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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die Pfandbricfverbcmde und ihre Erfolge

Pfandbriefe geschaffen und ausgegeben haben, die Hypothekenbanken jedoch
unter 3^prozentige noch nicht heruntergegangen sind, in Wirklichkeit aber
hauptsächlich bei den vierprozcntigen stehn geblieben sind. Schon dieser eine
Umstand beweist, daß für den Schuldner der Kredit bei den Landschaften meist
mindestens ^ Prozent, in der Regel sogar 1 Prozent billiger ist als bei den
Hypothekenbanken, Darum hat bei den Landschaften der Schuldner an Zinsen
einschließlich Amortisationsrate in der Regel nicht mehr zu zahlen als ohne
Amortisationsraten bei den Hypothekenbanken und den Sparkassen, ganz ab¬
gesehen von den günstigern Bestimmungen wegen der Kündigung und der
Konvertierung,

Von dem Grundsatz, daß der Hypothekeuschuldner seine Hypothek nach
seinem Belieben entweder in bar oder in Pfandbriefen desselben Zinsfußes
abtragen darf, ist allerdings einmal eine Zeit lang das Berliner Pfandbrief-
institnt seit 1876 abgewichen, als seine Leiter und Mitglieder von dem Wesen
des gesunden Pfandbricfverbcmdes noch nicht durchdrungen waren oder es
noch nicht erfaßt hatten. Damals -- 1876 -- änderte man die Statuten
dahin ab, daß der Schuldner mir durch Barzahlung die Hypothek abtragen
dürfte, uicht auch durch Pfandbriefe. Auffallend ist es immerhin, daß die
preußische Regierung als Aufsichtsbehörde diese Errichtung auch nicht besser
verstand und diese thörichte Statutenbestimmung von Aufsichts wegen ge¬
nehmigt hat. Man kann das schwerlich schon dadurch erklären, daß die Pfand¬
briefverbände -- wie die Hypothekenbanken -- in Preußen unter das land¬
wirtschaftliche Ministerin," gestellt sind und hier doch vielleicht nicht immer
die nötige sachkundige Würdigung gefunden haben, denn zu derartigen Ge¬
nehmigungen ist auch noch die Unterschrift andrer Minister nötig.

Wenn das Berliner Pfandbriefinstitnt sich diese thörichte Statutenbe¬
stimmung, daß der Schuldner nur in Pfandbriefen abzahlen dürfe, nach langen
Kämpfen auch wieder abgeschüttelt hat und zu dem richtigen Grundsatz zurück¬
gekehrt ist, daß der Schuldner sowohl in bar wie in Pfandbriefen die Schuld
abtragen darf, so macht sich dieser Fehler doch auch heute noch bei den alten
Hypothekarschulden des Instituts bemerkbar. Die nach den neuen Grundsätzen
ausgegebnen Pfandbriefe heißen nunmehr "Neue Berliner Pfandbriefe," die
alten blieben unverändert und haben infolge der schädlichen Bestimmung nicht
konvertiert werden könne", sodaß sie auch jetzt noch zum Teil mit 5 Prozent
verzinst werden müssen, und dies alles deshalb, weil man sich bei dem Ber¬
liner Pfandbriefinstitnt die Erfahrungen der Landschaften nicht genügend zu
nutze gemacht hatte, sie wahrscheinlich gar nicht recht kannte.

Bei den Landschaften ist so in sehr glücklicher Weise das Problem gelöst
worden, wie die Gefahr der Zinserhöhung von dem Hypothekeuschuldner ans
den Gläubiger (Pfandbriefinhaber) abgewälzt werden, und wie es dem Schuldner
möglich gemacht werden kann, sich zu seinem Vorteil das Fallen des Zins¬
fußes möglichst leicht und möglichst dauernd zu nutze zu machen.

Wer dagegen Hypotheken liebt, bei denen alle Gefahren der Änderungen


Die Pfandbricfverbcmde und ihre Erfolge

Pfandbriefe geschaffen und ausgegeben haben, die Hypothekenbanken jedoch
unter 3^prozentige noch nicht heruntergegangen sind, in Wirklichkeit aber
hauptsächlich bei den vierprozcntigen stehn geblieben sind. Schon dieser eine
Umstand beweist, daß für den Schuldner der Kredit bei den Landschaften meist
mindestens ^ Prozent, in der Regel sogar 1 Prozent billiger ist als bei den
Hypothekenbanken, Darum hat bei den Landschaften der Schuldner an Zinsen
einschließlich Amortisationsrate in der Regel nicht mehr zu zahlen als ohne
Amortisationsraten bei den Hypothekenbanken und den Sparkassen, ganz ab¬
gesehen von den günstigern Bestimmungen wegen der Kündigung und der
Konvertierung,

Von dem Grundsatz, daß der Hypothekeuschuldner seine Hypothek nach
seinem Belieben entweder in bar oder in Pfandbriefen desselben Zinsfußes
abtragen darf, ist allerdings einmal eine Zeit lang das Berliner Pfandbrief-
institnt seit 1876 abgewichen, als seine Leiter und Mitglieder von dem Wesen
des gesunden Pfandbricfverbcmdes noch nicht durchdrungen waren oder es
noch nicht erfaßt hatten. Damals — 1876 — änderte man die Statuten
dahin ab, daß der Schuldner mir durch Barzahlung die Hypothek abtragen
dürfte, uicht auch durch Pfandbriefe. Auffallend ist es immerhin, daß die
preußische Regierung als Aufsichtsbehörde diese Errichtung auch nicht besser
verstand und diese thörichte Statutenbestimmung von Aufsichts wegen ge¬
nehmigt hat. Man kann das schwerlich schon dadurch erklären, daß die Pfand¬
briefverbände — wie die Hypothekenbanken — in Preußen unter das land¬
wirtschaftliche Ministerin,» gestellt sind und hier doch vielleicht nicht immer
die nötige sachkundige Würdigung gefunden haben, denn zu derartigen Ge¬
nehmigungen ist auch noch die Unterschrift andrer Minister nötig.

Wenn das Berliner Pfandbriefinstitnt sich diese thörichte Statutenbe¬
stimmung, daß der Schuldner nur in Pfandbriefen abzahlen dürfe, nach langen
Kämpfen auch wieder abgeschüttelt hat und zu dem richtigen Grundsatz zurück¬
gekehrt ist, daß der Schuldner sowohl in bar wie in Pfandbriefen die Schuld
abtragen darf, so macht sich dieser Fehler doch auch heute noch bei den alten
Hypothekarschulden des Instituts bemerkbar. Die nach den neuen Grundsätzen
ausgegebnen Pfandbriefe heißen nunmehr „Neue Berliner Pfandbriefe," die
alten blieben unverändert und haben infolge der schädlichen Bestimmung nicht
konvertiert werden könne», sodaß sie auch jetzt noch zum Teil mit 5 Prozent
verzinst werden müssen, und dies alles deshalb, weil man sich bei dem Ber¬
liner Pfandbriefinstitnt die Erfahrungen der Landschaften nicht genügend zu
nutze gemacht hatte, sie wahrscheinlich gar nicht recht kannte.

Bei den Landschaften ist so in sehr glücklicher Weise das Problem gelöst
worden, wie die Gefahr der Zinserhöhung von dem Hypothekeuschuldner ans
den Gläubiger (Pfandbriefinhaber) abgewälzt werden, und wie es dem Schuldner
möglich gemacht werden kann, sich zu seinem Vorteil das Fallen des Zins¬
fußes möglichst leicht und möglichst dauernd zu nutze zu machen.

Wer dagegen Hypotheken liebt, bei denen alle Gefahren der Änderungen


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[0403] Die Pfandbricfverbcmde und ihre Erfolge Pfandbriefe geschaffen und ausgegeben haben, die Hypothekenbanken jedoch unter 3^prozentige noch nicht heruntergegangen sind, in Wirklichkeit aber hauptsächlich bei den vierprozcntigen stehn geblieben sind. Schon dieser eine Umstand beweist, daß für den Schuldner der Kredit bei den Landschaften meist mindestens ^ Prozent, in der Regel sogar 1 Prozent billiger ist als bei den Hypothekenbanken, Darum hat bei den Landschaften der Schuldner an Zinsen einschließlich Amortisationsrate in der Regel nicht mehr zu zahlen als ohne Amortisationsraten bei den Hypothekenbanken und den Sparkassen, ganz ab¬ gesehen von den günstigern Bestimmungen wegen der Kündigung und der Konvertierung, Von dem Grundsatz, daß der Hypothekeuschuldner seine Hypothek nach seinem Belieben entweder in bar oder in Pfandbriefen desselben Zinsfußes abtragen darf, ist allerdings einmal eine Zeit lang das Berliner Pfandbrief- institnt seit 1876 abgewichen, als seine Leiter und Mitglieder von dem Wesen des gesunden Pfandbricfverbcmdes noch nicht durchdrungen waren oder es noch nicht erfaßt hatten. Damals — 1876 — änderte man die Statuten dahin ab, daß der Schuldner mir durch Barzahlung die Hypothek abtragen dürfte, uicht auch durch Pfandbriefe. Auffallend ist es immerhin, daß die preußische Regierung als Aufsichtsbehörde diese Errichtung auch nicht besser verstand und diese thörichte Statutenbestimmung von Aufsichts wegen ge¬ nehmigt hat. Man kann das schwerlich schon dadurch erklären, daß die Pfand¬ briefverbände — wie die Hypothekenbanken — in Preußen unter das land¬ wirtschaftliche Ministerin,» gestellt sind und hier doch vielleicht nicht immer die nötige sachkundige Würdigung gefunden haben, denn zu derartigen Ge¬ nehmigungen ist auch noch die Unterschrift andrer Minister nötig. Wenn das Berliner Pfandbriefinstitnt sich diese thörichte Statutenbe¬ stimmung, daß der Schuldner nur in Pfandbriefen abzahlen dürfe, nach langen Kämpfen auch wieder abgeschüttelt hat und zu dem richtigen Grundsatz zurück¬ gekehrt ist, daß der Schuldner sowohl in bar wie in Pfandbriefen die Schuld abtragen darf, so macht sich dieser Fehler doch auch heute noch bei den alten Hypothekarschulden des Instituts bemerkbar. Die nach den neuen Grundsätzen ausgegebnen Pfandbriefe heißen nunmehr „Neue Berliner Pfandbriefe," die alten blieben unverändert und haben infolge der schädlichen Bestimmung nicht konvertiert werden könne», sodaß sie auch jetzt noch zum Teil mit 5 Prozent verzinst werden müssen, und dies alles deshalb, weil man sich bei dem Ber¬ liner Pfandbriefinstitnt die Erfahrungen der Landschaften nicht genügend zu nutze gemacht hatte, sie wahrscheinlich gar nicht recht kannte. Bei den Landschaften ist so in sehr glücklicher Weise das Problem gelöst worden, wie die Gefahr der Zinserhöhung von dem Hypothekeuschuldner ans den Gläubiger (Pfandbriefinhaber) abgewälzt werden, und wie es dem Schuldner möglich gemacht werden kann, sich zu seinem Vorteil das Fallen des Zins¬ fußes möglichst leicht und möglichst dauernd zu nutze zu machen. Wer dagegen Hypotheken liebt, bei denen alle Gefahren der Änderungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/403>, abgerufen am 17.06.2024.