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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Leistungen in erster Linie von den Bedingungen abhängen, welche ihnen das
Binnenland gewährt, dem sie geographisch oder wirtschaftlich angehören. Wenn
es richtig ist, daß unsre Hnndelsemporien ihren Beruf in der Hingebung an
die heimische Produktion und Konsumtion erfülle" sollen, und daß die Politik
der Seestädte und unsre Volkswirtschaft nicht zwei getrennte, sondern zwei
eng zusammengehörige Sphären bilden, dann wird auch ohne weiteres der
Satz richtig sein, daß das Lebensinteresse Lübecks an der Herstellung eines
Großschiffahrtswegs zur Elbe zugleich ein wichtiges Interesse seines Elb-
hinterlandes ist. Hier ist der Punkt, wo sich das angebliche Alleininteresse
Lübecks mit dem ebenbürtigen Interesse des Elbgebiets aufs engste berührt."

Zur vollen Würdigung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des geplanten
Kanalwegs geht der Verfasser nun auf den Wettbewerb Englands und andrer
westlicher Länder auf den nordischen Märkten ein, denen gegenüber die deutsche
Ausfuhr in ihrer Konkurrenzfähigkeit wesentlich gestärkt werden könnte, wenn
ihr durch den Eid-Trave-Kanal der billigste und kürzeste Weg zur Ostseeküste,
d. i. der über Lübeck, erschlossen würde. England hatte in Schweden, Nor¬
wegen und Dünemark bis zu den sechziger Jahren Deutschland gegenüber einen
unbestrittnen Vorrang. Ju den siebziger Jahren trat jedoch in der Einfuhr
Schwedens schon eine deutliche Verschiebung zu Gunsten Deutschlands ein.
Während die Einfuhr Großbritanniens

1873 95015000 Kronen 1875 91938000 Kronen
1874 90861000 " l876 98300000

betrug und in den folgenden Jahren ans etwa L0 Millionen zurückging, hatte
sich die deutsche Einfuhr von etwa 40 bis 50 Millionen in den siebziger
Jahren

1887 bis auf 100718000 Kronen
1888 " " 105603 000

gehoben. Ähnlich gestaltete sich die Beteiligung Deutschlands an dein nor¬
wegischen Handel. Die Einfuhr Norwegens betrug

1876 bis 1830 1881 bis 1885 1886 bis 1889
aus Deutschland 43001200 Kronen 45942400 Kronen 40906976 Kronen
aus Großbritannien 41985601 " 41459100 " 43512500 "

In den letzten Jahren zeigt die deutsche Einfuhr allerdings zu Gunsten Eng¬
lands wieder einen Rückgang.

Auch in dem Handel mit Dünemark haben die Ein- und Ausfuhrzahlen
Deutschlands seit den fünfziger Jahren England gegenüber eine nicht unbe¬
trächtliche Zunahme auszuweisen. Am finnländischen Außenhandel hat sich
freilich Nußland seineu überwiegenden Anteil nicht nur erhalten, sondern in¬
folge seiner Zollpolitik auf Kosten der deutschen Einfuhr sogar vergrößert.
Trotzdem hat Deutschland bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen. Es hat
seine Ausfuhr von 11 bis gegen 15 Millionen in den fünfziger und sechziger


Leistungen in erster Linie von den Bedingungen abhängen, welche ihnen das
Binnenland gewährt, dem sie geographisch oder wirtschaftlich angehören. Wenn
es richtig ist, daß unsre Hnndelsemporien ihren Beruf in der Hingebung an
die heimische Produktion und Konsumtion erfülle» sollen, und daß die Politik
der Seestädte und unsre Volkswirtschaft nicht zwei getrennte, sondern zwei
eng zusammengehörige Sphären bilden, dann wird auch ohne weiteres der
Satz richtig sein, daß das Lebensinteresse Lübecks an der Herstellung eines
Großschiffahrtswegs zur Elbe zugleich ein wichtiges Interesse seines Elb-
hinterlandes ist. Hier ist der Punkt, wo sich das angebliche Alleininteresse
Lübecks mit dem ebenbürtigen Interesse des Elbgebiets aufs engste berührt."

Zur vollen Würdigung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des geplanten
Kanalwegs geht der Verfasser nun auf den Wettbewerb Englands und andrer
westlicher Länder auf den nordischen Märkten ein, denen gegenüber die deutsche
Ausfuhr in ihrer Konkurrenzfähigkeit wesentlich gestärkt werden könnte, wenn
ihr durch den Eid-Trave-Kanal der billigste und kürzeste Weg zur Ostseeküste,
d. i. der über Lübeck, erschlossen würde. England hatte in Schweden, Nor¬
wegen und Dünemark bis zu den sechziger Jahren Deutschland gegenüber einen
unbestrittnen Vorrang. Ju den siebziger Jahren trat jedoch in der Einfuhr
Schwedens schon eine deutliche Verschiebung zu Gunsten Deutschlands ein.
Während die Einfuhr Großbritanniens

1873 95015000 Kronen 1875 91938000 Kronen
1874 90861000 „ l876 98300000

betrug und in den folgenden Jahren ans etwa L0 Millionen zurückging, hatte
sich die deutsche Einfuhr von etwa 40 bis 50 Millionen in den siebziger
Jahren

1887 bis auf 100718000 Kronen
1888 „ „ 105603 000

gehoben. Ähnlich gestaltete sich die Beteiligung Deutschlands an dein nor¬
wegischen Handel. Die Einfuhr Norwegens betrug

1876 bis 1830 1881 bis 1885 1886 bis 1889
aus Deutschland 43001200 Kronen 45942400 Kronen 40906976 Kronen
aus Großbritannien 41985601 „ 41459100 „ 43512500 „

In den letzten Jahren zeigt die deutsche Einfuhr allerdings zu Gunsten Eng¬
lands wieder einen Rückgang.

Auch in dem Handel mit Dünemark haben die Ein- und Ausfuhrzahlen
Deutschlands seit den fünfziger Jahren England gegenüber eine nicht unbe¬
trächtliche Zunahme auszuweisen. Am finnländischen Außenhandel hat sich
freilich Nußland seineu überwiegenden Anteil nicht nur erhalten, sondern in¬
folge seiner Zollpolitik auf Kosten der deutschen Einfuhr sogar vergrößert.
Trotzdem hat Deutschland bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen. Es hat
seine Ausfuhr von 11 bis gegen 15 Millionen in den fünfziger und sechziger


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[0086] Leistungen in erster Linie von den Bedingungen abhängen, welche ihnen das Binnenland gewährt, dem sie geographisch oder wirtschaftlich angehören. Wenn es richtig ist, daß unsre Hnndelsemporien ihren Beruf in der Hingebung an die heimische Produktion und Konsumtion erfülle» sollen, und daß die Politik der Seestädte und unsre Volkswirtschaft nicht zwei getrennte, sondern zwei eng zusammengehörige Sphären bilden, dann wird auch ohne weiteres der Satz richtig sein, daß das Lebensinteresse Lübecks an der Herstellung eines Großschiffahrtswegs zur Elbe zugleich ein wichtiges Interesse seines Elb- hinterlandes ist. Hier ist der Punkt, wo sich das angebliche Alleininteresse Lübecks mit dem ebenbürtigen Interesse des Elbgebiets aufs engste berührt." Zur vollen Würdigung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des geplanten Kanalwegs geht der Verfasser nun auf den Wettbewerb Englands und andrer westlicher Länder auf den nordischen Märkten ein, denen gegenüber die deutsche Ausfuhr in ihrer Konkurrenzfähigkeit wesentlich gestärkt werden könnte, wenn ihr durch den Eid-Trave-Kanal der billigste und kürzeste Weg zur Ostseeküste, d. i. der über Lübeck, erschlossen würde. England hatte in Schweden, Nor¬ wegen und Dünemark bis zu den sechziger Jahren Deutschland gegenüber einen unbestrittnen Vorrang. Ju den siebziger Jahren trat jedoch in der Einfuhr Schwedens schon eine deutliche Verschiebung zu Gunsten Deutschlands ein. Während die Einfuhr Großbritanniens 1873 95015000 Kronen 1875 91938000 Kronen 1874 90861000 „ l876 98300000 betrug und in den folgenden Jahren ans etwa L0 Millionen zurückging, hatte sich die deutsche Einfuhr von etwa 40 bis 50 Millionen in den siebziger Jahren 1887 bis auf 100718000 Kronen 1888 „ „ 105603 000 gehoben. Ähnlich gestaltete sich die Beteiligung Deutschlands an dein nor¬ wegischen Handel. Die Einfuhr Norwegens betrug 1876 bis 1830 1881 bis 1885 1886 bis 1889 aus Deutschland 43001200 Kronen 45942400 Kronen 40906976 Kronen aus Großbritannien 41985601 „ 41459100 „ 43512500 „ In den letzten Jahren zeigt die deutsche Einfuhr allerdings zu Gunsten Eng¬ lands wieder einen Rückgang. Auch in dem Handel mit Dünemark haben die Ein- und Ausfuhrzahlen Deutschlands seit den fünfziger Jahren England gegenüber eine nicht unbe¬ trächtliche Zunahme auszuweisen. Am finnländischen Außenhandel hat sich freilich Nußland seineu überwiegenden Anteil nicht nur erhalten, sondern in¬ folge seiner Zollpolitik auf Kosten der deutschen Einfuhr sogar vergrößert. Trotzdem hat Deutschland bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen. Es hat seine Ausfuhr von 11 bis gegen 15 Millionen in den fünfziger und sechziger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/86>, abgerufen am 06.06.2024.