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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Der Tnchmacherstreik in Kottbus

wird. Die Stundenarbeiter haben nun, wie man hört, im Streik keine Rolle
gespielt und jedenfalls den Streik nicht veranlaßt, obwohl sie in ungünstigern
Verhältnissen waren als die übrigen Tucharbeiter. Ein Teil der Stuudeuarbeiter
hat auch nach dem Streik eine Lohnerhöhung erhalten, was man übrigens
schon wochenlang vorher vermutete, da die Fabrikanten ihre Geneigtheit dazu mehr¬
fach ausgesprochen haben sollen. Obwohl min in einer der letzten Versammlungen
gesagt worden war, daß der ganze Streik der Stundenarbeiter wegen unternommen
worden sei, hat man doch auch eine Erhöhung der Weberlöhne erreichen wollen.
Diese Forderung ist aber von den Fabrikanten als ungerechtfertigt und unerfüll¬
bar von vornherein zurückgewiesen worden. Und zwar haben sich die Fabrikanten
zur Begründung ihrer Ablehnung darauf berufen, daß die Kottbuser Tuch¬
arbeiter, wie sich herausgestellt hätte, Löhne erhielten, die um 25 bis 3V Pro¬
zent höher waren als die in den Nachbarstädten gezählten, höhere auch als
die der rheinischen Textilarbeiter, deren Lebensunterhalt doch viel kostspieliger
sei. In einer andern Veröffentlichung gaben sie eine Statistik, der wir folgende
Angaben entnehmen. In der Strcichgarnweberei lagen die durchschnittlichen
Wochenverdienste (die Woche zu 65 Stunden gerechnet) zwischen 12,50 und
19,90 Mark, und zwar hatten

1 Betrieb 12,50 Mark Durchschnittsverdienst
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Die Durchschnittsverdieuste der schwächsten Weber, meist kränklicher oder be¬
jahrter Personen, die nur noch an den alten langsam laufenden Stühlen ar¬
beiten konnten, lagen zwischen 10,90 und 11,95 Mark, die Durchschnitts¬
verdienste der besten Weber zwischen 20,95 und 24 Mark.

In der Kammgarnweberei lagen die Durchschnittsverdienste zwischen 17,50
und 26,30 Mark, und zwar hatten

6 Betriebe 17 bis 18 Mark Durchschnittsverdienst
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Die Durchschnittsverdienste der schwächsten Weber in sechs Betrieben lagen
zwischen 15 und 16,50, die der besten zwischen 15,10 und 28,50 Mark. Da


Der Tnchmacherstreik in Kottbus

wird. Die Stundenarbeiter haben nun, wie man hört, im Streik keine Rolle
gespielt und jedenfalls den Streik nicht veranlaßt, obwohl sie in ungünstigern
Verhältnissen waren als die übrigen Tucharbeiter. Ein Teil der Stuudeuarbeiter
hat auch nach dem Streik eine Lohnerhöhung erhalten, was man übrigens
schon wochenlang vorher vermutete, da die Fabrikanten ihre Geneigtheit dazu mehr¬
fach ausgesprochen haben sollen. Obwohl min in einer der letzten Versammlungen
gesagt worden war, daß der ganze Streik der Stundenarbeiter wegen unternommen
worden sei, hat man doch auch eine Erhöhung der Weberlöhne erreichen wollen.
Diese Forderung ist aber von den Fabrikanten als ungerechtfertigt und unerfüll¬
bar von vornherein zurückgewiesen worden. Und zwar haben sich die Fabrikanten
zur Begründung ihrer Ablehnung darauf berufen, daß die Kottbuser Tuch¬
arbeiter, wie sich herausgestellt hätte, Löhne erhielten, die um 25 bis 3V Pro¬
zent höher waren als die in den Nachbarstädten gezählten, höhere auch als
die der rheinischen Textilarbeiter, deren Lebensunterhalt doch viel kostspieliger
sei. In einer andern Veröffentlichung gaben sie eine Statistik, der wir folgende
Angaben entnehmen. In der Strcichgarnweberei lagen die durchschnittlichen
Wochenverdienste (die Woche zu 65 Stunden gerechnet) zwischen 12,50 und
19,90 Mark, und zwar hatten

1 Betrieb 12,50 Mark Durchschnittsverdienst
2 Betriebe 13 bis 14 „ „
8 „ >4 „ 15
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jahrter Personen, die nur noch an den alten langsam laufenden Stühlen ar¬
beiten konnten, lagen zwischen 10,90 und 11,95 Mark, die Durchschnitts¬
verdienste der besten Weber zwischen 20,95 und 24 Mark.

In der Kammgarnweberei lagen die Durchschnittsverdienste zwischen 17,50
und 26,30 Mark, und zwar hatten

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Die Durchschnittsverdienste der schwächsten Weber in sechs Betrieben lagen
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[0262] Der Tnchmacherstreik in Kottbus wird. Die Stundenarbeiter haben nun, wie man hört, im Streik keine Rolle gespielt und jedenfalls den Streik nicht veranlaßt, obwohl sie in ungünstigern Verhältnissen waren als die übrigen Tucharbeiter. Ein Teil der Stuudeuarbeiter hat auch nach dem Streik eine Lohnerhöhung erhalten, was man übrigens schon wochenlang vorher vermutete, da die Fabrikanten ihre Geneigtheit dazu mehr¬ fach ausgesprochen haben sollen. Obwohl min in einer der letzten Versammlungen gesagt worden war, daß der ganze Streik der Stundenarbeiter wegen unternommen worden sei, hat man doch auch eine Erhöhung der Weberlöhne erreichen wollen. Diese Forderung ist aber von den Fabrikanten als ungerechtfertigt und unerfüll¬ bar von vornherein zurückgewiesen worden. Und zwar haben sich die Fabrikanten zur Begründung ihrer Ablehnung darauf berufen, daß die Kottbuser Tuch¬ arbeiter, wie sich herausgestellt hätte, Löhne erhielten, die um 25 bis 3V Pro¬ zent höher waren als die in den Nachbarstädten gezählten, höhere auch als die der rheinischen Textilarbeiter, deren Lebensunterhalt doch viel kostspieliger sei. In einer andern Veröffentlichung gaben sie eine Statistik, der wir folgende Angaben entnehmen. In der Strcichgarnweberei lagen die durchschnittlichen Wochenverdienste (die Woche zu 65 Stunden gerechnet) zwischen 12,50 und 19,90 Mark, und zwar hatten 1 Betrieb 12,50 Mark Durchschnittsverdienst 2 Betriebe 13 bis 14 „ „ 8 „ >4 „ 15 5 „ 15 „ 16 7 „ 16 „ >7 8 „ >7 „ >6 , 2 „ !8 „ 19 1 „ >!> „ 20 Die Durchschnittsverdieuste der schwächsten Weber, meist kränklicher oder be¬ jahrter Personen, die nur noch an den alten langsam laufenden Stühlen ar¬ beiten konnten, lagen zwischen 10,90 und 11,95 Mark, die Durchschnitts¬ verdienste der besten Weber zwischen 20,95 und 24 Mark. In der Kammgarnweberei lagen die Durchschnittsverdienste zwischen 17,50 und 26,30 Mark, und zwar hatten 6 Betriebe 17 bis 18 Mark Durchschnittsverdienst 13 „ 1!> „ > „ 1» „ 20 „ 3 „ 20 „ 21 „ 1 „ 21 „ 22 „ 1 „ 22 „ 23 „ 2 „ 25 „ 26 „ I „ 26 „, 27 „ Die Durchschnittsverdienste der schwächsten Weber in sechs Betrieben lagen zwischen 15 und 16,50, die der besten zwischen 15,10 und 28,50 Mark. Da

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/262>, abgerufen am 17.06.2024.