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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Brauchen wir ein deutsches Kolonialherr?

halb des französischen Gebiets verwandt werden. Als Standort kann ihnen
irgend ein Ort der französischen Republik oder der ihr zugehörigen Lander
angewiesen werden. Die Kolouialtruppeu bewahren ihre Selbständigkeit und
stehn unter dein Kommando ihrer eignen Offiziere. Ju jeder Kolonie steht
der oberste Truppenkommandaut unter dein Gouverneur. Die Kolouialtruppeu
umfassen: 1. die oberste Kommandobehörde (owl-mgM- Auuornl); 2. den General¬
stab; 3. die Truppe, die sich aus Franzosen und solchen Angehörigen der
Kolonien ergänzt, die dein Nekrutierungsgesetz unterworfen sind; 4. die aus
Eingebornen zusammengesetzten Truppenabteiluugen. Dazu kommen die ver-
schiednen Stäbe und Militärbehörden. Die aus Eingebornen formierten Ab-
teilungen sind besondre Korps, deren Zahl, Zusammensetzung und Benennung
durch Verordnungen geregelt werden. Auf Befehl des Kriegsministers können
in den Kolonien jederzeit verwandt werden: die afrikanische leichte Infanterie,
die til'g,i1Iöui.-8 alZöi-imiL und die Fremdenlegion.

Die wichtige Frage der Rekrutierung der Koloninltruppm war schon durch
ein Gesetz vom 30. Juli 1893 geregelt worden, das auch jetzt keine wesentliche
Abänderung, sondern nur ewige Erläuterungen erfahren hat: Die Kolouial-
armee soll sich, was den französischen Ersatz betrifft, ausschließlich aus Frei¬
willigen rekrutieren, und zwar unter folgenden Bedingungen: 1. dnrch frei¬
willigen Eintritt ans eine Dauer von drei, vier oder fünf Jahren; 2. dnrch
Einstellung solcher Militärpflichtiger, die beim Aushebungsgeschüft dies bean¬
tragen und hierzu tauglich befunden werden; 3. durch Kapitulation nach dem
Gesetz vom 15. Juli 1889 über die Rekrutierung der Armee; indessen können
Unteroffiziere und Soldaten der Reserve bis zum vollendeten zweiunddreißigsten
Lebensjahre zur Kapitulation zugelassen werden; 4. falls der Ersatz nicht ge¬
deckt wird, dnrch Aufforderung zum freiwilligen Eintritt solcher Soldaten der
Landarmee, die mindestens ein Jahr bei der Fahne gedient haben. Finden
Expeditionen statt, so kann dieselbe Aufforderung an die Fremdenlegion ergehn.
Hier fügt das neue Gesetz noch hinzu, daß auch Soldaten der vaterländischen
Armee den Kolonialtruppen überwiesen werden können, ohne aber zum Dienst
in den Kolonien verpflichtet zu sein. Den zum Dienst in den Kolonien be¬
stimmten Kolouialtruppeu dürfen nur solche Leute angehören, die mindestens
sechs Monate bei der Fahne gedient und das einundzwanzigste Lebensjahr
vollendet haben.

Eine bestimmte Anzahl Stellen für Zivilversorgungsberechtigte im Staats¬
und Kommunaldienst werde" für Unteroffiziere und Soldaten, die fünfzehn
Jahre in deu Kolouialtruppeu gedient haben, reserviert. Sind diese verheiratet,
so können ihnen in dem auf ihre Entlassung folgenden Jahre Lündereien in
Algier oder den Kolonien zugewiesen werden. Den Freiwilligen sowohl wie
den Kapitulanten können Prämien, Gratifikationen und Löhnungszulagen durch
besondres Dekret bewilligt werden.

Hinsichtlich der Rekrutierung der aus Eingebornen formierten Truppen-
körper sagt das jetzt erlassene Gesetz, daß sie nach wie vor uach den hierfür


Brauchen wir ein deutsches Kolonialherr?

halb des französischen Gebiets verwandt werden. Als Standort kann ihnen
irgend ein Ort der französischen Republik oder der ihr zugehörigen Lander
angewiesen werden. Die Kolouialtruppeu bewahren ihre Selbständigkeit und
stehn unter dein Kommando ihrer eignen Offiziere. Ju jeder Kolonie steht
der oberste Truppenkommandaut unter dein Gouverneur. Die Kolouialtruppeu
umfassen: 1. die oberste Kommandobehörde (owl-mgM- Auuornl); 2. den General¬
stab; 3. die Truppe, die sich aus Franzosen und solchen Angehörigen der
Kolonien ergänzt, die dein Nekrutierungsgesetz unterworfen sind; 4. die aus
Eingebornen zusammengesetzten Truppenabteiluugen. Dazu kommen die ver-
schiednen Stäbe und Militärbehörden. Die aus Eingebornen formierten Ab-
teilungen sind besondre Korps, deren Zahl, Zusammensetzung und Benennung
durch Verordnungen geregelt werden. Auf Befehl des Kriegsministers können
in den Kolonien jederzeit verwandt werden: die afrikanische leichte Infanterie,
die til'g,i1Iöui.-8 alZöi-imiL und die Fremdenlegion.

Die wichtige Frage der Rekrutierung der Koloninltruppm war schon durch
ein Gesetz vom 30. Juli 1893 geregelt worden, das auch jetzt keine wesentliche
Abänderung, sondern nur ewige Erläuterungen erfahren hat: Die Kolouial-
armee soll sich, was den französischen Ersatz betrifft, ausschließlich aus Frei¬
willigen rekrutieren, und zwar unter folgenden Bedingungen: 1. dnrch frei¬
willigen Eintritt ans eine Dauer von drei, vier oder fünf Jahren; 2. dnrch
Einstellung solcher Militärpflichtiger, die beim Aushebungsgeschüft dies bean¬
tragen und hierzu tauglich befunden werden; 3. durch Kapitulation nach dem
Gesetz vom 15. Juli 1889 über die Rekrutierung der Armee; indessen können
Unteroffiziere und Soldaten der Reserve bis zum vollendeten zweiunddreißigsten
Lebensjahre zur Kapitulation zugelassen werden; 4. falls der Ersatz nicht ge¬
deckt wird, dnrch Aufforderung zum freiwilligen Eintritt solcher Soldaten der
Landarmee, die mindestens ein Jahr bei der Fahne gedient haben. Finden
Expeditionen statt, so kann dieselbe Aufforderung an die Fremdenlegion ergehn.
Hier fügt das neue Gesetz noch hinzu, daß auch Soldaten der vaterländischen
Armee den Kolonialtruppen überwiesen werden können, ohne aber zum Dienst
in den Kolonien verpflichtet zu sein. Den zum Dienst in den Kolonien be¬
stimmten Kolouialtruppeu dürfen nur solche Leute angehören, die mindestens
sechs Monate bei der Fahne gedient und das einundzwanzigste Lebensjahr
vollendet haben.

Eine bestimmte Anzahl Stellen für Zivilversorgungsberechtigte im Staats¬
und Kommunaldienst werde» für Unteroffiziere und Soldaten, die fünfzehn
Jahre in deu Kolouialtruppeu gedient haben, reserviert. Sind diese verheiratet,
so können ihnen in dem auf ihre Entlassung folgenden Jahre Lündereien in
Algier oder den Kolonien zugewiesen werden. Den Freiwilligen sowohl wie
den Kapitulanten können Prämien, Gratifikationen und Löhnungszulagen durch
besondres Dekret bewilligt werden.

Hinsichtlich der Rekrutierung der aus Eingebornen formierten Truppen-
körper sagt das jetzt erlassene Gesetz, daß sie nach wie vor uach den hierfür


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/13>, abgerufen am 16.06.2024.