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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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John Bniiekinnn
So ihrbnr feige so da nu rup,
As wull s' to Kirch scuto;
As harr se ehr Gesnngbok mit, --
Do gütten Smitt,
De kunst un blnnkert so.
So freudig zeit s' un doch so irrst,
As harr se gistern dicht; --
So still un wahrhaft in sick libre,
As een, de 't wirt,
Dill he Nergcwung kriggt.")

Ich glaube kaum, daß man das feierliche Emporsteigen der Sonne plattpoetisch
besser ausdrücken kann. Der Lenz weckt dann in der Brust des Dichters die¬
selben ahnungsvollen und freudigen Hoffnungen wie in jeder fühlenden Brust;
aber die Schilderung der alten und immer wieder neuen Frühlingspracht spitzt
sich in folgendem, fast überall echt plattdeutsch empfundnen Gedicht schließlich
zu einem feinen Vergleich zu.

Frttjonr
[Beginn Spaltensatz] Nu schiene de Surr so wann un hell
Up Feld un Wald un Wisch;
As Sülwer blankem Act un Soll,
Un allens fühl so frisch,
So grnll, so quick ut un vergnügt,
As een, de inslöp üngcmcgt
Un, nu he orig slnpcn,
Ritt beid sin Ogen nom.
Wo kwinkeleert de Lewark schön,
Wo lustig quakt de Pogg!
Da achter schiene de Smal so grün,
De Weit, de Rupp un Rogg, --
Dat kümmt sick ganz gefährlich all;
Dill helpt sick mal, da kann sick halt,
Vorne lenz bi de Elen,
Ne Kreis all in verödeten. [Spaltenumbruch] De Fieber un de Stickelber,
Wo sinnet dat an sick kalt!
De dew all grote gröne Blär
Un richtig an all seit;
Man nwerst uns' oll Avpelbom,
De reckt sick noch, as haliv in Drom,
As würd da rieth verscten,
Stop he ok noch 'n beten. Nu kiek eens diss twee Knuppcns, kick!
Sehn s' nich as Eier ut,
De hielt all dew, un wo nu gliek
De Kükens krupen rut?
As ob se sülwsten up sick pickt,
Un nu de Snnbel rude kickt?
Wo lang will dat noch warn,
Is grün de heel oll Garn. [Ende Spaltensatz] So licht ward mi tut un vergnügt;
Ick weet nich, will ick nuche,
As ob da will in mi sick rügt,
Wild Flünken hett un flügge;
So heel will mi dat in 't Geblüt,
As ob ick finir girr Knuppens sehst,
As wir noch hnlw in Droin ick
Un ok sonn Art our Vom ick."'')



scuto ----- hinzu; harr ----- hätte; kunst ----- leuchtet; dicht ----- gebeichtet.
'"'-
) Bel un sull Bäche und Teiche; nu he orig slnpen ----- jetzt, wo er ordentlich ge¬
schlafen (ausgeschlafen) hat; lenz --- dort unten; Bliir --- Blätter; verscten °- versäumt;
KniippenS ----- Knospen; würm ----- währen; heel ganz! Flünken -- Flügel; sulln ----- selbst.
John Bniiekinnn
So ihrbnr feige so da nu rup,
As wull s' to Kirch scuto;
As harr se ehr Gesnngbok mit, —
Do gütten Smitt,
De kunst un blnnkert so.
So freudig zeit s' un doch so irrst,
As harr se gistern dicht; —
So still un wahrhaft in sick libre,
As een, de 't wirt,
Dill he Nergcwung kriggt.")

Ich glaube kaum, daß man das feierliche Emporsteigen der Sonne plattpoetisch
besser ausdrücken kann. Der Lenz weckt dann in der Brust des Dichters die¬
selben ahnungsvollen und freudigen Hoffnungen wie in jeder fühlenden Brust;
aber die Schilderung der alten und immer wieder neuen Frühlingspracht spitzt
sich in folgendem, fast überall echt plattdeutsch empfundnen Gedicht schließlich
zu einem feinen Vergleich zu.

Frttjonr
[Beginn Spaltensatz] Nu schiene de Surr so wann un hell
Up Feld un Wald un Wisch;
As Sülwer blankem Act un Soll,
Un allens fühl so frisch,
So grnll, so quick ut un vergnügt,
As een, de inslöp üngcmcgt
Un, nu he orig slnpcn,
Ritt beid sin Ogen nom.
Wo kwinkeleert de Lewark schön,
Wo lustig quakt de Pogg!
Da achter schiene de Smal so grün,
De Weit, de Rupp un Rogg, —
Dat kümmt sick ganz gefährlich all;
Dill helpt sick mal, da kann sick halt,
Vorne lenz bi de Elen,
Ne Kreis all in verödeten. [Spaltenumbruch] De Fieber un de Stickelber,
Wo sinnet dat an sick kalt!
De dew all grote gröne Blär
Un richtig an all seit;
Man nwerst uns' oll Avpelbom,
De reckt sick noch, as haliv in Drom,
As würd da rieth verscten,
Stop he ok noch 'n beten. Nu kiek eens diss twee Knuppcns, kick!
Sehn s' nich as Eier ut,
De hielt all dew, un wo nu gliek
De Kükens krupen rut?
As ob se sülwsten up sick pickt,
Un nu de Snnbel rude kickt?
Wo lang will dat noch warn,
Is grün de heel oll Garn. [Ende Spaltensatz] So licht ward mi tut un vergnügt;
Ick weet nich, will ick nuche,
As ob da will in mi sick rügt,
Wild Flünken hett un flügge;
So heel will mi dat in 't Geblüt,
As ob ick finir girr Knuppens sehst,
As wir noch hnlw in Droin ick
Un ok sonn Art our Vom ick."'')



scuto ----- hinzu; harr ----- hätte; kunst ----- leuchtet; dicht ----- gebeichtet.
'"'-
) Bel un sull Bäche und Teiche; nu he orig slnpen ----- jetzt, wo er ordentlich ge¬
schlafen (ausgeschlafen) hat; lenz --- dort unten; Bliir --- Blätter; verscten °- versäumt;
KniippenS ----- Knospen; würm ----- währen; heel ganz! Flünken — Flügel; sulln ----- selbst.
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[0132] John Bniiekinnn So ihrbnr feige so da nu rup, As wull s' to Kirch scuto; As harr se ehr Gesnngbok mit, — Do gütten Smitt, De kunst un blnnkert so. So freudig zeit s' un doch so irrst, As harr se gistern dicht; — So still un wahrhaft in sick libre, As een, de 't wirt, Dill he Nergcwung kriggt.") Ich glaube kaum, daß man das feierliche Emporsteigen der Sonne plattpoetisch besser ausdrücken kann. Der Lenz weckt dann in der Brust des Dichters die¬ selben ahnungsvollen und freudigen Hoffnungen wie in jeder fühlenden Brust; aber die Schilderung der alten und immer wieder neuen Frühlingspracht spitzt sich in folgendem, fast überall echt plattdeutsch empfundnen Gedicht schließlich zu einem feinen Vergleich zu. Frttjonr Nu schiene de Surr so wann un hell Up Feld un Wald un Wisch; As Sülwer blankem Act un Soll, Un allens fühl so frisch, So grnll, so quick ut un vergnügt, As een, de inslöp üngcmcgt Un, nu he orig slnpcn, Ritt beid sin Ogen nom. Wo kwinkeleert de Lewark schön, Wo lustig quakt de Pogg! Da achter schiene de Smal so grün, De Weit, de Rupp un Rogg, — Dat kümmt sick ganz gefährlich all; Dill helpt sick mal, da kann sick halt, Vorne lenz bi de Elen, Ne Kreis all in verödeten. De Fieber un de Stickelber, Wo sinnet dat an sick kalt! De dew all grote gröne Blär Un richtig an all seit; Man nwerst uns' oll Avpelbom, De reckt sick noch, as haliv in Drom, As würd da rieth verscten, Stop he ok noch 'n beten. Nu kiek eens diss twee Knuppcns, kick! Sehn s' nich as Eier ut, De hielt all dew, un wo nu gliek De Kükens krupen rut? As ob se sülwsten up sick pickt, Un nu de Snnbel rude kickt? Wo lang will dat noch warn, Is grün de heel oll Garn. So licht ward mi tut un vergnügt; Ick weet nich, will ick nuche, As ob da will in mi sick rügt, Wild Flünken hett un flügge; So heel will mi dat in 't Geblüt, As ob ick finir girr Knuppens sehst, As wir noch hnlw in Droin ick Un ok sonn Art our Vom ick."'') scuto ----- hinzu; harr ----- hätte; kunst ----- leuchtet; dicht ----- gebeichtet. '"'- ) Bel un sull Bäche und Teiche; nu he orig slnpen ----- jetzt, wo er ordentlich ge¬ schlafen (ausgeschlafen) hat; lenz --- dort unten; Bliir --- Blätter; verscten °- versäumt; KniippenS ----- Knospen; würm ----- währen; heel ganz! Flünken — Flügel; sulln ----- selbst.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/132>, abgerufen am 17.06.2024.