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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Zur "ordschleswigschtn Optantensrage

angehörigkeit auch sonst nicht von dem Aufenthalt in Dänemark abhängig ist.
Jedenfalls aber gestattet weder der Wortlaut, noch der Sinn der fraglichen
Bestimmung die Urgierung des Moments "c- retirsr usw. und die Aufstellung
eines an rigorose Anforderungen geknüpften besondern Aufeuthaltsbegriffs in
Beschränkung auf dünisches Territorium in einem engern Sinn als dem sonst
allgemein geltenden. Die Anwendung des Domizilbegriffs, d. h. dessen Ein-
schiebung und Unterstellung für die vage und offenbar absichtlich uujuristisch
gewählte Ausdrucksweise rötiror erscheint mir vollends willkürlich und
verkehrt."

Der dänische Professor Matzen widerspricht seinem deutschen Kollegen und
betont, daß es gerade auf eine Übersiedlung nach Dünemark ankomme, auf
das Überführen seiner Mobilien nach Dänemark und das Sichzurückziehen mit
seiner Familie in die Staaten des dänischen Königs. Daß die beiden letzten
Eventualitäten aber ziemlich gleichgiltig sein können, ergibt sich doch daraus,
daß der Mann ebenso gut seine Mobilien vor der Abreise hier verlaufen
könnte, die meisten Optanten aber gar keine Familie hatten, da sie junge
Leute im wehrpflichtigen Alter waren.

Für die Praxis kann es zurzeit zunächst gleichgiltig erscheinen, wessen
Auffassung die richtige ist, da das Oberlaudesgericht in Kiel eine Übersiedlung
nach Dänemark, einen Aufenthalt dort zur Bedingung für die wirksame Option
gemacht hat. Nur in einem Fall ist zwischen der Verwaltung und dem Ge¬
richt ein Konflikt entstanden, indem das Gericht das jahrelange Fahren auf
einem dänischen Schiffe nicht als Aufenthaltnehmen in Dänemark ansah. Es
handelte sich um einen jungen Seemann, für den der Vater optiert hatte, und
der dann ans einem dänischen Schiffe fuhr. Gerade für diesen Fall hat Pro¬
fessor Niemeyer das Gutachten abgegeben, und er kommt zu dem Schluß, der
Mann sei auch dann NichtPreuße, wenn dünische Schiffe nicht nach internatio¬
nalen! Recht als M-s xiitrms angesehen würden, oder wenn darüber Zweifel
obwalteten, was aber nicht der Fall sei.

Das Oberverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 4. November 1902
über den strittigen Punkt, das "<z rc-tirsr, dahin gcüußert: "Von welcher Art
und Dauer das im Artikel 19 des Wiener Friedenstraktats erwähnte Sich-
zurückziehn in die Staaten Sr. dänischen Majestät sein solle, um eine Option
rechtswirksam zu macheu, ist von den vertragschließenden Mächten nicht näher
bestimmt worden. Es ist deshalb unzulässig, nach allgemeinen Theorien über
die Option besondre dem Vertrage unbekannte Erfordernisse aufzustellen,
namentlich zu fordern, daß zu der Optionserklärung die Begründung eines
Domizils (Wohnsitzes) im Auslande hinzutreten müsse; Hütten die Vertrags¬
mächte die Nechtswirksamkeit der Option hiervon abhängig zu machen beab¬
sichtigt, so würde dies im Vertrage unzweifelhaft Ausdruck gefunden haben,
was nicht geschehen ist."

Auch der Kommissar des Ministers des Innern kommt zu diesem Er¬
gebnis, daß nämlich zur Giltigkeit einer Option "nicht die Begründung eines
Wohnsitzes in Dänemark gehört, mich nicht die Überwandernng nach Düne¬
mark in der Absicht, dort einen Wohnsitz zu begründen, wie in der Recht-


Zur »ordschleswigschtn Optantensrage

angehörigkeit auch sonst nicht von dem Aufenthalt in Dänemark abhängig ist.
Jedenfalls aber gestattet weder der Wortlaut, noch der Sinn der fraglichen
Bestimmung die Urgierung des Moments «c- retirsr usw. und die Aufstellung
eines an rigorose Anforderungen geknüpften besondern Aufeuthaltsbegriffs in
Beschränkung auf dünisches Territorium in einem engern Sinn als dem sonst
allgemein geltenden. Die Anwendung des Domizilbegriffs, d. h. dessen Ein-
schiebung und Unterstellung für die vage und offenbar absichtlich uujuristisch
gewählte Ausdrucksweise rötiror erscheint mir vollends willkürlich und
verkehrt."

Der dänische Professor Matzen widerspricht seinem deutschen Kollegen und
betont, daß es gerade auf eine Übersiedlung nach Dünemark ankomme, auf
das Überführen seiner Mobilien nach Dänemark und das Sichzurückziehen mit
seiner Familie in die Staaten des dänischen Königs. Daß die beiden letzten
Eventualitäten aber ziemlich gleichgiltig sein können, ergibt sich doch daraus,
daß der Mann ebenso gut seine Mobilien vor der Abreise hier verlaufen
könnte, die meisten Optanten aber gar keine Familie hatten, da sie junge
Leute im wehrpflichtigen Alter waren.

Für die Praxis kann es zurzeit zunächst gleichgiltig erscheinen, wessen
Auffassung die richtige ist, da das Oberlaudesgericht in Kiel eine Übersiedlung
nach Dänemark, einen Aufenthalt dort zur Bedingung für die wirksame Option
gemacht hat. Nur in einem Fall ist zwischen der Verwaltung und dem Ge¬
richt ein Konflikt entstanden, indem das Gericht das jahrelange Fahren auf
einem dänischen Schiffe nicht als Aufenthaltnehmen in Dänemark ansah. Es
handelte sich um einen jungen Seemann, für den der Vater optiert hatte, und
der dann ans einem dänischen Schiffe fuhr. Gerade für diesen Fall hat Pro¬
fessor Niemeyer das Gutachten abgegeben, und er kommt zu dem Schluß, der
Mann sei auch dann NichtPreuße, wenn dünische Schiffe nicht nach internatio¬
nalen! Recht als M-s xiitrms angesehen würden, oder wenn darüber Zweifel
obwalteten, was aber nicht der Fall sei.

Das Oberverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 4. November 1902
über den strittigen Punkt, das «<z rc-tirsr, dahin gcüußert: „Von welcher Art
und Dauer das im Artikel 19 des Wiener Friedenstraktats erwähnte Sich-
zurückziehn in die Staaten Sr. dänischen Majestät sein solle, um eine Option
rechtswirksam zu macheu, ist von den vertragschließenden Mächten nicht näher
bestimmt worden. Es ist deshalb unzulässig, nach allgemeinen Theorien über
die Option besondre dem Vertrage unbekannte Erfordernisse aufzustellen,
namentlich zu fordern, daß zu der Optionserklärung die Begründung eines
Domizils (Wohnsitzes) im Auslande hinzutreten müsse; Hütten die Vertrags¬
mächte die Nechtswirksamkeit der Option hiervon abhängig zu machen beab¬
sichtigt, so würde dies im Vertrage unzweifelhaft Ausdruck gefunden haben,
was nicht geschehen ist."

Auch der Kommissar des Ministers des Innern kommt zu diesem Er¬
gebnis, daß nämlich zur Giltigkeit einer Option „nicht die Begründung eines
Wohnsitzes in Dänemark gehört, mich nicht die Überwandernng nach Düne¬
mark in der Absicht, dort einen Wohnsitz zu begründen, wie in der Recht-


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[0564] Zur »ordschleswigschtn Optantensrage angehörigkeit auch sonst nicht von dem Aufenthalt in Dänemark abhängig ist. Jedenfalls aber gestattet weder der Wortlaut, noch der Sinn der fraglichen Bestimmung die Urgierung des Moments «c- retirsr usw. und die Aufstellung eines an rigorose Anforderungen geknüpften besondern Aufeuthaltsbegriffs in Beschränkung auf dünisches Territorium in einem engern Sinn als dem sonst allgemein geltenden. Die Anwendung des Domizilbegriffs, d. h. dessen Ein- schiebung und Unterstellung für die vage und offenbar absichtlich uujuristisch gewählte Ausdrucksweise rötiror erscheint mir vollends willkürlich und verkehrt." Der dänische Professor Matzen widerspricht seinem deutschen Kollegen und betont, daß es gerade auf eine Übersiedlung nach Dünemark ankomme, auf das Überführen seiner Mobilien nach Dänemark und das Sichzurückziehen mit seiner Familie in die Staaten des dänischen Königs. Daß die beiden letzten Eventualitäten aber ziemlich gleichgiltig sein können, ergibt sich doch daraus, daß der Mann ebenso gut seine Mobilien vor der Abreise hier verlaufen könnte, die meisten Optanten aber gar keine Familie hatten, da sie junge Leute im wehrpflichtigen Alter waren. Für die Praxis kann es zurzeit zunächst gleichgiltig erscheinen, wessen Auffassung die richtige ist, da das Oberlaudesgericht in Kiel eine Übersiedlung nach Dänemark, einen Aufenthalt dort zur Bedingung für die wirksame Option gemacht hat. Nur in einem Fall ist zwischen der Verwaltung und dem Ge¬ richt ein Konflikt entstanden, indem das Gericht das jahrelange Fahren auf einem dänischen Schiffe nicht als Aufenthaltnehmen in Dänemark ansah. Es handelte sich um einen jungen Seemann, für den der Vater optiert hatte, und der dann ans einem dänischen Schiffe fuhr. Gerade für diesen Fall hat Pro¬ fessor Niemeyer das Gutachten abgegeben, und er kommt zu dem Schluß, der Mann sei auch dann NichtPreuße, wenn dünische Schiffe nicht nach internatio¬ nalen! Recht als M-s xiitrms angesehen würden, oder wenn darüber Zweifel obwalteten, was aber nicht der Fall sei. Das Oberverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 4. November 1902 über den strittigen Punkt, das «<z rc-tirsr, dahin gcüußert: „Von welcher Art und Dauer das im Artikel 19 des Wiener Friedenstraktats erwähnte Sich- zurückziehn in die Staaten Sr. dänischen Majestät sein solle, um eine Option rechtswirksam zu macheu, ist von den vertragschließenden Mächten nicht näher bestimmt worden. Es ist deshalb unzulässig, nach allgemeinen Theorien über die Option besondre dem Vertrage unbekannte Erfordernisse aufzustellen, namentlich zu fordern, daß zu der Optionserklärung die Begründung eines Domizils (Wohnsitzes) im Auslande hinzutreten müsse; Hütten die Vertrags¬ mächte die Nechtswirksamkeit der Option hiervon abhängig zu machen beab¬ sichtigt, so würde dies im Vertrage unzweifelhaft Ausdruck gefunden haben, was nicht geschehen ist." Auch der Kommissar des Ministers des Innern kommt zu diesem Er¬ gebnis, daß nämlich zur Giltigkeit einer Option „nicht die Begründung eines Wohnsitzes in Dänemark gehört, mich nicht die Überwandernng nach Düne¬ mark in der Absicht, dort einen Wohnsitz zu begründen, wie in der Recht-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/564>, abgerufen am 17.06.2024.