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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Aus den Erinnerungen eines alten Burschenschafters

Glatz gebracht wurde. Der Transport, der unter Begleitung von Zivilwächtern
in einem Planwagen ausgeführt wurde, gewahrte uns bei der Blütezeit eiuen
hohen Genuß und richtete unsre bekümmerten Gemüter einigermaßen auf. Nur
betrübte es mich, daß mein Freund W. in Silberberg von mir getrennt wurde.
Am 17. Mai Abends traf ich in Glatz ein und wurde nach Vorführung bei dem
Kommandanten, General von Sandrart, einem milden, freundlichen Manne, auf dem
hochliegenden Donjon der Festung in einer Käsematte untergebracht. Als Stuben¬
genossen erhielt ich wieder den schon erwähnten Herrn von Massow. Das Ängst¬
liche des Untersuchungsarrestes horte nun auf. Man konnte sich auf dem Donjon
zu bestimmten Zeiten frei bewegen und genoß die Aussicht auf das Gebirge, wo
uns namentlich die Henschener häufig entzückte. Außer Massow war nur noch ein
ehemaliger Burschenschafter, Weiß aus Detmold, als Staatsgefangner auf der
Festung. Dagegen bildete eine große Zahl Baugefangner und Sträflinge, die
häufig vor unsern Fenstern Prügelstrafen erhielten, unsre gerade uicht angenehme
tägliche Umgebung. Zwei in Ketten rasselnde Baugefangne, ein Straßenräuber
und ein Mordbrenner, die wegen ihrer Gefährlichkeit nicht mit zur Arbeit geführt
wurden, besorgten unsre Aufwartung.

Ein Baugefangner, Schwarz, erregte unsre besondre Aufmerksamkeit. Er trug
wegen seiner Fluchtversuche um den Hals einen eisernen Ring, an dem zwei
eiserne, seinen Kopf überragende sogenannte Hörner befestigt waren, in deren
Mitte sich eine Glocke befand. Er hatte die Eigentümlichkeit, daß er infolge der
Gelenkigkeit seiner Glieder alle Fesseln von sich abzustreifen vermochte. Infolge
eines erneuten Fluchtversuchs -- er hatte sich von dem hohen Donjon durch
die Kloaken in die Festungsgräben hinabgelassen -- erhielt er an beiden Händen
eine sogeununte Weife, die die Hände fortgesetzt auseinander hielt, und bekam
in unsrer Nähe ein besondres Gefängnislokal, wo er viertelstündlich, Tag und
Nacht, von einem vor demselben aufgestellten Posten angerufen wurde. Dessen¬
ungeachtet bemerkte der Wärter eines Tages an seinen Händen Spuren, daß er
die Weife über die Hände abgestreift habe. Bei näherer Untersuchung ergab sich,
daß Schwarz angefangen hatte, den Boden zu unterminieren und die aufgebrachte
Erde in dem Ofen unterzubringen. Er erhielt nun ein in Fels gehauenes Ge¬
fängnis mit schmalen Fensteröffnungen. Aus diesem bemerkte der Posten eines
Tages Rauch dringen. Schwarz hatte Feuer an die Gefängnistür gelegt, um
durch sie ins Freie zu gelangen. Man fand ihn vom Rauche beinahe erstickt.
Einige Zeit später, nachdem er sich wieder erholt hatte, fand man ihn auf seinem
Lager fast verblutet. Er hatte sich mit einer Stopfnadel, die er zu verbergen
gewußt hatte, die Pulsader aufgerissen. Man brachte ihn nun ins Lazarett und
später, weil er auf der Festung nicht sicher zu überwachen war, in das Zuchthaus
zu Görlitz.

In Glatz war ich infolge der scharfen Bergluft und der feuchten Käsematte
fortwährend krank; ich litt an Vrustaffektioueu, halbseitigem Kopfschmerz, rheuma¬
tischer Anschwellung des Gesichts und der Füße und lag lange Zeit im Militär¬
lazarett. Der mich behandelnde Stabsarzt sprach sich dahin aus, daß für die Zeit
meines Aufenthalts in Glatz keine Besserung zu hoffen sei. Ich medizinierte fort¬
gesetzt, trank auch Salzbrunnen, ohne daß es besser wurde. Infolgedessen hatte
der menschenfreundliche Kommandant Veranlassung genommen, wegen unsrer Ver¬
setzung auf eine andre Festung höhern Orts Bericht zu erstatten. Darauf ging im
Dezember 1835 die Verfügung ein, daß Massow und ich nach Posen gebracht
werden sollten. Wir freuten uns darüber, zumal dn wir hofften, uns in Posen
als einer größern Stadt literarische Hilfsmittel leichter beschaffen zu könne", als
das in Glatz der Fall war.

Am 29. Oktober 1836, bis wohin ich im Militärlnzarett geblieben war,
wurde endlich der Transport ansgeführt. Massow und ich fuhren in einem Plan¬
wagen unter Gcndarmenebcgleitung über Glogau, Franstadt, Lissa nach Posen, wo


Aus den Erinnerungen eines alten Burschenschafters

Glatz gebracht wurde. Der Transport, der unter Begleitung von Zivilwächtern
in einem Planwagen ausgeführt wurde, gewahrte uns bei der Blütezeit eiuen
hohen Genuß und richtete unsre bekümmerten Gemüter einigermaßen auf. Nur
betrübte es mich, daß mein Freund W. in Silberberg von mir getrennt wurde.
Am 17. Mai Abends traf ich in Glatz ein und wurde nach Vorführung bei dem
Kommandanten, General von Sandrart, einem milden, freundlichen Manne, auf dem
hochliegenden Donjon der Festung in einer Käsematte untergebracht. Als Stuben¬
genossen erhielt ich wieder den schon erwähnten Herrn von Massow. Das Ängst¬
liche des Untersuchungsarrestes horte nun auf. Man konnte sich auf dem Donjon
zu bestimmten Zeiten frei bewegen und genoß die Aussicht auf das Gebirge, wo
uns namentlich die Henschener häufig entzückte. Außer Massow war nur noch ein
ehemaliger Burschenschafter, Weiß aus Detmold, als Staatsgefangner auf der
Festung. Dagegen bildete eine große Zahl Baugefangner und Sträflinge, die
häufig vor unsern Fenstern Prügelstrafen erhielten, unsre gerade uicht angenehme
tägliche Umgebung. Zwei in Ketten rasselnde Baugefangne, ein Straßenräuber
und ein Mordbrenner, die wegen ihrer Gefährlichkeit nicht mit zur Arbeit geführt
wurden, besorgten unsre Aufwartung.

Ein Baugefangner, Schwarz, erregte unsre besondre Aufmerksamkeit. Er trug
wegen seiner Fluchtversuche um den Hals einen eisernen Ring, an dem zwei
eiserne, seinen Kopf überragende sogenannte Hörner befestigt waren, in deren
Mitte sich eine Glocke befand. Er hatte die Eigentümlichkeit, daß er infolge der
Gelenkigkeit seiner Glieder alle Fesseln von sich abzustreifen vermochte. Infolge
eines erneuten Fluchtversuchs — er hatte sich von dem hohen Donjon durch
die Kloaken in die Festungsgräben hinabgelassen — erhielt er an beiden Händen
eine sogeununte Weife, die die Hände fortgesetzt auseinander hielt, und bekam
in unsrer Nähe ein besondres Gefängnislokal, wo er viertelstündlich, Tag und
Nacht, von einem vor demselben aufgestellten Posten angerufen wurde. Dessen¬
ungeachtet bemerkte der Wärter eines Tages an seinen Händen Spuren, daß er
die Weife über die Hände abgestreift habe. Bei näherer Untersuchung ergab sich,
daß Schwarz angefangen hatte, den Boden zu unterminieren und die aufgebrachte
Erde in dem Ofen unterzubringen. Er erhielt nun ein in Fels gehauenes Ge¬
fängnis mit schmalen Fensteröffnungen. Aus diesem bemerkte der Posten eines
Tages Rauch dringen. Schwarz hatte Feuer an die Gefängnistür gelegt, um
durch sie ins Freie zu gelangen. Man fand ihn vom Rauche beinahe erstickt.
Einige Zeit später, nachdem er sich wieder erholt hatte, fand man ihn auf seinem
Lager fast verblutet. Er hatte sich mit einer Stopfnadel, die er zu verbergen
gewußt hatte, die Pulsader aufgerissen. Man brachte ihn nun ins Lazarett und
später, weil er auf der Festung nicht sicher zu überwachen war, in das Zuchthaus
zu Görlitz.

In Glatz war ich infolge der scharfen Bergluft und der feuchten Käsematte
fortwährend krank; ich litt an Vrustaffektioueu, halbseitigem Kopfschmerz, rheuma¬
tischer Anschwellung des Gesichts und der Füße und lag lange Zeit im Militär¬
lazarett. Der mich behandelnde Stabsarzt sprach sich dahin aus, daß für die Zeit
meines Aufenthalts in Glatz keine Besserung zu hoffen sei. Ich medizinierte fort¬
gesetzt, trank auch Salzbrunnen, ohne daß es besser wurde. Infolgedessen hatte
der menschenfreundliche Kommandant Veranlassung genommen, wegen unsrer Ver¬
setzung auf eine andre Festung höhern Orts Bericht zu erstatten. Darauf ging im
Dezember 1835 die Verfügung ein, daß Massow und ich nach Posen gebracht
werden sollten. Wir freuten uns darüber, zumal dn wir hofften, uns in Posen
als einer größern Stadt literarische Hilfsmittel leichter beschaffen zu könne», als
das in Glatz der Fall war.

Am 29. Oktober 1836, bis wohin ich im Militärlnzarett geblieben war,
wurde endlich der Transport ansgeführt. Massow und ich fuhren in einem Plan¬
wagen unter Gcndarmenebcgleitung über Glogau, Franstadt, Lissa nach Posen, wo


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/780>, abgerufen am 27.05.2024.