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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die Nenkvlonisntion Südcunenkcis

Zukunft überhaupt, auf die nicht von alten Kulturländern wie China und Klein¬
asien, sondern von den düunbesiedeltcu Neuländern Südamerikas gehofft "verden
laeni. Dort allein bietet sich für Deutschland die Möglichkeit, große zusammen¬
hängende, von Europäern bewohnbare Ländermassen seinem Einfluß zugänglich
zu "lachen und so die Zersplitterung zu vermeiden, die die Achillesferse der
englischen, auf die Beherrschung aller Meere und den Unterhalt von Kolonial¬
heeren angewiesenen Weltherrschaft bedeutet. Nur so wird Deutschland imstande
sein, eine allzu einseitige Betonung der maritimen Interessen zu vermeiden und
gleich den Römern der spätern Republik und der Kaiserzeit die festen Wurzeln
seiner Kraft auf dem Festland zu erhalten.

Die natürlichen Bundesgenossen in diesem Kampfe gegen die führende
Macht der Neuen Welt sind aber nicht nur die in Mitleidenschaft gezognen
übrigen europäischen Kulturstaaten, sondern sie finden sich im eignen Lager
der Union. Die Stimmen derer, die vor den Gefahren des anwachsenden
Imperialismus warnen, mehren sich dort von Tag zu Tag. Wenn schon Karl
Schurz eine Militärdiktatur in nicht allzu großer Ferne sah, so sprach der
Präsident der Aale-Universitüt in Newhaven, Professor Hadley, unumwunden
seine Ansicht dahin aus, wenn es den Amerikanern nicht gelinge, sich eine
öffentliche Meinung zu schaffen, die auf die Trusts regulierend einwirke, so
werde binnen fünfundzwanzig Jahren in Washington ein Kaiser regieren. Ein
Fortschreiten auf der imperialistischen Bahn wird aber der Union anch die
Sympathien der Republiken rauben, die bisher zu ihr als dem Hort der Völker¬
freiheit emporgeschant haben. Es ist bezeichnend, daß ein angesehenes Schweizer
Blatt bei der stark Mansch gefärbten Feier des letzten Amtsantritts Mac
Kinleys mit Schmerz "deu drohenden Untergang altrepublikanischer Einfachheit
und Größe in der Schwesterrepnblik" wahrnahm. Auch entging ihm die hieraus
entspringende Gefahr nicht bloß für die republikanischen Einrichtungen sondern
für den Weltfrieden überhaupt keineswegs. Wie wichtig aber moralische Er¬
oberungen gerade bei deu Schweizern für die arti-imperialistische Sache wären,
geht aus der Bedeutung des Schweizers als Pioniers in beiden amerikanischen
Kontinenten hervor.

Vor allem aber müßten natürlich die Einwohner europäischer Abstammung
in den bedrohten Ländern selbst zu diesem weltgeschichtliche!, Kampf in der
richtigen Weise herangezogen werden. Hier läßt sich um freilich die Frage
einwerfen, ob bei der Bedeutung der nativistischen Strömungen in den kreo¬
lischen Republiken diese einen Helfer in der Not nicht von sich weisen würden.
Zu ihrer Beantwortung sei es uus erlaubt, die oben angeführte Parabel von
dein armen Manne und dem ungehobnen Schatze mit einem Ausblick in die
Zukunft Kolumbieus und Südbrasiliens zu vollenden. "Als die fünf Helfer
unverrichteter Dinge wieder abgezogen waren, kam ein sechster, der sagte: Ich
will dir auf die Sicherheit deines wertvollen Pfandes hin Geld borgen, so viel
du nullst. Nur sollst du dafür nur das kaufen dürfen, was ich dir vorschreibe,
und überhaupt dich ganz meinen Vorschriften unterwerfen. Im übrigen will ich
jetzt den Schatz hebe". Darüber geriet der Besitzer des Schatzes in große Be-


Die Nenkvlonisntion Südcunenkcis

Zukunft überhaupt, auf die nicht von alten Kulturländern wie China und Klein¬
asien, sondern von den düunbesiedeltcu Neuländern Südamerikas gehofft »verden
laeni. Dort allein bietet sich für Deutschland die Möglichkeit, große zusammen¬
hängende, von Europäern bewohnbare Ländermassen seinem Einfluß zugänglich
zu »lachen und so die Zersplitterung zu vermeiden, die die Achillesferse der
englischen, auf die Beherrschung aller Meere und den Unterhalt von Kolonial¬
heeren angewiesenen Weltherrschaft bedeutet. Nur so wird Deutschland imstande
sein, eine allzu einseitige Betonung der maritimen Interessen zu vermeiden und
gleich den Römern der spätern Republik und der Kaiserzeit die festen Wurzeln
seiner Kraft auf dem Festland zu erhalten.

Die natürlichen Bundesgenossen in diesem Kampfe gegen die führende
Macht der Neuen Welt sind aber nicht nur die in Mitleidenschaft gezognen
übrigen europäischen Kulturstaaten, sondern sie finden sich im eignen Lager
der Union. Die Stimmen derer, die vor den Gefahren des anwachsenden
Imperialismus warnen, mehren sich dort von Tag zu Tag. Wenn schon Karl
Schurz eine Militärdiktatur in nicht allzu großer Ferne sah, so sprach der
Präsident der Aale-Universitüt in Newhaven, Professor Hadley, unumwunden
seine Ansicht dahin aus, wenn es den Amerikanern nicht gelinge, sich eine
öffentliche Meinung zu schaffen, die auf die Trusts regulierend einwirke, so
werde binnen fünfundzwanzig Jahren in Washington ein Kaiser regieren. Ein
Fortschreiten auf der imperialistischen Bahn wird aber der Union anch die
Sympathien der Republiken rauben, die bisher zu ihr als dem Hort der Völker¬
freiheit emporgeschant haben. Es ist bezeichnend, daß ein angesehenes Schweizer
Blatt bei der stark Mansch gefärbten Feier des letzten Amtsantritts Mac
Kinleys mit Schmerz „deu drohenden Untergang altrepublikanischer Einfachheit
und Größe in der Schwesterrepnblik" wahrnahm. Auch entging ihm die hieraus
entspringende Gefahr nicht bloß für die republikanischen Einrichtungen sondern
für den Weltfrieden überhaupt keineswegs. Wie wichtig aber moralische Er¬
oberungen gerade bei deu Schweizern für die arti-imperialistische Sache wären,
geht aus der Bedeutung des Schweizers als Pioniers in beiden amerikanischen
Kontinenten hervor.

Vor allem aber müßten natürlich die Einwohner europäischer Abstammung
in den bedrohten Ländern selbst zu diesem weltgeschichtliche!, Kampf in der
richtigen Weise herangezogen werden. Hier läßt sich um freilich die Frage
einwerfen, ob bei der Bedeutung der nativistischen Strömungen in den kreo¬
lischen Republiken diese einen Helfer in der Not nicht von sich weisen würden.
Zu ihrer Beantwortung sei es uus erlaubt, die oben angeführte Parabel von
dein armen Manne und dem ungehobnen Schatze mit einem Ausblick in die
Zukunft Kolumbieus und Südbrasiliens zu vollenden. „Als die fünf Helfer
unverrichteter Dinge wieder abgezogen waren, kam ein sechster, der sagte: Ich
will dir auf die Sicherheit deines wertvollen Pfandes hin Geld borgen, so viel
du nullst. Nur sollst du dafür nur das kaufen dürfen, was ich dir vorschreibe,
und überhaupt dich ganz meinen Vorschriften unterwerfen. Im übrigen will ich
jetzt den Schatz hebe». Darüber geriet der Besitzer des Schatzes in große Be-


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[0226] Die Nenkvlonisntion Südcunenkcis Zukunft überhaupt, auf die nicht von alten Kulturländern wie China und Klein¬ asien, sondern von den düunbesiedeltcu Neuländern Südamerikas gehofft »verden laeni. Dort allein bietet sich für Deutschland die Möglichkeit, große zusammen¬ hängende, von Europäern bewohnbare Ländermassen seinem Einfluß zugänglich zu »lachen und so die Zersplitterung zu vermeiden, die die Achillesferse der englischen, auf die Beherrschung aller Meere und den Unterhalt von Kolonial¬ heeren angewiesenen Weltherrschaft bedeutet. Nur so wird Deutschland imstande sein, eine allzu einseitige Betonung der maritimen Interessen zu vermeiden und gleich den Römern der spätern Republik und der Kaiserzeit die festen Wurzeln seiner Kraft auf dem Festland zu erhalten. Die natürlichen Bundesgenossen in diesem Kampfe gegen die führende Macht der Neuen Welt sind aber nicht nur die in Mitleidenschaft gezognen übrigen europäischen Kulturstaaten, sondern sie finden sich im eignen Lager der Union. Die Stimmen derer, die vor den Gefahren des anwachsenden Imperialismus warnen, mehren sich dort von Tag zu Tag. Wenn schon Karl Schurz eine Militärdiktatur in nicht allzu großer Ferne sah, so sprach der Präsident der Aale-Universitüt in Newhaven, Professor Hadley, unumwunden seine Ansicht dahin aus, wenn es den Amerikanern nicht gelinge, sich eine öffentliche Meinung zu schaffen, die auf die Trusts regulierend einwirke, so werde binnen fünfundzwanzig Jahren in Washington ein Kaiser regieren. Ein Fortschreiten auf der imperialistischen Bahn wird aber der Union anch die Sympathien der Republiken rauben, die bisher zu ihr als dem Hort der Völker¬ freiheit emporgeschant haben. Es ist bezeichnend, daß ein angesehenes Schweizer Blatt bei der stark Mansch gefärbten Feier des letzten Amtsantritts Mac Kinleys mit Schmerz „deu drohenden Untergang altrepublikanischer Einfachheit und Größe in der Schwesterrepnblik" wahrnahm. Auch entging ihm die hieraus entspringende Gefahr nicht bloß für die republikanischen Einrichtungen sondern für den Weltfrieden überhaupt keineswegs. Wie wichtig aber moralische Er¬ oberungen gerade bei deu Schweizern für die arti-imperialistische Sache wären, geht aus der Bedeutung des Schweizers als Pioniers in beiden amerikanischen Kontinenten hervor. Vor allem aber müßten natürlich die Einwohner europäischer Abstammung in den bedrohten Ländern selbst zu diesem weltgeschichtliche!, Kampf in der richtigen Weise herangezogen werden. Hier läßt sich um freilich die Frage einwerfen, ob bei der Bedeutung der nativistischen Strömungen in den kreo¬ lischen Republiken diese einen Helfer in der Not nicht von sich weisen würden. Zu ihrer Beantwortung sei es uus erlaubt, die oben angeführte Parabel von dein armen Manne und dem ungehobnen Schatze mit einem Ausblick in die Zukunft Kolumbieus und Südbrasiliens zu vollenden. „Als die fünf Helfer unverrichteter Dinge wieder abgezogen waren, kam ein sechster, der sagte: Ich will dir auf die Sicherheit deines wertvollen Pfandes hin Geld borgen, so viel du nullst. Nur sollst du dafür nur das kaufen dürfen, was ich dir vorschreibe, und überhaupt dich ganz meinen Vorschriften unterwerfen. Im übrigen will ich jetzt den Schatz hebe». Darüber geriet der Besitzer des Schatzes in große Be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/226>, abgerufen am 07.06.2024.