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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Briefwechsel von Gustav Freytag mit Graf und Gräfin Baudissin

Haben Sie die Güte Hrn. General meine herzlichen Empfehlungen u. innigen
Glückwunsch zu seiner Besserung auszusprechen, Sie selbst aber, mein würdiger
theurer Freund bitte ich ein wenig lieb zu behalten


Ihrentreuen Verehrer
Freytag.

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Srebleben d. 4 Inn I>8M.


Sophie Baudissin an Freytag.

Sonnabend. 11. Juni ^18M.


Lieber verehrter Freund,

Das war wieder eine reizende Doppelfreude, die Sie uns durch Ihre"
Zwillingsbrief bereitet haben I wir wissen nicht zu sagen wer uns besser ge¬
fällt, ob das schelmische Mädchen oder der kühne Knabe der gleich ganz Deutsch¬
land in die Tasche stecken möchte. Der Vergleich liegt mir nah, denn vor
unserem Hause hier spielt ein solches Zwillingspaar, daß die Wirthin zu Ehren
der Curgäste, denn hier geschieht Alles nur für diese, geboren hat. -- Nun
wir hätten garnichts dagegen, daß Preußen uns verschlänge aber es macht ja
noch keine "großen Augen".

Wie soll aber ich Ihnen genugsam danken, erstens für die Vermittlung,
dann für die Zusendung u. zu allererst u. am allerbesten für die Aussicht die
Sie eröffnen von Leipzig nach Dresden, will sagen Wachwitz zu kommen.
Denn dort müssen Sie, wenn wir erst mit Gottes Hülfe wieder die Cur im
Rücken haben uns aufsuchen u. sich niederlassen. Es wird Ihnen gefallen
u. heimlich sein, denn es hat den bescheidnen comfort u. die Stille u. Un¬
gestörtheit eines Nestes. Sie können da mit uns, oder allein mit Luft
u. Schatten u. Rothschwänzchen sein, die uns sehr favoristren -- ganz wie
Sie wollen. Also das ist ein Wort, Sie kommen! Eben sagt mir Wolf, er
habe außer der Elephantenjagd noch charmante Stellen von singenden Paradies¬
vögeln u.s.w. gefunden. Nun ich will mich an's Plündern machen.

Wir sind bis jetzt unberufen mit der Cur zufrieden, das Wetter ist himm¬
lisch. Unsre Gesellschaft bilden Traugott Baudissin ein auf der Jagd in's
Bein geschossner Neffe, recht lieber Mensch, hat unter dem General gedient,
jetzt preuß. Beamter, u. eine Nichte Rosa Lilienkron geb. Baudissin eine
hübsche leider auch hinkende kleine Fran. Nächstens erwarten wir den General;
ich habe ihm von Ihrer so hübsch ausgedrückten Theilnahme geschrieben
u. zweifle nicht daß diese "Frühlingsfreude" ihm sehr wohl thun wird. Wer
ist unter der Lotte gemeint, deren Tochter Romane schreibt die Sie zu lesen in
unbegrenzter Menschen Liebe sich herbeiließen? eine Tochter der Wertherschen
müßte ja aller romantischen Bestrebungen entwachsen sein u. unsere Lotte ist
sonst die einzige Universallotte die ich kenne? -- Meine, unsere schreibt mir
längst wieder daß Ihre politischen Anschauungen sich ganz mit den Dunkerschen


Briefwechsel von Gustav Freytag mit Graf und Gräfin Baudissin

Haben Sie die Güte Hrn. General meine herzlichen Empfehlungen u. innigen
Glückwunsch zu seiner Besserung auszusprechen, Sie selbst aber, mein würdiger
theurer Freund bitte ich ein wenig lieb zu behalten


Ihrentreuen Verehrer
Freytag.

^- ^ «. ^ » - >-i°i^
Srebleben d. 4 Inn I>8M.


Sophie Baudissin an Freytag.

Sonnabend. 11. Juni ^18M.


Lieber verehrter Freund,

Das war wieder eine reizende Doppelfreude, die Sie uns durch Ihre«
Zwillingsbrief bereitet haben I wir wissen nicht zu sagen wer uns besser ge¬
fällt, ob das schelmische Mädchen oder der kühne Knabe der gleich ganz Deutsch¬
land in die Tasche stecken möchte. Der Vergleich liegt mir nah, denn vor
unserem Hause hier spielt ein solches Zwillingspaar, daß die Wirthin zu Ehren
der Curgäste, denn hier geschieht Alles nur für diese, geboren hat. — Nun
wir hätten garnichts dagegen, daß Preußen uns verschlänge aber es macht ja
noch keine „großen Augen".

Wie soll aber ich Ihnen genugsam danken, erstens für die Vermittlung,
dann für die Zusendung u. zu allererst u. am allerbesten für die Aussicht die
Sie eröffnen von Leipzig nach Dresden, will sagen Wachwitz zu kommen.
Denn dort müssen Sie, wenn wir erst mit Gottes Hülfe wieder die Cur im
Rücken haben uns aufsuchen u. sich niederlassen. Es wird Ihnen gefallen
u. heimlich sein, denn es hat den bescheidnen comfort u. die Stille u. Un¬
gestörtheit eines Nestes. Sie können da mit uns, oder allein mit Luft
u. Schatten u. Rothschwänzchen sein, die uns sehr favoristren — ganz wie
Sie wollen. Also das ist ein Wort, Sie kommen! Eben sagt mir Wolf, er
habe außer der Elephantenjagd noch charmante Stellen von singenden Paradies¬
vögeln u.s.w. gefunden. Nun ich will mich an's Plündern machen.

Wir sind bis jetzt unberufen mit der Cur zufrieden, das Wetter ist himm¬
lisch. Unsre Gesellschaft bilden Traugott Baudissin ein auf der Jagd in's
Bein geschossner Neffe, recht lieber Mensch, hat unter dem General gedient,
jetzt preuß. Beamter, u. eine Nichte Rosa Lilienkron geb. Baudissin eine
hübsche leider auch hinkende kleine Fran. Nächstens erwarten wir den General;
ich habe ihm von Ihrer so hübsch ausgedrückten Theilnahme geschrieben
u. zweifle nicht daß diese „Frühlingsfreude" ihm sehr wohl thun wird. Wer
ist unter der Lotte gemeint, deren Tochter Romane schreibt die Sie zu lesen in
unbegrenzter Menschen Liebe sich herbeiließen? eine Tochter der Wertherschen
müßte ja aller romantischen Bestrebungen entwachsen sein u. unsere Lotte ist
sonst die einzige Universallotte die ich kenne? — Meine, unsere schreibt mir
längst wieder daß Ihre politischen Anschauungen sich ganz mit den Dunkerschen


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[0136] Briefwechsel von Gustav Freytag mit Graf und Gräfin Baudissin Haben Sie die Güte Hrn. General meine herzlichen Empfehlungen u. innigen Glückwunsch zu seiner Besserung auszusprechen, Sie selbst aber, mein würdiger theurer Freund bitte ich ein wenig lieb zu behalten Ihrentreuen Verehrer Freytag. ^- ^ «. ^ » - >-i°i^ Srebleben d. 4 Inn I>8M. Sophie Baudissin an Freytag. Sonnabend. 11. Juni ^18M. Lieber verehrter Freund, Das war wieder eine reizende Doppelfreude, die Sie uns durch Ihre« Zwillingsbrief bereitet haben I wir wissen nicht zu sagen wer uns besser ge¬ fällt, ob das schelmische Mädchen oder der kühne Knabe der gleich ganz Deutsch¬ land in die Tasche stecken möchte. Der Vergleich liegt mir nah, denn vor unserem Hause hier spielt ein solches Zwillingspaar, daß die Wirthin zu Ehren der Curgäste, denn hier geschieht Alles nur für diese, geboren hat. — Nun wir hätten garnichts dagegen, daß Preußen uns verschlänge aber es macht ja noch keine „großen Augen". Wie soll aber ich Ihnen genugsam danken, erstens für die Vermittlung, dann für die Zusendung u. zu allererst u. am allerbesten für die Aussicht die Sie eröffnen von Leipzig nach Dresden, will sagen Wachwitz zu kommen. Denn dort müssen Sie, wenn wir erst mit Gottes Hülfe wieder die Cur im Rücken haben uns aufsuchen u. sich niederlassen. Es wird Ihnen gefallen u. heimlich sein, denn es hat den bescheidnen comfort u. die Stille u. Un¬ gestörtheit eines Nestes. Sie können da mit uns, oder allein mit Luft u. Schatten u. Rothschwänzchen sein, die uns sehr favoristren — ganz wie Sie wollen. Also das ist ein Wort, Sie kommen! Eben sagt mir Wolf, er habe außer der Elephantenjagd noch charmante Stellen von singenden Paradies¬ vögeln u.s.w. gefunden. Nun ich will mich an's Plündern machen. Wir sind bis jetzt unberufen mit der Cur zufrieden, das Wetter ist himm¬ lisch. Unsre Gesellschaft bilden Traugott Baudissin ein auf der Jagd in's Bein geschossner Neffe, recht lieber Mensch, hat unter dem General gedient, jetzt preuß. Beamter, u. eine Nichte Rosa Lilienkron geb. Baudissin eine hübsche leider auch hinkende kleine Fran. Nächstens erwarten wir den General; ich habe ihm von Ihrer so hübsch ausgedrückten Theilnahme geschrieben u. zweifle nicht daß diese „Frühlingsfreude" ihm sehr wohl thun wird. Wer ist unter der Lotte gemeint, deren Tochter Romane schreibt die Sie zu lesen in unbegrenzter Menschen Liebe sich herbeiließen? eine Tochter der Wertherschen müßte ja aller romantischen Bestrebungen entwachsen sein u. unsere Lotte ist sonst die einzige Universallotte die ich kenne? — Meine, unsere schreibt mir längst wieder daß Ihre politischen Anschauungen sich ganz mit den Dunkerschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/136>, abgerufen am 17.06.2024.