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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Lin Lid-Trave-Ranal

Wasserweg wichtig erscheinen, der die Entfernung zur Küste abkürzt, den Trans¬
port verbilligt und so die Industrien wirtschaftlich der Küste näherbringt.
Wenn der Eid-Trave-Kanal diese Bedingung erfüllt, d. h. wenn er die Wasser¬
fracht und den Transport über die Ostsee von Lauenburg über Lübeck billiger
macht als von Lauenburg über Hamburg oder von Magdeburg in der andern
Richtung durch den Pläner Kanal und den Finvwkcmal über Stettin und
somit wesentlich dazu beiträgt, daß die Industrie des deutschen Elbgebiets im
Norden kräftiger und konkurrenzfähiger auftreten kann, dann wird der Elb-
Trave-Kanal seine volle Berechtigung haben und als eine neue wertvolle
Handelsstraße vom Binnenlande aufs lebhafteste begrüßt werden.

Wir müssen hier selbstverständlich auf die Wiedergabe der zahlenmäßigen
Nachweise über die Produktionskraft des Elbbeckens verzichten, auf deren tabel¬
larische Zusniumenstellung der Verfasser viel Mühe und Sachkenntnis verwandt
hat. Interessant bleibt die Thatsache, daß es unter den konkurrirenden Ländern
besonders England, Belgien, die Niederlande und Frankreich sind, die, mit dem
Vorzuge des fast ausschließlichen Wasserwegs ausgerüstet, einen nicht geringen
Vorsprung vor Deutschland behaupten.

Aber abgesehen von der Krüftignng und Hebung unsrer Konkurrenzfähig¬
keit im Norden, zeigt der Verfasser die Bedeutung eines Eid-Trave-Kanals
noch nach einer andern, volkswirtschaftlich sehr wichtigen Seite, deren Folge¬
rungen nicht allein Lübeck und das Elbgebiet, sondern den deutschen Ausfuhr¬
handel überhaupt berühren. Je mehr nämlich die nordischen Länder mit der
Erhöhung ihres allgemeinen Lebensstandes den Antrieb und die Mittel ge¬
funden haben, aus ihrem lokalen Handelskreise herauszutreten und sich den
Centren des großen Weltverkehrs zu nähern, desto mehr haben sich bei ihnen
auch unmittelbare Beziehungen und Verkehrsvcrbindungen mit den westlichen
Industriestaaten und überseeischen Ländern gebildet. So hat dies z. V. in der
Ausbreitung der regelmäßigen Dampfschisfslinien ans der Ostsee nach den atlan¬
tischen Küsten des Kontinents und den Überseestationen einen deutlichen Aus¬
druck gefunden. Dänemark hat über die Ostsee ein Netz weitverzweigter Dampfer¬
linien gezogen, die alle größern nordischen Häfen: Riga, Reval, Petersburg,
Helsingfors, Stockholm , Gothenburg, Kopenhagen mit Norwegen, England,
Antwerpen, Rotterdam, Havre, mit spanischen, südfranzösischen, italienischen
Seehäfen und mit den Levauteländern in regelmäßige und gesicherte Verbin¬
dung bringt.

Neben diese" Bemühungen Dänemarks, den Seehandel an den deutschen
Küsten vorbei durch unmittelbare Verbindungen einzurichten, namentlich Ham¬
burg und Lübeck als Vernnttlungspunkte auszuschalten, sind ähnliche Bestre¬
bungen auch in Schweden und Finnland im letzten Jahrzehnt deutlich genug
geworden, als 1889 von Finnland eine größere Dampferladung Kaffee un¬
mittelbar aus Brasilien eingeführt wurde, während es bisher seine bedeutende


Lin Lid-Trave-Ranal

Wasserweg wichtig erscheinen, der die Entfernung zur Küste abkürzt, den Trans¬
port verbilligt und so die Industrien wirtschaftlich der Küste näherbringt.
Wenn der Eid-Trave-Kanal diese Bedingung erfüllt, d. h. wenn er die Wasser¬
fracht und den Transport über die Ostsee von Lauenburg über Lübeck billiger
macht als von Lauenburg über Hamburg oder von Magdeburg in der andern
Richtung durch den Pläner Kanal und den Finvwkcmal über Stettin und
somit wesentlich dazu beiträgt, daß die Industrie des deutschen Elbgebiets im
Norden kräftiger und konkurrenzfähiger auftreten kann, dann wird der Elb-
Trave-Kanal seine volle Berechtigung haben und als eine neue wertvolle
Handelsstraße vom Binnenlande aufs lebhafteste begrüßt werden.

Wir müssen hier selbstverständlich auf die Wiedergabe der zahlenmäßigen
Nachweise über die Produktionskraft des Elbbeckens verzichten, auf deren tabel¬
larische Zusniumenstellung der Verfasser viel Mühe und Sachkenntnis verwandt
hat. Interessant bleibt die Thatsache, daß es unter den konkurrirenden Ländern
besonders England, Belgien, die Niederlande und Frankreich sind, die, mit dem
Vorzuge des fast ausschließlichen Wasserwegs ausgerüstet, einen nicht geringen
Vorsprung vor Deutschland behaupten.

Aber abgesehen von der Krüftignng und Hebung unsrer Konkurrenzfähig¬
keit im Norden, zeigt der Verfasser die Bedeutung eines Eid-Trave-Kanals
noch nach einer andern, volkswirtschaftlich sehr wichtigen Seite, deren Folge¬
rungen nicht allein Lübeck und das Elbgebiet, sondern den deutschen Ausfuhr¬
handel überhaupt berühren. Je mehr nämlich die nordischen Länder mit der
Erhöhung ihres allgemeinen Lebensstandes den Antrieb und die Mittel ge¬
funden haben, aus ihrem lokalen Handelskreise herauszutreten und sich den
Centren des großen Weltverkehrs zu nähern, desto mehr haben sich bei ihnen
auch unmittelbare Beziehungen und Verkehrsvcrbindungen mit den westlichen
Industriestaaten und überseeischen Ländern gebildet. So hat dies z. V. in der
Ausbreitung der regelmäßigen Dampfschisfslinien ans der Ostsee nach den atlan¬
tischen Küsten des Kontinents und den Überseestationen einen deutlichen Aus¬
druck gefunden. Dänemark hat über die Ostsee ein Netz weitverzweigter Dampfer¬
linien gezogen, die alle größern nordischen Häfen: Riga, Reval, Petersburg,
Helsingfors, Stockholm , Gothenburg, Kopenhagen mit Norwegen, England,
Antwerpen, Rotterdam, Havre, mit spanischen, südfranzösischen, italienischen
Seehäfen und mit den Levauteländern in regelmäßige und gesicherte Verbin¬
dung bringt.

Neben diese» Bemühungen Dänemarks, den Seehandel an den deutschen
Küsten vorbei durch unmittelbare Verbindungen einzurichten, namentlich Ham¬
burg und Lübeck als Vernnttlungspunkte auszuschalten, sind ähnliche Bestre¬
bungen auch in Schweden und Finnland im letzten Jahrzehnt deutlich genug
geworden, als 1889 von Finnland eine größere Dampferladung Kaffee un¬
mittelbar aus Brasilien eingeführt wurde, während es bisher seine bedeutende


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[0088] Lin Lid-Trave-Ranal Wasserweg wichtig erscheinen, der die Entfernung zur Küste abkürzt, den Trans¬ port verbilligt und so die Industrien wirtschaftlich der Küste näherbringt. Wenn der Eid-Trave-Kanal diese Bedingung erfüllt, d. h. wenn er die Wasser¬ fracht und den Transport über die Ostsee von Lauenburg über Lübeck billiger macht als von Lauenburg über Hamburg oder von Magdeburg in der andern Richtung durch den Pläner Kanal und den Finvwkcmal über Stettin und somit wesentlich dazu beiträgt, daß die Industrie des deutschen Elbgebiets im Norden kräftiger und konkurrenzfähiger auftreten kann, dann wird der Elb- Trave-Kanal seine volle Berechtigung haben und als eine neue wertvolle Handelsstraße vom Binnenlande aufs lebhafteste begrüßt werden. Wir müssen hier selbstverständlich auf die Wiedergabe der zahlenmäßigen Nachweise über die Produktionskraft des Elbbeckens verzichten, auf deren tabel¬ larische Zusniumenstellung der Verfasser viel Mühe und Sachkenntnis verwandt hat. Interessant bleibt die Thatsache, daß es unter den konkurrirenden Ländern besonders England, Belgien, die Niederlande und Frankreich sind, die, mit dem Vorzuge des fast ausschließlichen Wasserwegs ausgerüstet, einen nicht geringen Vorsprung vor Deutschland behaupten. Aber abgesehen von der Krüftignng und Hebung unsrer Konkurrenzfähig¬ keit im Norden, zeigt der Verfasser die Bedeutung eines Eid-Trave-Kanals noch nach einer andern, volkswirtschaftlich sehr wichtigen Seite, deren Folge¬ rungen nicht allein Lübeck und das Elbgebiet, sondern den deutschen Ausfuhr¬ handel überhaupt berühren. Je mehr nämlich die nordischen Länder mit der Erhöhung ihres allgemeinen Lebensstandes den Antrieb und die Mittel ge¬ funden haben, aus ihrem lokalen Handelskreise herauszutreten und sich den Centren des großen Weltverkehrs zu nähern, desto mehr haben sich bei ihnen auch unmittelbare Beziehungen und Verkehrsvcrbindungen mit den westlichen Industriestaaten und überseeischen Ländern gebildet. So hat dies z. V. in der Ausbreitung der regelmäßigen Dampfschisfslinien ans der Ostsee nach den atlan¬ tischen Küsten des Kontinents und den Überseestationen einen deutlichen Aus¬ druck gefunden. Dänemark hat über die Ostsee ein Netz weitverzweigter Dampfer¬ linien gezogen, die alle größern nordischen Häfen: Riga, Reval, Petersburg, Helsingfors, Stockholm , Gothenburg, Kopenhagen mit Norwegen, England, Antwerpen, Rotterdam, Havre, mit spanischen, südfranzösischen, italienischen Seehäfen und mit den Levauteländern in regelmäßige und gesicherte Verbin¬ dung bringt. Neben diese» Bemühungen Dänemarks, den Seehandel an den deutschen Küsten vorbei durch unmittelbare Verbindungen einzurichten, namentlich Ham¬ burg und Lübeck als Vernnttlungspunkte auszuschalten, sind ähnliche Bestre¬ bungen auch in Schweden und Finnland im letzten Jahrzehnt deutlich genug geworden, als 1889 von Finnland eine größere Dampferladung Kaffee un¬ mittelbar aus Brasilien eingeführt wurde, während es bisher seine bedeutende

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/88>, abgerufen am 27.05.2024.