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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Wie entsteh" pfandbriefverbände?

Pfandbriefverbünden gegenüber fällt um so mehr auf, als zugleich durch das¬
selbe Gesetz -- wie beantragt war -- den Pfandbriefen der Hypothekenbanken
ohne weiteres die Mündelsicherheit nen verliehen werden sollte, und die Regie¬
rung diesem Antrage schließlich zugestimmt hatte, Preußen ist noch einmal
nach schweren Kämpfen in den gesetzgebenden Körperschaften davor bewahrt
worden. Der kurz danach folgende Zusammenbruch der Preußischen Hypotheken¬
aktienbank, der Deutschen Grundschuldbank und der Pommerschen Hypotheken¬
bank beleuchtet diese Absicht noch greller. Es ist schwer, hierfür eine Erklä¬
rung zu finden.

Wenn auch die preußische Regierung den Bestrebungen der Hausbesitzer-
vereine auf Schaffung von Pfnndbriefverbänden großes Wohlwollen entgegen¬
bringt, so vermögen doch Wohlwollen und ermunternde Worte allein nicht immer,
solche Verbände ins Leben zu rufen, und es fragt sich, wie vorgegangen
werden muß, daß solche geschaffen werden.

Da unter Friedrich dem Großen in Preußen die Landschaften proviuz-
weise geschaffen worden sind, so wäre es das Nächstliegende, wenn sich auch
die jetzt bestehenden Provinzialverwaltungen dieser Sache annähmen. Wenn
ein Provinzialausschuß die Sache gründet, so wird die Staatsregierung keine
Veranlassung haben, mehr zu verlangen, als wenn es ein Magistrat einer Gro߬
stadt thut. In der That ist auch die Proviuzialverwaltung von Branden¬
burg mit Bereitwilligkeit und Opferfreudigkeit der Sache näher getreten, im
Provinziallandtag haben sich aber die Vertreter von städtischen Sparkassen da¬
gegen erklärt und dadurch die Sache bis auf weiteres verhindert.

Es fragt sich, ob es in Preußen gelingen wird, wenn die Proviuzial¬
verwaltung versagt, in andrer Weise rettend einzugreifen. Schwierig wäre es
nicht, wenn der Staat oder das Ministerium -- deu Wünschen des Ab¬
geordnetenhauses nachgebend -- die Sache in die Hand nähme. Man würde
dadurch gleichmüßiger und schneller zum Ziele gelangen, und manche Schwierig¬
keit würde dabei leichter zu überwinden sein.

Allerdings scheint die preußische Staatsregierung nicht dazu sonderlich
geneigt zu sein, Wenn sie auch Pfandbriefverbüudc für den Realkredit für
nützlich und förderlich hüte, so scheint sie doch noch nicht von der Überzeugung
durchdrungen zu sein, daß sie auch im Stantsinteresse für die Hüuser geschaffen
werden müssen, daß sie die vollkommenste und bisher unübertroffne Form einer
Genossenschaft für deu Realkredit sind, und daß sie als Rüstzeug für einen
langwierigen Krieg vom Staate nicht entbehrt werden können, Würe die
preußische Staatsregierung von diesem allen durchdrungen gewesen, so würde
sie, als die ritterschaftlichen Kreditvereine in der Provinz Hannover beim In¬
krafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Satzungen umünderten, nicht den
günstigen Zeitpunkt verpaßt haben, darauf hinzuwirken, daß diese das land¬
schaftliche Vorbild für das Anschaffen der Pfnndbriefschuld in eine niedriger
verzinsliche nachgeahmt Hütte". Denn wenn sich auch diese ritterschaftlichen
Kreditvereine zu Hannover und Celle (und Wohl auch der zu Stade) die preußische


Grenzboten II! 1901 7K
Wie entsteh» pfandbriefverbände?

Pfandbriefverbünden gegenüber fällt um so mehr auf, als zugleich durch das¬
selbe Gesetz — wie beantragt war — den Pfandbriefen der Hypothekenbanken
ohne weiteres die Mündelsicherheit nen verliehen werden sollte, und die Regie¬
rung diesem Antrage schließlich zugestimmt hatte, Preußen ist noch einmal
nach schweren Kämpfen in den gesetzgebenden Körperschaften davor bewahrt
worden. Der kurz danach folgende Zusammenbruch der Preußischen Hypotheken¬
aktienbank, der Deutschen Grundschuldbank und der Pommerschen Hypotheken¬
bank beleuchtet diese Absicht noch greller. Es ist schwer, hierfür eine Erklä¬
rung zu finden.

Wenn auch die preußische Regierung den Bestrebungen der Hausbesitzer-
vereine auf Schaffung von Pfnndbriefverbänden großes Wohlwollen entgegen¬
bringt, so vermögen doch Wohlwollen und ermunternde Worte allein nicht immer,
solche Verbände ins Leben zu rufen, und es fragt sich, wie vorgegangen
werden muß, daß solche geschaffen werden.

Da unter Friedrich dem Großen in Preußen die Landschaften proviuz-
weise geschaffen worden sind, so wäre es das Nächstliegende, wenn sich auch
die jetzt bestehenden Provinzialverwaltungen dieser Sache annähmen. Wenn
ein Provinzialausschuß die Sache gründet, so wird die Staatsregierung keine
Veranlassung haben, mehr zu verlangen, als wenn es ein Magistrat einer Gro߬
stadt thut. In der That ist auch die Proviuzialverwaltung von Branden¬
burg mit Bereitwilligkeit und Opferfreudigkeit der Sache näher getreten, im
Provinziallandtag haben sich aber die Vertreter von städtischen Sparkassen da¬
gegen erklärt und dadurch die Sache bis auf weiteres verhindert.

Es fragt sich, ob es in Preußen gelingen wird, wenn die Proviuzial¬
verwaltung versagt, in andrer Weise rettend einzugreifen. Schwierig wäre es
nicht, wenn der Staat oder das Ministerium — deu Wünschen des Ab¬
geordnetenhauses nachgebend — die Sache in die Hand nähme. Man würde
dadurch gleichmüßiger und schneller zum Ziele gelangen, und manche Schwierig¬
keit würde dabei leichter zu überwinden sein.

Allerdings scheint die preußische Staatsregierung nicht dazu sonderlich
geneigt zu sein, Wenn sie auch Pfandbriefverbüudc für den Realkredit für
nützlich und förderlich hüte, so scheint sie doch noch nicht von der Überzeugung
durchdrungen zu sein, daß sie auch im Stantsinteresse für die Hüuser geschaffen
werden müssen, daß sie die vollkommenste und bisher unübertroffne Form einer
Genossenschaft für deu Realkredit sind, und daß sie als Rüstzeug für einen
langwierigen Krieg vom Staate nicht entbehrt werden können, Würe die
preußische Staatsregierung von diesem allen durchdrungen gewesen, so würde
sie, als die ritterschaftlichen Kreditvereine in der Provinz Hannover beim In¬
krafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Satzungen umünderten, nicht den
günstigen Zeitpunkt verpaßt haben, darauf hinzuwirken, daß diese das land¬
schaftliche Vorbild für das Anschaffen der Pfnndbriefschuld in eine niedriger
verzinsliche nachgeahmt Hütte». Denn wenn sich auch diese ritterschaftlichen
Kreditvereine zu Hannover und Celle (und Wohl auch der zu Stade) die preußische


Grenzboten II! 1901 7K
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/609>, abgerufen am 06.06.2024.