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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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zeuge und zum Unterhalt seiner Arbeiter verwenden. Er muß es auf den
Markt schicken und zu Geld machen und mit diesem Gelde die Arbeiter ab¬
lehnen, neue Werkzeuge einkaufen und die zur Befriedigung seiner persönlichen
Bedürfnisse dienenden Güter erwerben. Der Gebrauchswert des Produkts
tritt für deu Produzenten hinter dem Tauschwerte zurück. Der Erlös teilt
sich in die Betriebskosten, zu denen der Arbeitslohn gerechnet wird, und in
den Kapitalgewinn; er ist aber wiederum, wie vorhin der Ertrag des Land¬
gutes, lediglich Erzeugnis der Arbeiter. Man darf sich, sagt Nodbertns, nicht
der Vorstellung hingeben, daß es nnn, wo das Produkt überall in der Tausch¬
wertsform auftritt, eiues Wertzuschlages bedürfe, um Rente, Grundrente oder
Kapitalzins, zu gewähren, daß es um die Rente teurer verkauft werden müsse,
und daß es, wenn es keinen Kapitalgewinn abzuwerfen brauchte, um so viel
wohlfeiler werden könnte. Nicht durch einen Preiszuschlag wird die Reute
erzielt, sondern durch einen Abzug vom Arbeitslohn, dadurch, daß die Arbeiter
gezwungen werden, einen Teil des von ihnen hervorgebrachten Wertes dem
Fabrikanten abzutreten.

Auf wie vielfältige Weise die Landwirtschaft in das kapitalistische Getriebe
hineingezogen wird, mögen sich die Leser selbst vergegenwärtigen. Hier genügt
es zu bemerken: nach Scheidung der Fabrikation von der Landwirtschaft er¬
langen anch die Erzeugnisse der Landwirtschaft und die Landgüter selbst Tausch¬
wert, gehört zum Erwerb und zur Bewirtschaftung eines Landgutes Kurs- und
Betriebskapital, geraten Landwirtschaft und Fabrikation in eine viel und fein
verzweigte Abhängigkeit von einander und verschmelzen die Einzelwirtschaften
der vorigen Periode zur Volkswirtschaft, zu einem untrennbaren mit dem
Nativnalkapital arbeitenden Ganzen. Diese Abhängigkeit jedes einzelnen Arbeiters
von unzähligen, ihm meist unbekannten und fern wohnenden Mitarbeitern macht
eS ebeu, wie schon bemerkt wurde, unmöglich, daß er zugleich Besitzer seiner
Arbeitsmittel und seines unmittelbaren Erzeugnisses sei. Das Vernünftige
wäre nach Nodbertns, daß fich diese Güter überhaupt nicht im Privatbesitz
befänden, sonder", wie sie nur in der geordneten Gemeinschaft, im Staate er¬
zeugt werden können, so auch der Gemeinschaft, dem Staate gehörten.

So lange nnn dieses Vernünftige nicht verwirklicht werden kann, bleibt
es dabei, daß vom Ertrage der Nativnalarbeit nicht allein die Kapitalergänzung,
sondern auch noch Grundrente und Kapitalzins nebst llnternehmergewinn ab¬
gezogen werde", und nnr der Rest den Arbeitern verbleibt. "Das Vermögen
aber, das selbst nnr Arbeitsprodukt, und zwar das Produkt der Arbeit andrer
als seiner Besitzer ist, nimmt in diesem Zustande immer mehr die bewegliche
Geldform an, in der der Besitzer es irgendwo "anzulegen" sorgen muß. Die
Rente nimmt daher immer mehr die Scheingestalt eines Erwerbes oder Produkts
des Vermvgensbesitzers an (indem beide, Kapital und Einkommen, als gleich¬
artige Dinge, als Geld erscheinen, sodaß Geld Geld zu erzengen scheint, und


zeuge und zum Unterhalt seiner Arbeiter verwenden. Er muß es auf den
Markt schicken und zu Geld machen und mit diesem Gelde die Arbeiter ab¬
lehnen, neue Werkzeuge einkaufen und die zur Befriedigung seiner persönlichen
Bedürfnisse dienenden Güter erwerben. Der Gebrauchswert des Produkts
tritt für deu Produzenten hinter dem Tauschwerte zurück. Der Erlös teilt
sich in die Betriebskosten, zu denen der Arbeitslohn gerechnet wird, und in
den Kapitalgewinn; er ist aber wiederum, wie vorhin der Ertrag des Land¬
gutes, lediglich Erzeugnis der Arbeiter. Man darf sich, sagt Nodbertns, nicht
der Vorstellung hingeben, daß es nnn, wo das Produkt überall in der Tausch¬
wertsform auftritt, eiues Wertzuschlages bedürfe, um Rente, Grundrente oder
Kapitalzins, zu gewähren, daß es um die Rente teurer verkauft werden müsse,
und daß es, wenn es keinen Kapitalgewinn abzuwerfen brauchte, um so viel
wohlfeiler werden könnte. Nicht durch einen Preiszuschlag wird die Reute
erzielt, sondern durch einen Abzug vom Arbeitslohn, dadurch, daß die Arbeiter
gezwungen werden, einen Teil des von ihnen hervorgebrachten Wertes dem
Fabrikanten abzutreten.

Auf wie vielfältige Weise die Landwirtschaft in das kapitalistische Getriebe
hineingezogen wird, mögen sich die Leser selbst vergegenwärtigen. Hier genügt
es zu bemerken: nach Scheidung der Fabrikation von der Landwirtschaft er¬
langen anch die Erzeugnisse der Landwirtschaft und die Landgüter selbst Tausch¬
wert, gehört zum Erwerb und zur Bewirtschaftung eines Landgutes Kurs- und
Betriebskapital, geraten Landwirtschaft und Fabrikation in eine viel und fein
verzweigte Abhängigkeit von einander und verschmelzen die Einzelwirtschaften
der vorigen Periode zur Volkswirtschaft, zu einem untrennbaren mit dem
Nativnalkapital arbeitenden Ganzen. Diese Abhängigkeit jedes einzelnen Arbeiters
von unzähligen, ihm meist unbekannten und fern wohnenden Mitarbeitern macht
eS ebeu, wie schon bemerkt wurde, unmöglich, daß er zugleich Besitzer seiner
Arbeitsmittel und seines unmittelbaren Erzeugnisses sei. Das Vernünftige
wäre nach Nodbertns, daß fich diese Güter überhaupt nicht im Privatbesitz
befänden, sonder», wie sie nur in der geordneten Gemeinschaft, im Staate er¬
zeugt werden können, so auch der Gemeinschaft, dem Staate gehörten.

So lange nnn dieses Vernünftige nicht verwirklicht werden kann, bleibt
es dabei, daß vom Ertrage der Nativnalarbeit nicht allein die Kapitalergänzung,
sondern auch noch Grundrente und Kapitalzins nebst llnternehmergewinn ab¬
gezogen werde», und nnr der Rest den Arbeitern verbleibt. „Das Vermögen
aber, das selbst nnr Arbeitsprodukt, und zwar das Produkt der Arbeit andrer
als seiner Besitzer ist, nimmt in diesem Zustande immer mehr die bewegliche
Geldform an, in der der Besitzer es irgendwo »anzulegen« sorgen muß. Die
Rente nimmt daher immer mehr die Scheingestalt eines Erwerbes oder Produkts
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artige Dinge, als Geld erscheinen, sodaß Geld Geld zu erzengen scheint, und


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[0270] zeuge und zum Unterhalt seiner Arbeiter verwenden. Er muß es auf den Markt schicken und zu Geld machen und mit diesem Gelde die Arbeiter ab¬ lehnen, neue Werkzeuge einkaufen und die zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse dienenden Güter erwerben. Der Gebrauchswert des Produkts tritt für deu Produzenten hinter dem Tauschwerte zurück. Der Erlös teilt sich in die Betriebskosten, zu denen der Arbeitslohn gerechnet wird, und in den Kapitalgewinn; er ist aber wiederum, wie vorhin der Ertrag des Land¬ gutes, lediglich Erzeugnis der Arbeiter. Man darf sich, sagt Nodbertns, nicht der Vorstellung hingeben, daß es nnn, wo das Produkt überall in der Tausch¬ wertsform auftritt, eiues Wertzuschlages bedürfe, um Rente, Grundrente oder Kapitalzins, zu gewähren, daß es um die Rente teurer verkauft werden müsse, und daß es, wenn es keinen Kapitalgewinn abzuwerfen brauchte, um so viel wohlfeiler werden könnte. Nicht durch einen Preiszuschlag wird die Reute erzielt, sondern durch einen Abzug vom Arbeitslohn, dadurch, daß die Arbeiter gezwungen werden, einen Teil des von ihnen hervorgebrachten Wertes dem Fabrikanten abzutreten. Auf wie vielfältige Weise die Landwirtschaft in das kapitalistische Getriebe hineingezogen wird, mögen sich die Leser selbst vergegenwärtigen. Hier genügt es zu bemerken: nach Scheidung der Fabrikation von der Landwirtschaft er¬ langen anch die Erzeugnisse der Landwirtschaft und die Landgüter selbst Tausch¬ wert, gehört zum Erwerb und zur Bewirtschaftung eines Landgutes Kurs- und Betriebskapital, geraten Landwirtschaft und Fabrikation in eine viel und fein verzweigte Abhängigkeit von einander und verschmelzen die Einzelwirtschaften der vorigen Periode zur Volkswirtschaft, zu einem untrennbaren mit dem Nativnalkapital arbeitenden Ganzen. Diese Abhängigkeit jedes einzelnen Arbeiters von unzähligen, ihm meist unbekannten und fern wohnenden Mitarbeitern macht eS ebeu, wie schon bemerkt wurde, unmöglich, daß er zugleich Besitzer seiner Arbeitsmittel und seines unmittelbaren Erzeugnisses sei. Das Vernünftige wäre nach Nodbertns, daß fich diese Güter überhaupt nicht im Privatbesitz befänden, sonder», wie sie nur in der geordneten Gemeinschaft, im Staate er¬ zeugt werden können, so auch der Gemeinschaft, dem Staate gehörten. So lange nnn dieses Vernünftige nicht verwirklicht werden kann, bleibt es dabei, daß vom Ertrage der Nativnalarbeit nicht allein die Kapitalergänzung, sondern auch noch Grundrente und Kapitalzins nebst llnternehmergewinn ab¬ gezogen werde», und nnr der Rest den Arbeitern verbleibt. „Das Vermögen aber, das selbst nnr Arbeitsprodukt, und zwar das Produkt der Arbeit andrer als seiner Besitzer ist, nimmt in diesem Zustande immer mehr die bewegliche Geldform an, in der der Besitzer es irgendwo »anzulegen« sorgen muß. Die Rente nimmt daher immer mehr die Scheingestalt eines Erwerbes oder Produkts des Vermvgensbesitzers an (indem beide, Kapital und Einkommen, als gleich¬ artige Dinge, als Geld erscheinen, sodaß Geld Geld zu erzengen scheint, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/270>, abgerufen am 24.05.2024.