Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.der Gattin auch einen Teil seines Reiches dein Sohne überlassen habe. Ja Ist hier die Geschichte bereits ans eine bestimmte Moral zugeschnitten, >?ner wird also bereits ein Einverständnis der Stratonike und eine Eine noch schärfere Spitze erhält die Erzählung in dem "Misopogon," ") Arsinoü, die Tochter des ersten Ptolemäos und der Vereinte, wurde mit dein Diadocheu-
kiinig Lysimachos vermählt und wußte diesen dnrch allerlei Ränke dahin zu bringe,:, daß er seineu Sohn aus erster Ehe, Agathokles, töten ließ. Ob Lukian diesen im Sinne hat oder seinen Bruder Alexander, der nach dem Tode des Agathokles mit dessen Gattin Lhsandra zum SeleukoS floh, ist fraglich. Arsinvii vermählte sich nach des Lysimachvs Tode mit ihrem leiblichen Bruder Ptolemnos II., der seitdem wie sie selbst den Beiname" ^"S-^"-.' erhielt. Vgl. Droysen, Geschichte des Hellenismus et, W ff. der Gattin auch einen Teil seines Reiches dein Sohne überlassen habe. Ja Ist hier die Geschichte bereits ans eine bestimmte Moral zugeschnitten, >?ner wird also bereits ein Einverständnis der Stratonike und eine Eine noch schärfere Spitze erhält die Erzählung in dem „Misopogon," «) Arsinoü, die Tochter des ersten Ptolemäos und der Vereinte, wurde mit dein Diadocheu-
kiinig Lysimachos vermählt und wußte diesen dnrch allerlei Ränke dahin zu bringe,:, daß er seineu Sohn aus erster Ehe, Agathokles, töten ließ. Ob Lukian diesen im Sinne hat oder seinen Bruder Alexander, der nach dem Tode des Agathokles mit dessen Gattin Lhsandra zum SeleukoS floh, ist fraglich. Arsinvii vermählte sich nach des Lysimachvs Tode mit ihrem leiblichen Bruder Ptolemnos II., der seitdem wie sie selbst den Beiname» ^«S-^«-.' erhielt. Vgl. Droysen, Geschichte des Hellenismus et, W ff. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204315"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_699" prev="#ID_698"> der Gattin auch einen Teil seines Reiches dein Sohne überlassen habe. Ja<lb/> es wird dies ausdrücklich in Abrede gestellt dnrch den Übergang zur nächsten<lb/> Geschichte, der dnrch folgende Gegeiiiiberstellnng gebildet wird: Aber Seleukos<lb/> trat seinen: Sohne seine Gemahlin, Ariobnrzaues dein seinigen die Herrschaft<lb/> von Kappadokier ab. Immerhin ist das Opfer auch so schon groß genug, und<lb/> der lehrhafte Verfasser, der an dein Beispiel des Seleukos die Tugend der<lb/> Entsagung verdeutlichen will, unterläßt nicht, hinzuzusetzen, daß Vaterliebe<lb/> auch die größten Hindernisse zu überwinden vermöge.</p><lb/> <p xml:id="ID_700"> Ist hier die Geschichte bereits ans eine bestimmte Moral zugeschnitten,<lb/> so verliert sie in andern Berichten völlig den Charakter der Harmlosigkeit, der<lb/> ihr ursprünglich eigen ist. So im „Jkaromenippos," einer Satire des Lukian.<lb/> Menippvs - so läßt der Verfasser ihn selbst erzählen - fliegt auf künstlich<lb/> angehefteten Fittichen, dem eines Adlers und dem eines Geiers, in die Luft<lb/> und erreicht, glücklicher als sein Vorbild Ikaros, den Mond. Von hier ans<lb/> beobachtet er mit der Schärfe des Blickes, die von der Adlerschwinge in sein<lb/> Auge gedrungen ist, das offene und mehr noch das geheime Treiben der<lb/> Menschen auf der Erde. Da sieht er denn, wie Ptolemäos mit seiner Schwester<lb/> Arsinov buhlt"), wie dem Lhsimachos sein eigner Sohn nach dem Leben trachtet,<lb/> wie des Seleukos Sohn Antivchos seiner Stiefmutter Stratonike heimlich zu¬<lb/> nickt n. s. f.</p><lb/> <p xml:id="ID_701"> >?ner wird also bereits ein Einverständnis der Stratonike und eine<lb/> heimliche Liebschaft angenommen. Doch ist dies eine Wendung, die sicherlich<lb/> nur auf Rechnung des mutwillige« Dichters kommt und keineswegs zu dein<lb/> Schlusse berechtigt, daß diese Auffassung zu Lnkians Zeiten die allgemeine<lb/> gewesen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_702" next="#ID_703"> Eine noch schärfere Spitze erhält die Erzählung in dem „Misopogon,"<lb/> d. h. dem „Barthasser" des Kaisers Julia», jener berühmten Satire, die der<lb/> „Philosoph ans den: Throne" gegen die Einwohner von Antiochia schlenderte,<lb/> als sie ihn wegen seiner einfachen Lebensweise und seiner niUveltmännischen<lb/> Haltung verspotteten. Des Antivchvs leidenschaftliche Liebe zu seiner Stief¬<lb/> mutter genügt dein Julian, um den Prinzen zu einem verworfenen Wüstling<lb/> zu stempeln; will er doch seineu Widersachern klar machen, daß man von ihnen<lb/> als den Nachkommen eines so sittenlosen Menschen wie Antivchos füglich nichts<lb/> andres erwarten könne als Leichtfertigkeit, Üppigkeit und Genußsucht. Denn</p><lb/> <note xml:id="FID_16" place="foot"> «) Arsinoü, die Tochter des ersten Ptolemäos und der Vereinte, wurde mit dein Diadocheu-<lb/> kiinig Lysimachos vermählt und wußte diesen dnrch allerlei Ränke dahin zu bringe,:, daß er seineu<lb/> Sohn aus erster Ehe, Agathokles, töten ließ. Ob Lukian diesen im Sinne hat oder seinen Bruder<lb/> Alexander, der nach dem Tode des Agathokles mit dessen Gattin Lhsandra zum SeleukoS floh,<lb/> ist fraglich. Arsinvii vermählte sich nach des Lysimachvs Tode mit ihrem leiblichen Bruder<lb/> Ptolemnos II., der seitdem wie sie selbst den Beiname» ^«S-^«-.' erhielt. Vgl. Droysen,<lb/> Geschichte des Hellenismus et, W ff.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
der Gattin auch einen Teil seines Reiches dein Sohne überlassen habe. Ja
es wird dies ausdrücklich in Abrede gestellt dnrch den Übergang zur nächsten
Geschichte, der dnrch folgende Gegeiiiiberstellnng gebildet wird: Aber Seleukos
trat seinen: Sohne seine Gemahlin, Ariobnrzaues dein seinigen die Herrschaft
von Kappadokier ab. Immerhin ist das Opfer auch so schon groß genug, und
der lehrhafte Verfasser, der an dein Beispiel des Seleukos die Tugend der
Entsagung verdeutlichen will, unterläßt nicht, hinzuzusetzen, daß Vaterliebe
auch die größten Hindernisse zu überwinden vermöge.
Ist hier die Geschichte bereits ans eine bestimmte Moral zugeschnitten,
so verliert sie in andern Berichten völlig den Charakter der Harmlosigkeit, der
ihr ursprünglich eigen ist. So im „Jkaromenippos," einer Satire des Lukian.
Menippvs - so läßt der Verfasser ihn selbst erzählen - fliegt auf künstlich
angehefteten Fittichen, dem eines Adlers und dem eines Geiers, in die Luft
und erreicht, glücklicher als sein Vorbild Ikaros, den Mond. Von hier ans
beobachtet er mit der Schärfe des Blickes, die von der Adlerschwinge in sein
Auge gedrungen ist, das offene und mehr noch das geheime Treiben der
Menschen auf der Erde. Da sieht er denn, wie Ptolemäos mit seiner Schwester
Arsinov buhlt"), wie dem Lhsimachos sein eigner Sohn nach dem Leben trachtet,
wie des Seleukos Sohn Antivchos seiner Stiefmutter Stratonike heimlich zu¬
nickt n. s. f.
>?ner wird also bereits ein Einverständnis der Stratonike und eine
heimliche Liebschaft angenommen. Doch ist dies eine Wendung, die sicherlich
nur auf Rechnung des mutwillige« Dichters kommt und keineswegs zu dein
Schlusse berechtigt, daß diese Auffassung zu Lnkians Zeiten die allgemeine
gewesen sei.
Eine noch schärfere Spitze erhält die Erzählung in dem „Misopogon,"
d. h. dem „Barthasser" des Kaisers Julia», jener berühmten Satire, die der
„Philosoph ans den: Throne" gegen die Einwohner von Antiochia schlenderte,
als sie ihn wegen seiner einfachen Lebensweise und seiner niUveltmännischen
Haltung verspotteten. Des Antivchvs leidenschaftliche Liebe zu seiner Stief¬
mutter genügt dein Julian, um den Prinzen zu einem verworfenen Wüstling
zu stempeln; will er doch seineu Widersachern klar machen, daß man von ihnen
als den Nachkommen eines so sittenlosen Menschen wie Antivchos füglich nichts
andres erwarten könne als Leichtfertigkeit, Üppigkeit und Genußsucht. Denn
«) Arsinoü, die Tochter des ersten Ptolemäos und der Vereinte, wurde mit dein Diadocheu-
kiinig Lysimachos vermählt und wußte diesen dnrch allerlei Ränke dahin zu bringe,:, daß er seineu
Sohn aus erster Ehe, Agathokles, töten ließ. Ob Lukian diesen im Sinne hat oder seinen Bruder
Alexander, der nach dem Tode des Agathokles mit dessen Gattin Lhsandra zum SeleukoS floh,
ist fraglich. Arsinvii vermählte sich nach des Lysimachvs Tode mit ihrem leiblichen Bruder
Ptolemnos II., der seitdem wie sie selbst den Beiname» ^«S-^«-.' erhielt. Vgl. Droysen,
Geschichte des Hellenismus et, W ff.
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