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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Theodor Fontane und Bernhard von Lepel

Hier aber kommen wir gerade auf einen Punkt, gegen den viele Stimmen
ankämpfen, die über die Zurücksetzung des bürgerlichen Elementes in der Armee
klagen und sich für die "armen Zurückgesetzten", die übrigens von ihnen
Hilfe weder brauchen noch wünschen, ins Zeug zu legen für gut befinden.
Diese Herren möchten am liebsten aus der Armee ein Volks Heer machen,
aber ein Volksheer in falscher Bedeutung. Sie möchten das Heer
demokratisieren. Ihnen paßt es daher nicht, daß der Geist des Offizierkorps
und durch dieses der der ganzen Armee getragen wird von dem persönlichen
Verhältnis zum obersten Kriegsherrn, wie dies in der preußischen Armee von
jeher der Fall war. Nicht der adeliche Name ist es in erster Linie,
gegen den sich ihr Kampf richtet, sondern die aristokratische Gesinnung.
Mit dieser aber steht und fällt das deutsche Offizierkorps.




Theodor Fontane und Bernhard von Lepel
Von Felix Poxpenberg

s^>Eurch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels
Seite gegangen", so herzlich apostrophiert Fontane in seiner sonst
gar nicht überschwänglichen, eher kritischen, einer "fürchterlichen
Musterung" gleichenden Freundesrevue seinen Tunnelgenossen
Bernhard von Lepel. Und eine Huldigung steht hier, in der
Fontane, der Meister des "Talent ^piZtolaire", von seinem Freunde sagt:
"Ich habe von ihm Briefschreiben gelernt." Das will aus diesem Munde
etwas bedeuten und kann wohl neugierig auf den Mann machen. Jetzt tritt
er selbst vor uns lebendig hin in einem Band frischer, augenblickerfüllter Briefe.
Aus dem Nachlaß -- Bernhard von Lepel starb vor Fontane, 1885 -- hat
sie Eva von Arnim mit der glücklich an das Anfangswort anknüpfenden Auf¬
schrift "Vierzig Jahre" herausgegeben. (Berlin, Fontane <K Co.)

Die Briefe beginnen in der Zeit, da Theodor Fontane als Provisor in
der Noseschen Apotheke -- Spandauer Straße nahe der Garnisonkirche --
"Pillen drehte" und sein Jahr bei den Franzern diente.

Ein Porträt aus diesen Jahren zeigt einen romantischen Kopf, breit¬
umgeschlagenen hochkmgigen Rock mit weichem faltigem Hemd; über der Stirn
lockiges Haar; das schmale Gesicht von flaumigen Backenbart eingerahmt;
schwärmerische Augen; in die Romantik hinein lächelt aber ein schalkhafter Mund.


Theodor Fontane und Bernhard von Lepel

Hier aber kommen wir gerade auf einen Punkt, gegen den viele Stimmen
ankämpfen, die über die Zurücksetzung des bürgerlichen Elementes in der Armee
klagen und sich für die „armen Zurückgesetzten", die übrigens von ihnen
Hilfe weder brauchen noch wünschen, ins Zeug zu legen für gut befinden.
Diese Herren möchten am liebsten aus der Armee ein Volks Heer machen,
aber ein Volksheer in falscher Bedeutung. Sie möchten das Heer
demokratisieren. Ihnen paßt es daher nicht, daß der Geist des Offizierkorps
und durch dieses der der ganzen Armee getragen wird von dem persönlichen
Verhältnis zum obersten Kriegsherrn, wie dies in der preußischen Armee von
jeher der Fall war. Nicht der adeliche Name ist es in erster Linie,
gegen den sich ihr Kampf richtet, sondern die aristokratische Gesinnung.
Mit dieser aber steht und fällt das deutsche Offizierkorps.




Theodor Fontane und Bernhard von Lepel
Von Felix Poxpenberg

s^>Eurch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels
Seite gegangen", so herzlich apostrophiert Fontane in seiner sonst
gar nicht überschwänglichen, eher kritischen, einer „fürchterlichen
Musterung" gleichenden Freundesrevue seinen Tunnelgenossen
Bernhard von Lepel. Und eine Huldigung steht hier, in der
Fontane, der Meister des „Talent ^piZtolaire", von seinem Freunde sagt:
„Ich habe von ihm Briefschreiben gelernt." Das will aus diesem Munde
etwas bedeuten und kann wohl neugierig auf den Mann machen. Jetzt tritt
er selbst vor uns lebendig hin in einem Band frischer, augenblickerfüllter Briefe.
Aus dem Nachlaß — Bernhard von Lepel starb vor Fontane, 1885 — hat
sie Eva von Arnim mit der glücklich an das Anfangswort anknüpfenden Auf¬
schrift „Vierzig Jahre" herausgegeben. (Berlin, Fontane <K Co.)

Die Briefe beginnen in der Zeit, da Theodor Fontane als Provisor in
der Noseschen Apotheke — Spandauer Straße nahe der Garnisonkirche —
„Pillen drehte" und sein Jahr bei den Franzern diente.

Ein Porträt aus diesen Jahren zeigt einen romantischen Kopf, breit¬
umgeschlagenen hochkmgigen Rock mit weichem faltigem Hemd; über der Stirn
lockiges Haar; das schmale Gesicht von flaumigen Backenbart eingerahmt;
schwärmerische Augen; in die Romantik hinein lächelt aber ein schalkhafter Mund.


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[0066] Theodor Fontane und Bernhard von Lepel Hier aber kommen wir gerade auf einen Punkt, gegen den viele Stimmen ankämpfen, die über die Zurücksetzung des bürgerlichen Elementes in der Armee klagen und sich für die „armen Zurückgesetzten", die übrigens von ihnen Hilfe weder brauchen noch wünschen, ins Zeug zu legen für gut befinden. Diese Herren möchten am liebsten aus der Armee ein Volks Heer machen, aber ein Volksheer in falscher Bedeutung. Sie möchten das Heer demokratisieren. Ihnen paßt es daher nicht, daß der Geist des Offizierkorps und durch dieses der der ganzen Armee getragen wird von dem persönlichen Verhältnis zum obersten Kriegsherrn, wie dies in der preußischen Armee von jeher der Fall war. Nicht der adeliche Name ist es in erster Linie, gegen den sich ihr Kampf richtet, sondern die aristokratische Gesinnung. Mit dieser aber steht und fällt das deutsche Offizierkorps. Theodor Fontane und Bernhard von Lepel Von Felix Poxpenberg s^>Eurch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels Seite gegangen", so herzlich apostrophiert Fontane in seiner sonst gar nicht überschwänglichen, eher kritischen, einer „fürchterlichen Musterung" gleichenden Freundesrevue seinen Tunnelgenossen Bernhard von Lepel. Und eine Huldigung steht hier, in der Fontane, der Meister des „Talent ^piZtolaire", von seinem Freunde sagt: „Ich habe von ihm Briefschreiben gelernt." Das will aus diesem Munde etwas bedeuten und kann wohl neugierig auf den Mann machen. Jetzt tritt er selbst vor uns lebendig hin in einem Band frischer, augenblickerfüllter Briefe. Aus dem Nachlaß — Bernhard von Lepel starb vor Fontane, 1885 — hat sie Eva von Arnim mit der glücklich an das Anfangswort anknüpfenden Auf¬ schrift „Vierzig Jahre" herausgegeben. (Berlin, Fontane <K Co.) Die Briefe beginnen in der Zeit, da Theodor Fontane als Provisor in der Noseschen Apotheke — Spandauer Straße nahe der Garnisonkirche — „Pillen drehte" und sein Jahr bei den Franzern diente. Ein Porträt aus diesen Jahren zeigt einen romantischen Kopf, breit¬ umgeschlagenen hochkmgigen Rock mit weichem faltigem Hemd; über der Stirn lockiges Haar; das schmale Gesicht von flaumigen Backenbart eingerahmt; schwärmerische Augen; in die Romantik hinein lächelt aber ein schalkhafter Mund.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/66>, abgerufen am 17.06.2024.