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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Wie entstehn Pfaiidbriefverl'ante?

Umstände" sogar höher stehn können mis die andern einlösbarcn, Uiahrscheinlich
erscheint dies jedoch nicht.

Man kann also die Frage, ob Amortisationshypothck oder nicht, nicht von
der andern trennen, ob man Pfandbriefe bevorzugt, die sich hoch oder niedrig
im Kurse halten. Für den Schuldner sind allein die hochstehenden Pfandbriefe
günstig. Bei Amortisationshypotheken werden aber voraussichtlich die Pfand-
briefe höher im Kurse stehn als bei nicht amortisierbaren. Alles dies führt
dahin, zu raten, bei der Schaffung von neuen Pfandbricfverbänden an der
Amortisationshypothek nach dem bewährten Vorbild der bestehenden landschaft¬
lichen Verbünde streng festzuhalten, das doch schon seit einen: Jahrhundert
erprobt ist. Alles, was für die Amortisationshypvtheken spricht, ist so vorteil¬
haft und günstig für den Grundbesitzer, daß sie sogar dann den Vorzug ver¬
dienen würden, wem, sich wider Erwarten die Pfandbriefe von nicht amorti¬
sierbaren Hypotheken ebenso hoch oder auch etwas höher im Kurse sollten
halten können.

Alles dies ist in Schlesien und Brandenburg bei der Schaffung von
neuen Hansbesitzcrpfandbriefverbänden eingehend erörtert und dann den be¬
treffenden Behörden zur Entscheidung unterbreitet worden. Diese Bestrebungen
haben bei den Behörden ungeteiltes Wohlwollen gefunden. Am weitesten ist
darin das preußische Abgeordnetenhaus gegangen, wo in diesem Frühjahr von
vielen Mitgliedern aus Veranlassung von ähnlichen Anträgen der Budget¬
kommission folgendes beantragt und einer Kommission überwiesen worden ist:
"Die königliche Staatsregierung zu ersuchen, gesetzgeberische Maßnahmen in
Erwägung zu ziehn, wonach die Ausgabe hypothekarisch gesicherter Inhaber-
Papiere in der Form von Pfandbriefen lediglich öffentlichen, uicht auf bank¬
mäßigen Erwerb gerichtete" Instituten oder Genossenschaften, eventuell mit
Tilgungszwnng, vorbehalten wird, und bis dahin gegenüber den privaten
Hypothekenbanken die gesetzlich bestehenden staatlichen Anfsichtsbefugnisse thun-
lichst wirksam und energischer als bisher auszuüben."

In der That ist dieser Standpunkt des Abgeordnetenhauses durchaus
gerechtfertigt. Bankbrüche werden sich bei den Hypothekenbanken, weil sie
einmal fehlerhaft organisiert sind (vgl. Ur. 27 der Grenzboten), bei Geldkrisen
und sonstigen Notständen mit Naturnotwendigkeit in größerm oder geringerm
Umfange einstellen, je nachdem die Bank vorsichtiger oder unvorsichtiger ge¬
leitet ist, und nach dem Vertrauen, das ihren Pfandbriefen entgegengebracht
wird. Der Grundbesitz wird dann immer mehr oder minder in Mitleidenschaft
gezogen werde". Aber das kann und muß man verhüten durch Schaffung ge¬
eigneter Pfandbriefverbände, die nicht das geringste mit Bankgeschäften zu thun
habe" und nicht eignen Erwerb oder Gewinn für sich suchen. Mau muß eben
den Realkrcdit von dem gefährlichen Teil des Bankwesens loslösen, mit dem
^r an sich nicht das geringste zu thun hat, und mit dem er nur durch die
fehlerhafte Organisation der Hypothekenbanken in unglückseliger Weise verknüpft
worden ist. Bei den Beratungen im Abgeordnetenhause sind die hier auf-


Wie entstehn Pfaiidbriefverl'ante?

Umstände» sogar höher stehn können mis die andern einlösbarcn, Uiahrscheinlich
erscheint dies jedoch nicht.

Man kann also die Frage, ob Amortisationshypothck oder nicht, nicht von
der andern trennen, ob man Pfandbriefe bevorzugt, die sich hoch oder niedrig
im Kurse halten. Für den Schuldner sind allein die hochstehenden Pfandbriefe
günstig. Bei Amortisationshypotheken werden aber voraussichtlich die Pfand-
briefe höher im Kurse stehn als bei nicht amortisierbaren. Alles dies führt
dahin, zu raten, bei der Schaffung von neuen Pfandbricfverbänden an der
Amortisationshypothek nach dem bewährten Vorbild der bestehenden landschaft¬
lichen Verbünde streng festzuhalten, das doch schon seit einen: Jahrhundert
erprobt ist. Alles, was für die Amortisationshypvtheken spricht, ist so vorteil¬
haft und günstig für den Grundbesitzer, daß sie sogar dann den Vorzug ver¬
dienen würden, wem, sich wider Erwarten die Pfandbriefe von nicht amorti¬
sierbaren Hypotheken ebenso hoch oder auch etwas höher im Kurse sollten
halten können.

Alles dies ist in Schlesien und Brandenburg bei der Schaffung von
neuen Hansbesitzcrpfandbriefverbänden eingehend erörtert und dann den be¬
treffenden Behörden zur Entscheidung unterbreitet worden. Diese Bestrebungen
haben bei den Behörden ungeteiltes Wohlwollen gefunden. Am weitesten ist
darin das preußische Abgeordnetenhaus gegangen, wo in diesem Frühjahr von
vielen Mitgliedern aus Veranlassung von ähnlichen Anträgen der Budget¬
kommission folgendes beantragt und einer Kommission überwiesen worden ist:
„Die königliche Staatsregierung zu ersuchen, gesetzgeberische Maßnahmen in
Erwägung zu ziehn, wonach die Ausgabe hypothekarisch gesicherter Inhaber-
Papiere in der Form von Pfandbriefen lediglich öffentlichen, uicht auf bank¬
mäßigen Erwerb gerichtete» Instituten oder Genossenschaften, eventuell mit
Tilgungszwnng, vorbehalten wird, und bis dahin gegenüber den privaten
Hypothekenbanken die gesetzlich bestehenden staatlichen Anfsichtsbefugnisse thun-
lichst wirksam und energischer als bisher auszuüben."

In der That ist dieser Standpunkt des Abgeordnetenhauses durchaus
gerechtfertigt. Bankbrüche werden sich bei den Hypothekenbanken, weil sie
einmal fehlerhaft organisiert sind (vgl. Ur. 27 der Grenzboten), bei Geldkrisen
und sonstigen Notständen mit Naturnotwendigkeit in größerm oder geringerm
Umfange einstellen, je nachdem die Bank vorsichtiger oder unvorsichtiger ge¬
leitet ist, und nach dem Vertrauen, das ihren Pfandbriefen entgegengebracht
wird. Der Grundbesitz wird dann immer mehr oder minder in Mitleidenschaft
gezogen werde». Aber das kann und muß man verhüten durch Schaffung ge¬
eigneter Pfandbriefverbände, die nicht das geringste mit Bankgeschäften zu thun
habe» und nicht eignen Erwerb oder Gewinn für sich suchen. Mau muß eben
den Realkrcdit von dem gefährlichen Teil des Bankwesens loslösen, mit dem
^r an sich nicht das geringste zu thun hat, und mit dem er nur durch die
fehlerhafte Organisation der Hypothekenbanken in unglückseliger Weise verknüpft
worden ist. Bei den Beratungen im Abgeordnetenhause sind die hier auf-


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[0607] Wie entstehn Pfaiidbriefverl'ante? Umstände» sogar höher stehn können mis die andern einlösbarcn, Uiahrscheinlich erscheint dies jedoch nicht. Man kann also die Frage, ob Amortisationshypothck oder nicht, nicht von der andern trennen, ob man Pfandbriefe bevorzugt, die sich hoch oder niedrig im Kurse halten. Für den Schuldner sind allein die hochstehenden Pfandbriefe günstig. Bei Amortisationshypotheken werden aber voraussichtlich die Pfand- briefe höher im Kurse stehn als bei nicht amortisierbaren. Alles dies führt dahin, zu raten, bei der Schaffung von neuen Pfandbricfverbänden an der Amortisationshypothek nach dem bewährten Vorbild der bestehenden landschaft¬ lichen Verbünde streng festzuhalten, das doch schon seit einen: Jahrhundert erprobt ist. Alles, was für die Amortisationshypvtheken spricht, ist so vorteil¬ haft und günstig für den Grundbesitzer, daß sie sogar dann den Vorzug ver¬ dienen würden, wem, sich wider Erwarten die Pfandbriefe von nicht amorti¬ sierbaren Hypotheken ebenso hoch oder auch etwas höher im Kurse sollten halten können. Alles dies ist in Schlesien und Brandenburg bei der Schaffung von neuen Hansbesitzcrpfandbriefverbänden eingehend erörtert und dann den be¬ treffenden Behörden zur Entscheidung unterbreitet worden. Diese Bestrebungen haben bei den Behörden ungeteiltes Wohlwollen gefunden. Am weitesten ist darin das preußische Abgeordnetenhaus gegangen, wo in diesem Frühjahr von vielen Mitgliedern aus Veranlassung von ähnlichen Anträgen der Budget¬ kommission folgendes beantragt und einer Kommission überwiesen worden ist: „Die königliche Staatsregierung zu ersuchen, gesetzgeberische Maßnahmen in Erwägung zu ziehn, wonach die Ausgabe hypothekarisch gesicherter Inhaber- Papiere in der Form von Pfandbriefen lediglich öffentlichen, uicht auf bank¬ mäßigen Erwerb gerichtete» Instituten oder Genossenschaften, eventuell mit Tilgungszwnng, vorbehalten wird, und bis dahin gegenüber den privaten Hypothekenbanken die gesetzlich bestehenden staatlichen Anfsichtsbefugnisse thun- lichst wirksam und energischer als bisher auszuüben." In der That ist dieser Standpunkt des Abgeordnetenhauses durchaus gerechtfertigt. Bankbrüche werden sich bei den Hypothekenbanken, weil sie einmal fehlerhaft organisiert sind (vgl. Ur. 27 der Grenzboten), bei Geldkrisen und sonstigen Notständen mit Naturnotwendigkeit in größerm oder geringerm Umfange einstellen, je nachdem die Bank vorsichtiger oder unvorsichtiger ge¬ leitet ist, und nach dem Vertrauen, das ihren Pfandbriefen entgegengebracht wird. Der Grundbesitz wird dann immer mehr oder minder in Mitleidenschaft gezogen werde». Aber das kann und muß man verhüten durch Schaffung ge¬ eigneter Pfandbriefverbände, die nicht das geringste mit Bankgeschäften zu thun habe» und nicht eignen Erwerb oder Gewinn für sich suchen. Mau muß eben den Realkrcdit von dem gefährlichen Teil des Bankwesens loslösen, mit dem ^r an sich nicht das geringste zu thun hat, und mit dem er nur durch die fehlerhafte Organisation der Hypothekenbanken in unglückseliger Weise verknüpft worden ist. Bei den Beratungen im Abgeordnetenhause sind die hier auf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/607>, abgerufen am 06.06.2024.