß man den Frauen das „Recht auf Bildung" nicht länger verkümmert.<lb/> „Deutschland steht in Bezug auf wissenschaftliche Bildungsmittel für Frauen hinter<lb/> allen andern Kulturnationen zurück," die armen Frauen werden hier „unter dem<lb/> Drucke mittelalterlicher Fesseln" gehalten, „die Frauenfrage ist eine internationale<lb/> Frage," diese und andre, eine unglaubliche Verrnnntheit bezeichnende Wendungen<lb/> schwirren gegenwärtig dnrch Broschüren (z. B. H. Lange, Frauenbildung,<lb/> Berlin, 1889) nud freisinnige Zeitungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_648"> Wenn wir in Deutschland überhaupt eine Frnuenfrage haben, so kann es doch<lb/> nur eine deutsche und keine internationale sein. Das Wort „Frauenfrage" wird<lb/> überhaupt zu einem wahren Rattenkönig aller möglichen Begriffsverwirrungen und<lb/> Unsinnigkciten gemacht. Daß es aber in Deutschland eine Franeufrnge als solche<lb/> gar uicht giebt, hat schon Eduard von Hnrtmann in seiner „Phänomenologie des<lb/> sittlichen Bewußtseins" nachgewiesen; denn was man heutzutage volltönend als<lb/> Frauenfrage erörtert, betrifft zunächst gar nicht die Frauen als solche, d. h. die<lb/> Verheirateten, sondern einzig und allein die Jungfern oder die Unverheirateten.<lb/> „Für die Frauen giebt es, nach Hartmann, nur eine Frage, das ist die Kinder¬<lb/> frage, oder um noch deutlicher zu sein, da es sich in erster Reihe darum<lb/> handelt, die Kinder zu bekommen, die Gebärfrage." Für diese Frage tritt die<lb/> Frau mit Leib und Leben ein, für diese Frage schlägt sie ihre heißen und lang¬<lb/> wierigen Schlachten im Wochenbett und in der Kinderstube. Nur in der Lösung<lb/> dieser Aufgabe liegt die natürliche und ethische Knlturuüssivn des Weibes, nur<lb/> in der gesunden Erfüllung dieser Leistung die hohe und einzige Bedeutung<lb/> des weiblichen Geschlechtes für unser staatliches Leben, für die Erhaltung und<lb/> Erhöhung der Volkskraft im Kampfe der Völker ums Dnsein. Das Weib hat,<lb/> nur insoweit es Gattin und Mutter ist, vollberechtigtem Anspruch auf Schutz<lb/> und Hilfe des Staates, d. h. insofern es durch Familiengründung der Volks-<lb/> kraft die Reserven zum Kulturkämpfe liefert. Denn auf dem gesunden Familien¬<lb/> leben richt die Macht einer Nation, und die Regierung, die das erkannt hat, wird<lb/> auch die Gründung von Familien zu befördern wissen und dort die Kinder¬<lb/> pflege und Kindererziehung übernehmen, wo die Eltern keine Gewähr dafür<lb/> leisten. Nur in dieser Auffassung kann die Frauenfrnge eine Bedeutung für<lb/> den Staat haben. Aber die altgewvrdeneu Mädchen, die nicht zu ihrem natür¬<lb/> lichen Berufe der Familiengründung, der Mutterschaft, der Kinderpflege gelangt<lb/> sind, verstecken sich hinter der alle weiblichen Vollkommenheiten einer Gattin,<lb/> Mutter und Hauswirtin einschließenden Bezeichnung „Frau" und thun, als<lb/> ob der ganze Staat aus den Fugen gehen müßte, wenn er für ihre Lebens¬<lb/> erleichterung nichts hergeben will, wenn er sich weigert, den weiblichen Wesen<lb/> dieselben Rechte einzuräumen wie den Männern, wenn er davor zurückschreckt,<lb/> Mädchengyinnasien und Mädcheuuniversitäten zu errichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_649" next="#ID_650"> Die kühle und abschlägige Antwort des preußischen Knltnsininisters auf<lb/> die Frauenpetition, in der eine Hochschule nach dein englischen Muster (natürlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0210]
Der Freisinn und die Franenfrcige
kurz, beiß man den Frauen das „Recht auf Bildung" nicht länger verkümmert.
„Deutschland steht in Bezug auf wissenschaftliche Bildungsmittel für Frauen hinter
allen andern Kulturnationen zurück," die armen Frauen werden hier „unter dem
Drucke mittelalterlicher Fesseln" gehalten, „die Frauenfrage ist eine internationale
Frage," diese und andre, eine unglaubliche Verrnnntheit bezeichnende Wendungen
schwirren gegenwärtig dnrch Broschüren (z. B. H. Lange, Frauenbildung,
Berlin, 1889) nud freisinnige Zeitungen.
Wenn wir in Deutschland überhaupt eine Frnuenfrage haben, so kann es doch
nur eine deutsche und keine internationale sein. Das Wort „Frauenfrage" wird
überhaupt zu einem wahren Rattenkönig aller möglichen Begriffsverwirrungen und
Unsinnigkciten gemacht. Daß es aber in Deutschland eine Franeufrnge als solche
gar uicht giebt, hat schon Eduard von Hnrtmann in seiner „Phänomenologie des
sittlichen Bewußtseins" nachgewiesen; denn was man heutzutage volltönend als
Frauenfrage erörtert, betrifft zunächst gar nicht die Frauen als solche, d. h. die
Verheirateten, sondern einzig und allein die Jungfern oder die Unverheirateten.
„Für die Frauen giebt es, nach Hartmann, nur eine Frage, das ist die Kinder¬
frage, oder um noch deutlicher zu sein, da es sich in erster Reihe darum
handelt, die Kinder zu bekommen, die Gebärfrage." Für diese Frage tritt die
Frau mit Leib und Leben ein, für diese Frage schlägt sie ihre heißen und lang¬
wierigen Schlachten im Wochenbett und in der Kinderstube. Nur in der Lösung
dieser Aufgabe liegt die natürliche und ethische Knlturuüssivn des Weibes, nur
in der gesunden Erfüllung dieser Leistung die hohe und einzige Bedeutung
des weiblichen Geschlechtes für unser staatliches Leben, für die Erhaltung und
Erhöhung der Volkskraft im Kampfe der Völker ums Dnsein. Das Weib hat,
nur insoweit es Gattin und Mutter ist, vollberechtigtem Anspruch auf Schutz
und Hilfe des Staates, d. h. insofern es durch Familiengründung der Volks-
kraft die Reserven zum Kulturkämpfe liefert. Denn auf dem gesunden Familien¬
leben richt die Macht einer Nation, und die Regierung, die das erkannt hat, wird
auch die Gründung von Familien zu befördern wissen und dort die Kinder¬
pflege und Kindererziehung übernehmen, wo die Eltern keine Gewähr dafür
leisten. Nur in dieser Auffassung kann die Frauenfrnge eine Bedeutung für
den Staat haben. Aber die altgewvrdeneu Mädchen, die nicht zu ihrem natür¬
lichen Berufe der Familiengründung, der Mutterschaft, der Kinderpflege gelangt
sind, verstecken sich hinter der alle weiblichen Vollkommenheiten einer Gattin,
Mutter und Hauswirtin einschließenden Bezeichnung „Frau" und thun, als
ob der ganze Staat aus den Fugen gehen müßte, wenn er für ihre Lebens¬
erleichterung nichts hergeben will, wenn er sich weigert, den weiblichen Wesen
dieselben Rechte einzuräumen wie den Männern, wenn er davor zurückschreckt,
Mädchengyinnasien und Mädcheuuniversitäten zu errichten.
Die kühle und abschlägige Antwort des preußischen Knltnsininisters auf
die Frauenpetition, in der eine Hochschule nach dein englischen Muster (natürlich
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