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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Mas der japanische" Menschheit zugrunde lieg!

Zur Zeit, als der Vertrag gezeichnet wurde, war der Schreiber dieses unter
eiuer kleinen Gruppe von Fremden in General Nogis Hauptquartier an der
mongolischen Grenze. Diese Gruppe bestand aus einen: britischen General¬
leutnant, einem türkischen Generalmajor, einem englischen Obersten, zwei
englischen Majors, einem französischen Oberst, einem amerikanischen Major und
drei Kriegskorrespondenten. Die Diskussionen zwischen diesen zehn waren von
außerordentlichem Interesse. Jeder mögliche Gegenstand, der zum Kriege gehört,
wurde von ihnen durch und durch beleuchtet, und mit allen bis auf eine Sache
waren alle zufrieden. Jedoch was den Friedensvertrag anbelangt, so war auch
nicht ein einziger von ihnen anderer Ansicht, als daß er im besten Falle nichts
mehr als ein Waffenstillstand sein könnte.

Bei dem allmählichen Fortschritt des Menschengeschlechtes tut mau gut,
sowohl im Druck als in Privatunterhaltungen bei den Tendenzen zu verweilen,
die auf den Weltfrieden hinarbeiten; aber ist es klug, jene darunter liegende
Menschheit zu übersehen, die unaufhaltsam dem Kriege zusteuert?

Zu jener Zeit ignorierten wir sie nicht. Beruhigt durch die freudvolle
Proklamierung des Friedens und persönlich froh, die Eintönigkeit des Feldzuges
mit dem Entzücken zu reisen vertauschen zu können, ritten wir alle in Nuhe
und froh vom Heere fort.

Aber wir konnten nicht vergessen, daß die Japaner ebenso wie die Bautamen
eine besonders kämpfende Rasse sind. Auch konnten wir nicht vergessen, daß
sie im letzten Jahrhundert jedes Jahrzehnt einen erschöpfenden Krieg gewagt
hatten, der für den Augenblick jede materielle Hilfsquelle und alle moralischen
Fäden in Anspruch genommen hatte, und ferner, daß im Verlauf von zwölf
Jahren sie zum größten Erstaunen des Menschengeschlechtes zwei der größten
und mächtigsten Nationen der Erde geschlagen hatten, und daß sie als Lohn
für sich keinen spezifisch territorialen Vorteil sich gesichert, sondern nur teils
Freude und teils Schrecken in der Welt hervorgerufen hatten.

Diejenigen, die Geschichte schreiben, sind gewöhnt, Kriege der Eifersucht
von Herrschern, der Nebenbuhlerschaft der Staaten und nationaler Liebe zur
Vergrößerung zuzuschreiben. Sie vergessen gewöhnlich die tiefere Ursache zu
suchen -- jene ursprüngliche Liebe zum Kampf, die alle männlich starken
Nationen beseelt, welche sogar das für friedliebend gehaltene Amerika zum
begeisterten Verehrer des Fußballspielens und Preisfechtens macht. Von diesen
Nationen ist keine der jetzt regierenden männlicher als Japan. Autoritäten
können aus der Sprache, Geschichte und Archäologie beweisen, daß die Nipponesen
nicht eine rein mongolische Rasse sind, sondern eine zusammengesetzte, in der das
arische Element stark vertreten ist. Weder geistig noch körperlich sind die
Japaner nur Mongolen. Man kann einen Chinesen nach Herzenslust züchtigen,
und er wird nicht zurückschlage", ausgenommen mit einem Messer im Dunkeln;
man kann einen Filippinen mißbrauchen und ihn mit Zunge und Stiefel kurz
und klein schlagen, und er wird in Demut ersterben; der Ostindier ist ein zer-


Mas der japanische» Menschheit zugrunde lieg!

Zur Zeit, als der Vertrag gezeichnet wurde, war der Schreiber dieses unter
eiuer kleinen Gruppe von Fremden in General Nogis Hauptquartier an der
mongolischen Grenze. Diese Gruppe bestand aus einen: britischen General¬
leutnant, einem türkischen Generalmajor, einem englischen Obersten, zwei
englischen Majors, einem französischen Oberst, einem amerikanischen Major und
drei Kriegskorrespondenten. Die Diskussionen zwischen diesen zehn waren von
außerordentlichem Interesse. Jeder mögliche Gegenstand, der zum Kriege gehört,
wurde von ihnen durch und durch beleuchtet, und mit allen bis auf eine Sache
waren alle zufrieden. Jedoch was den Friedensvertrag anbelangt, so war auch
nicht ein einziger von ihnen anderer Ansicht, als daß er im besten Falle nichts
mehr als ein Waffenstillstand sein könnte.

Bei dem allmählichen Fortschritt des Menschengeschlechtes tut mau gut,
sowohl im Druck als in Privatunterhaltungen bei den Tendenzen zu verweilen,
die auf den Weltfrieden hinarbeiten; aber ist es klug, jene darunter liegende
Menschheit zu übersehen, die unaufhaltsam dem Kriege zusteuert?

Zu jener Zeit ignorierten wir sie nicht. Beruhigt durch die freudvolle
Proklamierung des Friedens und persönlich froh, die Eintönigkeit des Feldzuges
mit dem Entzücken zu reisen vertauschen zu können, ritten wir alle in Nuhe
und froh vom Heere fort.

Aber wir konnten nicht vergessen, daß die Japaner ebenso wie die Bautamen
eine besonders kämpfende Rasse sind. Auch konnten wir nicht vergessen, daß
sie im letzten Jahrhundert jedes Jahrzehnt einen erschöpfenden Krieg gewagt
hatten, der für den Augenblick jede materielle Hilfsquelle und alle moralischen
Fäden in Anspruch genommen hatte, und ferner, daß im Verlauf von zwölf
Jahren sie zum größten Erstaunen des Menschengeschlechtes zwei der größten
und mächtigsten Nationen der Erde geschlagen hatten, und daß sie als Lohn
für sich keinen spezifisch territorialen Vorteil sich gesichert, sondern nur teils
Freude und teils Schrecken in der Welt hervorgerufen hatten.

Diejenigen, die Geschichte schreiben, sind gewöhnt, Kriege der Eifersucht
von Herrschern, der Nebenbuhlerschaft der Staaten und nationaler Liebe zur
Vergrößerung zuzuschreiben. Sie vergessen gewöhnlich die tiefere Ursache zu
suchen — jene ursprüngliche Liebe zum Kampf, die alle männlich starken
Nationen beseelt, welche sogar das für friedliebend gehaltene Amerika zum
begeisterten Verehrer des Fußballspielens und Preisfechtens macht. Von diesen
Nationen ist keine der jetzt regierenden männlicher als Japan. Autoritäten
können aus der Sprache, Geschichte und Archäologie beweisen, daß die Nipponesen
nicht eine rein mongolische Rasse sind, sondern eine zusammengesetzte, in der das
arische Element stark vertreten ist. Weder geistig noch körperlich sind die
Japaner nur Mongolen. Man kann einen Chinesen nach Herzenslust züchtigen,
und er wird nicht zurückschlage», ausgenommen mit einem Messer im Dunkeln;
man kann einen Filippinen mißbrauchen und ihn mit Zunge und Stiefel kurz
und klein schlagen, und er wird in Demut ersterben; der Ostindier ist ein zer-


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[0436] Mas der japanische» Menschheit zugrunde lieg! Zur Zeit, als der Vertrag gezeichnet wurde, war der Schreiber dieses unter eiuer kleinen Gruppe von Fremden in General Nogis Hauptquartier an der mongolischen Grenze. Diese Gruppe bestand aus einen: britischen General¬ leutnant, einem türkischen Generalmajor, einem englischen Obersten, zwei englischen Majors, einem französischen Oberst, einem amerikanischen Major und drei Kriegskorrespondenten. Die Diskussionen zwischen diesen zehn waren von außerordentlichem Interesse. Jeder mögliche Gegenstand, der zum Kriege gehört, wurde von ihnen durch und durch beleuchtet, und mit allen bis auf eine Sache waren alle zufrieden. Jedoch was den Friedensvertrag anbelangt, so war auch nicht ein einziger von ihnen anderer Ansicht, als daß er im besten Falle nichts mehr als ein Waffenstillstand sein könnte. Bei dem allmählichen Fortschritt des Menschengeschlechtes tut mau gut, sowohl im Druck als in Privatunterhaltungen bei den Tendenzen zu verweilen, die auf den Weltfrieden hinarbeiten; aber ist es klug, jene darunter liegende Menschheit zu übersehen, die unaufhaltsam dem Kriege zusteuert? Zu jener Zeit ignorierten wir sie nicht. Beruhigt durch die freudvolle Proklamierung des Friedens und persönlich froh, die Eintönigkeit des Feldzuges mit dem Entzücken zu reisen vertauschen zu können, ritten wir alle in Nuhe und froh vom Heere fort. Aber wir konnten nicht vergessen, daß die Japaner ebenso wie die Bautamen eine besonders kämpfende Rasse sind. Auch konnten wir nicht vergessen, daß sie im letzten Jahrhundert jedes Jahrzehnt einen erschöpfenden Krieg gewagt hatten, der für den Augenblick jede materielle Hilfsquelle und alle moralischen Fäden in Anspruch genommen hatte, und ferner, daß im Verlauf von zwölf Jahren sie zum größten Erstaunen des Menschengeschlechtes zwei der größten und mächtigsten Nationen der Erde geschlagen hatten, und daß sie als Lohn für sich keinen spezifisch territorialen Vorteil sich gesichert, sondern nur teils Freude und teils Schrecken in der Welt hervorgerufen hatten. Diejenigen, die Geschichte schreiben, sind gewöhnt, Kriege der Eifersucht von Herrschern, der Nebenbuhlerschaft der Staaten und nationaler Liebe zur Vergrößerung zuzuschreiben. Sie vergessen gewöhnlich die tiefere Ursache zu suchen — jene ursprüngliche Liebe zum Kampf, die alle männlich starken Nationen beseelt, welche sogar das für friedliebend gehaltene Amerika zum begeisterten Verehrer des Fußballspielens und Preisfechtens macht. Von diesen Nationen ist keine der jetzt regierenden männlicher als Japan. Autoritäten können aus der Sprache, Geschichte und Archäologie beweisen, daß die Nipponesen nicht eine rein mongolische Rasse sind, sondern eine zusammengesetzte, in der das arische Element stark vertreten ist. Weder geistig noch körperlich sind die Japaner nur Mongolen. Man kann einen Chinesen nach Herzenslust züchtigen, und er wird nicht zurückschlage», ausgenommen mit einem Messer im Dunkeln; man kann einen Filippinen mißbrauchen und ihn mit Zunge und Stiefel kurz und klein schlagen, und er wird in Demut ersterben; der Ostindier ist ein zer-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/436>, abgerufen am 04.06.2024.