Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Genossenschaft j)ein und die allermodernste Kunst
Von Aonrad Tange (Schluß)

SZenden wir uns von den ausländischen Beiträgen zu denen der
einheimischen Künstler, so zeigt sich leider, daß sie ihrer Mehr¬
zahl mich ebenso unerfreulich sind, und daß sich bei vielen von
ihnen der Einfluß des Auslandes in ungesunder Weise geltend
macht. Das Seltsame, Übertriebne, Barocke behält auch hier
die Oberhand über das Einfache, Natürliche und Gesunde. Wesentlich unter¬
stützt wird dieser Eindruck durch die bunte typographische Ausstattung der
Zeitschrift. Es scheint allerdings, daß in dieser Beziehung die Meinungen
innerhalb des Aufsichtsrats sehr stark auseinandergehen. Wenigstens bringt
das erste Heft einen Aufsatz von W. Bode: "Anforderungen an die Aus¬
stattung einer illustrirten Zeitschrift," der eine Reihe sehr gesunder Grund¬
sätze (neben einige" Übertreibungen) enthält, und kurz darauf eine Notiz "Zur
AnSstnttuugsfrcige" von der Redaktion, worin genau die entgegengesetzten Grund¬
sätze aufgestellt werden. Bode ist vor allen Dingen für eine möglichst ein¬
heitliche Ausstattung im Sinne des altdeutschen illustrirten Buchdrucks und
verwirft die neuerdings so beliebt gewordne Technik der Antothpie (Netzätzuug)
gänzlich. Er will auch die andern mechanischen Vervielfältigungsarten, Helio¬
gravüre und Lichtdruck, nur in beschränktem Maße zulassen, und statt dessen lieber
die originalen Reprodnktivnsarteu, Kupferstich, Radirung, Holzschnitt und Litho¬
graphie, angewendet wissen. Die Redaktion dagegen tritt im Interesse der
"intimen und individuellen Wirkungen" für eine möglichste Mannichfaltigkeit
nicht nur der Neproduktionsnrten, sondern auch der Druckerthpeu ein. Die
Frage ist für unser ganzes Buchnusstattungswesen von großem Interesse.
Es ist klar, daß eine vollkommne Einheitlichkeit in Bodes Sinne bei einer
Zeitschrift wie dieser nicht zu erreichen ist. Die Einfügung von sogenannten
Vollbildern neben den Textillustrationen, die gleichzeitige Heranziehung der
verschiedensten Künstlerpersönlichkeiten macht sie ja schon zum großen Teil
unmöglich. Allein es fragt sich, ob man das Jndividualitütsprinzip so weit
treiben soll, daß jeder litterarische Beitrag auch in einer besondern Schrift-




Die Genossenschaft j)ein und die allermodernste Kunst
Von Aonrad Tange (Schluß)

SZenden wir uns von den ausländischen Beiträgen zu denen der
einheimischen Künstler, so zeigt sich leider, daß sie ihrer Mehr¬
zahl mich ebenso unerfreulich sind, und daß sich bei vielen von
ihnen der Einfluß des Auslandes in ungesunder Weise geltend
macht. Das Seltsame, Übertriebne, Barocke behält auch hier
die Oberhand über das Einfache, Natürliche und Gesunde. Wesentlich unter¬
stützt wird dieser Eindruck durch die bunte typographische Ausstattung der
Zeitschrift. Es scheint allerdings, daß in dieser Beziehung die Meinungen
innerhalb des Aufsichtsrats sehr stark auseinandergehen. Wenigstens bringt
das erste Heft einen Aufsatz von W. Bode: „Anforderungen an die Aus¬
stattung einer illustrirten Zeitschrift," der eine Reihe sehr gesunder Grund¬
sätze (neben einige» Übertreibungen) enthält, und kurz darauf eine Notiz „Zur
AnSstnttuugsfrcige" von der Redaktion, worin genau die entgegengesetzten Grund¬
sätze aufgestellt werden. Bode ist vor allen Dingen für eine möglichst ein¬
heitliche Ausstattung im Sinne des altdeutschen illustrirten Buchdrucks und
verwirft die neuerdings so beliebt gewordne Technik der Antothpie (Netzätzuug)
gänzlich. Er will auch die andern mechanischen Vervielfältigungsarten, Helio¬
gravüre und Lichtdruck, nur in beschränktem Maße zulassen, und statt dessen lieber
die originalen Reprodnktivnsarteu, Kupferstich, Radirung, Holzschnitt und Litho¬
graphie, angewendet wissen. Die Redaktion dagegen tritt im Interesse der
„intimen und individuellen Wirkungen" für eine möglichste Mannichfaltigkeit
nicht nur der Neproduktionsnrten, sondern auch der Druckerthpeu ein. Die
Frage ist für unser ganzes Buchnusstattungswesen von großem Interesse.
Es ist klar, daß eine vollkommne Einheitlichkeit in Bodes Sinne bei einer
Zeitschrift wie dieser nicht zu erreichen ist. Die Einfügung von sogenannten
Vollbildern neben den Textillustrationen, die gleichzeitige Heranziehung der
verschiedensten Künstlerpersönlichkeiten macht sie ja schon zum großen Teil
unmöglich. Allein es fragt sich, ob man das Jndividualitütsprinzip so weit
treiben soll, daß jeder litterarische Beitrag auch in einer besondern Schrift-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0229" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220555"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341861_220325/figures/grenzboten_341861_220325_220555_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Genossenschaft j)ein und die allermodernste Kunst<lb/><note type="byline"> Von Aonrad Tange</note> (Schluß)</head><lb/>
          <p xml:id="ID_947" next="#ID_948"> SZenden wir uns von den ausländischen Beiträgen zu denen der<lb/>
einheimischen Künstler, so zeigt sich leider, daß sie ihrer Mehr¬<lb/>
zahl mich ebenso unerfreulich sind, und daß sich bei vielen von<lb/>
ihnen der Einfluß des Auslandes in ungesunder Weise geltend<lb/>
macht.  Das Seltsame, Übertriebne, Barocke behält auch hier<lb/>
die Oberhand über das Einfache, Natürliche und Gesunde. Wesentlich unter¬<lb/>
stützt wird dieser Eindruck durch die bunte typographische Ausstattung der<lb/>
Zeitschrift.  Es scheint allerdings, daß in dieser Beziehung die Meinungen<lb/>
innerhalb des Aufsichtsrats sehr stark auseinandergehen.  Wenigstens bringt<lb/>
das erste Heft einen Aufsatz von W. Bode: &#x201E;Anforderungen an die Aus¬<lb/>
stattung einer illustrirten Zeitschrift," der eine Reihe sehr gesunder Grund¬<lb/>
sätze (neben einige» Übertreibungen) enthält, und kurz darauf eine Notiz &#x201E;Zur<lb/>
AnSstnttuugsfrcige" von der Redaktion, worin genau die entgegengesetzten Grund¬<lb/>
sätze aufgestellt werden.  Bode ist vor allen Dingen für eine möglichst ein¬<lb/>
heitliche Ausstattung im Sinne des altdeutschen illustrirten Buchdrucks und<lb/>
verwirft die neuerdings so beliebt gewordne Technik der Antothpie (Netzätzuug)<lb/>
gänzlich. Er will auch die andern mechanischen Vervielfältigungsarten, Helio¬<lb/>
gravüre und Lichtdruck, nur in beschränktem Maße zulassen, und statt dessen lieber<lb/>
die originalen Reprodnktivnsarteu, Kupferstich, Radirung, Holzschnitt und Litho¬<lb/>
graphie, angewendet wissen.  Die Redaktion dagegen tritt im Interesse der<lb/>
&#x201E;intimen und individuellen Wirkungen" für eine möglichste Mannichfaltigkeit<lb/>
nicht nur der Neproduktionsnrten, sondern auch der Druckerthpeu ein. Die<lb/>
Frage ist für unser ganzes Buchnusstattungswesen von großem Interesse.<lb/>
Es ist klar, daß eine vollkommne Einheitlichkeit in Bodes Sinne bei einer<lb/>
Zeitschrift wie dieser nicht zu erreichen ist.  Die Einfügung von sogenannten<lb/>
Vollbildern neben den Textillustrationen, die gleichzeitige Heranziehung der<lb/>
verschiedensten Künstlerpersönlichkeiten macht sie ja schon zum großen Teil<lb/>
unmöglich.  Allein es fragt sich, ob man das Jndividualitütsprinzip so weit<lb/>
treiben soll, daß jeder litterarische Beitrag auch in einer besondern Schrift-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0229] [Abbildung] Die Genossenschaft j)ein und die allermodernste Kunst Von Aonrad Tange (Schluß) SZenden wir uns von den ausländischen Beiträgen zu denen der einheimischen Künstler, so zeigt sich leider, daß sie ihrer Mehr¬ zahl mich ebenso unerfreulich sind, und daß sich bei vielen von ihnen der Einfluß des Auslandes in ungesunder Weise geltend macht. Das Seltsame, Übertriebne, Barocke behält auch hier die Oberhand über das Einfache, Natürliche und Gesunde. Wesentlich unter¬ stützt wird dieser Eindruck durch die bunte typographische Ausstattung der Zeitschrift. Es scheint allerdings, daß in dieser Beziehung die Meinungen innerhalb des Aufsichtsrats sehr stark auseinandergehen. Wenigstens bringt das erste Heft einen Aufsatz von W. Bode: „Anforderungen an die Aus¬ stattung einer illustrirten Zeitschrift," der eine Reihe sehr gesunder Grund¬ sätze (neben einige» Übertreibungen) enthält, und kurz darauf eine Notiz „Zur AnSstnttuugsfrcige" von der Redaktion, worin genau die entgegengesetzten Grund¬ sätze aufgestellt werden. Bode ist vor allen Dingen für eine möglichst ein¬ heitliche Ausstattung im Sinne des altdeutschen illustrirten Buchdrucks und verwirft die neuerdings so beliebt gewordne Technik der Antothpie (Netzätzuug) gänzlich. Er will auch die andern mechanischen Vervielfältigungsarten, Helio¬ gravüre und Lichtdruck, nur in beschränktem Maße zulassen, und statt dessen lieber die originalen Reprodnktivnsarteu, Kupferstich, Radirung, Holzschnitt und Litho¬ graphie, angewendet wissen. Die Redaktion dagegen tritt im Interesse der „intimen und individuellen Wirkungen" für eine möglichste Mannichfaltigkeit nicht nur der Neproduktionsnrten, sondern auch der Druckerthpeu ein. Die Frage ist für unser ganzes Buchnusstattungswesen von großem Interesse. Es ist klar, daß eine vollkommne Einheitlichkeit in Bodes Sinne bei einer Zeitschrift wie dieser nicht zu erreichen ist. Die Einfügung von sogenannten Vollbildern neben den Textillustrationen, die gleichzeitige Heranziehung der verschiedensten Künstlerpersönlichkeiten macht sie ja schon zum großen Teil unmöglich. Allein es fragt sich, ob man das Jndividualitütsprinzip so weit treiben soll, daß jeder litterarische Beitrag auch in einer besondern Schrift-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/229
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/229>, abgerufen am 23.05.2024.