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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Brauchen wir ein deutsches Kolouialcheer?

255000 Mann angegeben sin den europäischen Besitzungen 7350, in Asien
126450, in Afrika 7750, in Amerika 103800, in Australien 1000 und außer¬
dem 8650 an verschiednen Milizen). Die Rekrutierung geschieht durch frei¬
willigen Eintritt. Die Offiziere sind zum Teil Engländer, zum Teil Ein-
geborne; jene gehören aber nie zur eigentlichen englischen Armee (Hussn's
^rin)-). Alle Stabsoffiziere find Engländer, sowie ein kleiner Teil der
Subalternoffiziere. Der eingeborne Offizier ist dem englischen Offizier immer
untergeben; sämtliche eingebornen Offiziere stammen aus der Truppe, und es
wird ganz selteu einer vor Ableistung einer fünfzehnjährigen Dienstzeit den
Offiziergrad erreichen. Weder die Subalternoffiziere noch die Mannschaften
englischer Nationalität haben den eingebornen Offizieren irgend eine Ehren--
bezeugung zu erweisen. Der schon erwähnte Umstand, das; alle schwierigen
und mühevollen Dienstleistungen den eingebornen Soldaten übertragen sind,
und daß diese außerdem die ungesunden Garnisonen erhalten, ermöglicht es,
daß die englischen Truppen acht Jahre in den Kolonien bleiben können, ohne
unter den klimatischen Verhältnissen sehr zu leiden Das für die Kolonien
und ganz besonders für die englisch-indische Armee bestimmte Offizierkorps
<MS'-e,orx8) wird besonders vorgebildet. Jeder diesem Korps überwiesene
Offizier (sie müssen mindestens drei und dürfen höchstens sieben Jahre in der
"Armee der Königin" gedient haben) muß ein Examen in den orientalischen
Sprachen abgelegt haben. Nur als Generale können sie in die Husön's ^im^
wieder zurückkehren.

Als Entschädigung für dieses "Exil" gilt der Grundsatz, daß jeder Offizier,
der in der aktiven Armee dient, das Recht hat, nach einer bestimmten Zeit
zum nächsthöher" Grad befördert zu werden, bis einschließlich des Oberstcu-
rangs. Jeder Leutnant wird nach zwölfjähriger Dienstzeit Kapitän, nach
zwanzig Jahren Major, nach sechsundzwanzig Jahren Oberstleutnant, nach
dreißig Jahren Oberst. Die in der englischen Armee (Hufe-n's ^.rin?) anfäng¬
lich, sowie die in der Militärschnlc verbrachten Jahre zählen hierbei mit.
Besonders günstig gestalten sich für die Offiziere der Kolonialtrnppen die
Gehalts-, Pensions- und Urlaubsverhältuisse. Die Besoldung der Offiziere
setzt sich zusammen ans dein eigentlichen Sold der Charge und aus einer
Stelluugs- oder Verwendungszulage, die unabhängig ist vom Grade. Wie
außerordentlich hoch diese Bezüge sind, ersieht man daraus, daß z. B. ein
Oberstleutnant, der Bataillonskommandeur ist, monatlich an Gehalt 1324 Mark
und an stelln"gsznlage 960 Mark, also zusammen 2284 Mark, d. i. jährlich
27400 Mark bezieht/ Ein Kapitän steht sich monatlich auf 836 bis 1028
Mark, d. i. jährlich 10000 bis 12300 Mark. Noch etwas höher find die
Bezüge bei der Kavallerie. Der Regimentskommandeur steht sich hier jährlich
auf etwas über 29000 Mark; der Leutnant in der Front ans 7200 Mark
und mis Adjutant auf 10000 Mark. Ebenso sind die Urlaubs- und Pcnsions-
verhältnisse sehr günstig: aller fünf Jahre hat jeder Offizier das Recht auf
einen einjährigen Urlaub, während dessen er die Hälfte seiner gesamten Bezüge


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255000 Mann angegeben sin den europäischen Besitzungen 7350, in Asien
126450, in Afrika 7750, in Amerika 103800, in Australien 1000 und außer¬
dem 8650 an verschiednen Milizen). Die Rekrutierung geschieht durch frei¬
willigen Eintritt. Die Offiziere sind zum Teil Engländer, zum Teil Ein-
geborne; jene gehören aber nie zur eigentlichen englischen Armee (Hussn's
^rin)-). Alle Stabsoffiziere find Engländer, sowie ein kleiner Teil der
Subalternoffiziere. Der eingeborne Offizier ist dem englischen Offizier immer
untergeben; sämtliche eingebornen Offiziere stammen aus der Truppe, und es
wird ganz selteu einer vor Ableistung einer fünfzehnjährigen Dienstzeit den
Offiziergrad erreichen. Weder die Subalternoffiziere noch die Mannschaften
englischer Nationalität haben den eingebornen Offizieren irgend eine Ehren--
bezeugung zu erweisen. Der schon erwähnte Umstand, das; alle schwierigen
und mühevollen Dienstleistungen den eingebornen Soldaten übertragen sind,
und daß diese außerdem die ungesunden Garnisonen erhalten, ermöglicht es,
daß die englischen Truppen acht Jahre in den Kolonien bleiben können, ohne
unter den klimatischen Verhältnissen sehr zu leiden Das für die Kolonien
und ganz besonders für die englisch-indische Armee bestimmte Offizierkorps
<MS'-e,orx8) wird besonders vorgebildet. Jeder diesem Korps überwiesene
Offizier (sie müssen mindestens drei und dürfen höchstens sieben Jahre in der
„Armee der Königin" gedient haben) muß ein Examen in den orientalischen
Sprachen abgelegt haben. Nur als Generale können sie in die Husön's ^im^
wieder zurückkehren.

Als Entschädigung für dieses „Exil" gilt der Grundsatz, daß jeder Offizier,
der in der aktiven Armee dient, das Recht hat, nach einer bestimmten Zeit
zum nächsthöher« Grad befördert zu werden, bis einschließlich des Oberstcu-
rangs. Jeder Leutnant wird nach zwölfjähriger Dienstzeit Kapitän, nach
zwanzig Jahren Major, nach sechsundzwanzig Jahren Oberstleutnant, nach
dreißig Jahren Oberst. Die in der englischen Armee (Hufe-n's ^.rin?) anfäng¬
lich, sowie die in der Militärschnlc verbrachten Jahre zählen hierbei mit.
Besonders günstig gestalten sich für die Offiziere der Kolonialtrnppen die
Gehalts-, Pensions- und Urlaubsverhältuisse. Die Besoldung der Offiziere
setzt sich zusammen ans dein eigentlichen Sold der Charge und aus einer
Stelluugs- oder Verwendungszulage, die unabhängig ist vom Grade. Wie
außerordentlich hoch diese Bezüge sind, ersieht man daraus, daß z. B. ein
Oberstleutnant, der Bataillonskommandeur ist, monatlich an Gehalt 1324 Mark
und an stelln»gsznlage 960 Mark, also zusammen 2284 Mark, d. i. jährlich
27400 Mark bezieht/ Ein Kapitän steht sich monatlich auf 836 bis 1028
Mark, d. i. jährlich 10000 bis 12300 Mark. Noch etwas höher find die
Bezüge bei der Kavallerie. Der Regimentskommandeur steht sich hier jährlich
auf etwas über 29000 Mark; der Leutnant in der Front ans 7200 Mark
und mis Adjutant auf 10000 Mark. Ebenso sind die Urlaubs- und Pcnsions-
verhältnisse sehr günstig: aller fünf Jahre hat jeder Offizier das Recht auf
einen einjährigen Urlaub, während dessen er die Hälfte seiner gesamten Bezüge


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/15>, abgerufen am 16.06.2024.